14. Oktober 2010 08:58

Weltumweltbericht 

Brauchen wir bald einen 2. Planeten?

Living Planet Report 2010 zeigt eine dramatische Entwicklung.

Brauchen wir bald einen 2. Planeten?
© sxc

Unser Planet leidet akut an der Krankheit Mensch. Denn es dauert derzeit eineinhalb Jahre damit die Erde ersetzen kann, was wir ihr in nur einem Jahr abringen. Wir brauchen also einen halben Planeten zu viel.

Zwei Planeten?
Bis 2030 werden wir zwei Planeten brauchen um unsere Bedürfnisse eines Jahres zu stillen, 2050 sogar fast drei Planeten. Seit 1970 sind mehr als 30 Prozent der Arten geschwunden. Besonders dramatisch ist die Abnahme der Artenvielfalt in den Tropen. In den Ländern des Nordens haben sich viele Bestände erholt. Das zeigt der alle zwei Jahre vom WWF veröffentlichte globale Umweltbericht "Living Planet Report" (LPR) zur Lage der Welt, der heute veröffentlicht wurde. Der Bericht gilt als die führende Diagnose zum Gesundheitszustand unseres Planeten und berechnet mit buchhalterischer Akribie, wie krank unsere Erde ist.

"Wir zerstören seit Jahrzehnten unsere eigenen Lebensgrundlagen und können dies jetzt genau berechnen. Wir kennen auch die Lösungen für die Umweltkatastrophen, die wir anrichten", so WWF-Naturschutzdirektor Andreas Wurzer und warnt: "Die Erde kann im Jahr 2050 neun Milliarden Menschen nur dann ein verträgliches Leben ermöglichen wenn wir radikal umdenken!" Auch Österreich hat sich verschlechtert, die Biokapazität des Landes sank, der Fußabdruck ist gestiegen.

Artenvielfalt
Der "Living Planet Index" beobachtet eine Abnahme der Artenvielfalt von 30 Prozent seit 1970, in tropischen Regionen durchschnittlich sogar 60 Prozent. Besonders schlimm ist der Verlust in den tropischen Flüssen, wo fast drei Viertel der Arten verschwunden oder vermindert wurden. 8.000 Populationen von mehr als 2.500 Pflanzen- und Tierarten wurden für den Report untersucht. Die Hauptursachen für den Artenverlust sind die Abholzung der tropischen Regenwälder, der Bau von Dämmen und auch der Klimawandel. Umweltverschmutzung, Überfischung und zerstörerische Fischereimethoden tragen ebenfalls zum Artenschwund bei. Erholen konnten sich die Tier- und Pflanzenarten in den letzten Jahrzehnten nur in den Ländern des Nordens, wo Umwelt- und Naturschutz wirksam praktiziert werden.

Ökologischer Fußabdruck
In den reicheren Staaten ist der ökologische Fußabdruck der Menschen etwa fünf Mal so groß wie in den ärmeren Ländern. Der Raubbau der Industriestaaten in den Tropenländern wirkt sich besonders negativ aus. Seit 1966 hat sich der ökologische Fußabdruck weltweit verdoppelt. Den größten Anteil daran haben die Treibhausgase, die seit 1961 auf den elffachen Wert stiegen. Die industrielle Fischerei hat bereits 70 Prozent der Fischgründe weltweit stark geschädigt. Weil die großen Fische immer seltener werden, konzentrieren sich die Fangflotten immer mehr auf kleinere Fische und Krill, die Nahrungsgrundlage für die Meeresfauna. Weltweit sind 520 Millionen Menschen gefährdet, die von der Fischerei abhängig sind. Auch die Wälder schrumpfen immer weiter: Jährlich gehen 130.000 Quadratkilometer Waldflächen durch die Umwandlung in Weide- und Anbauflächen verloren. Das entspricht etwa der 1,5-fachen Fläche Österreichs. Das so freigesetzte Kohlendioxid heizt den Klimawandel weiter an. Der gesamte ökologische Fußabdruck beträgt heute 18 Milliarden globale Hektar oder 2,7 Hektar pro Person. Die Kapazität des Planeten ist aber gerade mal 12 Milliarden Hektar oder 1,8 Hektar/Mensch.

Österreich

Der ökologische Fußabdruck Österreichs ist seit 2005 um vier Prozent gewachsen. Die Biokapazität Österreichs hat seit 1961 um acht Prozent abgenommen. Die Ursache dafür ist die höhere Bevölkerungszahl heute im Vergleich zu 1961. Der Konsum der Österreicher beansprucht derzeit mehr als 44 Millionen globale Hektar. Ein Österreicher nimmt mit aktuellen 5,3 globalen Hektar fast doppelt so viel Biokapazität in Anspruch, wie der Weltdurchschnitt. Würden alle Menschen so leben wie wir Österreicher, bräuchten wir schon heute drei Planeten.

Wasserknappheit

Wir saugen unseren Planeten immer mehr aus. 500 Millionen Menschen leiden bereits heute unter den negativen Auswirkungen von Dämmen und anderen Flussregulierungen. 900 Millionen haben kein sauberes Trinkwasser und 2,5 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sanitären Anlagen. Im Jahr 2025 werden 5,5 Milliarden Menschen mit Wasserknappheit kämpfen. Von 177 Flüssen, die weltweit länger als Tausend Kilometer sind, fließen nur noch 64 frei. Zwei Millionen Tonnen giftiger Brühen vergiften jährlich die Meere und Flüsse der Erde. Für die Herstellung einer Tasse Milchkaffee mit Zucker braucht es fast 200 Liter Wasser. Indien, China und die USA haben den höchsten Wasser-Fußabdruck weltweit.

Lösungen
"Wenn wir als Menschheit überleben wollen, darf die Weltbevölkerung auf Dauer nicht weiter wachsen. Je früher die Trendumkehr geschafft wird, desto mehr Chancen haben alle derzeit lebenden und zukünftigen Bewohner dieses Planeten. Die Bekämpfung der Armut und sozialen Sicherheit - vor allem für Frauen - in den ärmeren Ländern sind hier die wichtigsten Maßnahmen. Der WWF empfiehlt, 15 Prozent der Erdoberfläche zum Schutzgebiet zu erklären. Auch brauchen wir einen sofortigen Stopp der Entwaldung", so Wurzer. Weitere wichtige Maßnahmen sind die Reduktion des Konsums und des damit zusammenhängenden Ressourcenverbrauchs, Investitionen in die Energieeffizienz und die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energieträger. Die Treibhausgasemissionen müssen bis 2050 um mindestens 80 Prozent reduziert werden, um ein weltweites Artensterben zu verhindern. Auch der Schutz unserer Meere und Flüsse braucht absolute Priorität. "Ohne einschneidende globale Maßnahmen wird das 21. Jahrhundert zu einem Jahrhundert der Umweltkatastrophen", warnt der WWF.




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