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Unsere Tiere

Das Meer schweigt nicht – Walfang und Delfinjagd 2025

Es ist Herbst am Nordatlantik. Das Meer ist rau, der Wind kalt, die Sonne steht tief über dem Wasser. Für viele Menschen ist das ein Bild der Schönheit – für andere ein Bild des Schreckens. Denn an manchen Küsten färbt sich das Meer in diesen Monaten immer noch rot.

Trotz internationaler Kritik, Protesten und jahrzehntelanger Aufklärung ist die Saison des Walfangs und der Delfinjagden noch nicht vorbei. Nicht auf den Färöern, nicht in Japan. Und mit jeder Jagd wächst die Frage: Wie lange noch?

Färöer-Inseln – Blutige Tradition im Wandel der Zeit

Auf den Färöern nennen sie es „Grindadráp“. Seit Jahrhunderten treiben Fischer ganze Schulen von Pilotwalen in die Buchten, wo sie getötet werden – mit Messern und Haken, inmitten von Geschrei und Meeresschaum. Es ist, so sagen die Einheimischen, Teil ihrer Kultur, Teil ihrer Identität. Doch immer mehr Menschen, auch auf den Inseln selbst, stellen diese Tradition infrage.

Im Jahr 2025 wurden laut Sea Shepherd und OceanCare bereits fast 1.000 Wale getötet – Pilotwale, Weißseitendelfine, manchmal sogar Jungtiere. Im Sommer, im September, zuletzt sogar im Januar – die Jagdsaison scheint kaum noch Grenzen zu kennen. Die Behörden rechtfertigen sie als nachhaltige Form lokaler Nahrungsgewinnung, doch die Bilder erzählen eine andere Geschichte: Sie zeigen eine Praxis, die längst nicht mehr in unsere Zeit passt.Während in Europa und der ganzen Welt die Zahl der Unterstützer:innen für ein Ende dieser Jagd wächst, hält die Regierung an ihr fest. Eine alte Gewohnheit – oder ein Symbol dafür, wie schwer Tradition loszulassen ist?

Unsere Tiere – Das große oe24.TV-Tierschutzmagazin von Sonntag, 26.10.2025, hier in voller Länge sehen. Nächste Ausgabe Unsere Tiere: 02.11.2025, 18:30 Uhr     

Japan – Die Rückkehr des Walfangs

Am anderen Ende der Welt, in Japan, begann im Frühjahr die offizielle Walfangsaison. Seit dem Austritt aus der Internationalen Walfangkommission im Jahr 2019 jagt das Land wieder kommerziell – im eigenen Wirtschaftsgebiet.

2025 gingen japanische Walfangflotten noch einen Schritt weiter: Zum ersten Mal seit Jahren wurde auch der Finnwal wieder zur Zielart erklärt, eine der größten und gefährdetsten Walarten der Erde. Die Regierung spricht von „wissenschaftlicher Notwendigkeit“ und „kultureller Tradition“, doch die Märkte erzählen ein anderes Bild: Wal- und Delfinfleisch bleibt in den Kühlhäusern liegen. Immer weniger Menschen wollen es essen.

Und doch läuft die Saison weiter. In Taiji, einem kleinen Ort an der japanischen Pazifikküste, beginnt jeden Herbst die Delfinjagd. Fischer treiben ganze Gruppen in die Bucht – einige Tiere werden für Delfinarien gefangen, der Rest getötet. Der Zyklus wiederholt sich Jahr für Jahr, meist von September bis in den späten Frühling. Auch in der aktuellen Saison 2025/26 wurde die Quote von der japanischen Fischereibehörde neu festgelegt – und kein Verbot in Sicht.

Zwischen Ohnmacht und Hoffnung

Was diese Jagden so beklemmend macht, ist nicht nur ihr Blut, sondern ihre Sinnlosigkeit. Sie sind Überbleibsel einer Vergangenheit, in der das Meer noch als unerschöpflich galt. Heute wissen wir: Jeder Wal, jeder Delfin spielt eine Rolle im Ökosystem – sie helfen, die Meere zu stabilisieren, binden CO₂, halten Nahrungsketten im Gleichgewicht. Wenn sie verschwinden, verliert das Meer seine Stimme – und wir verlieren ein Stück Zukunft.

Doch es gibt Hoffnung. Immer mehr Länder, darunter Island, ziehen sich vom Walfang zurück. Immer mehr junge Menschen auf den Färöern sprechen sich offen gegen das Grindadráp aus. In Japan wächst die Zahl derer, die den Anblick des blutigen Wassers nicht länger als Tradition akzeptieren. Auch der Druck internationaler Organisationen – vom Europäischen Parlament über den WWF bis zu Sea Shepherd und OceanCare – zeigt Wirkung: Die Diskussion ist lauter denn je.

Ein Meer in Bewegung

Die Saison ist also noch nicht vorbei. Aber vielleicht ist etwas anderes in Gang gekommen: ein Bewusstseinswandel. Der Moment, in dem Menschen beginnen zu begreifen, dass das Töten von Delfinen und Walen keine Kultur bewahrt, sondern eine Geschichte verlängert, die längst enden sollte. Das Meer schweigt nicht. Es trägt das Echo jedes Schreis, jedes Schlags, jeder Flosse, die zum letzten Mal die Oberfläche durchbricht.Und vielleicht, eines Tages, wird sich das Wasser an den Küsten der Färöer und Japans nicht mehr rot färben. Vielleicht wird es dann nur noch glitzern – im Licht eines neuen Verständnisses dafür, was Leben bedeutet.

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