Wahlkampf-Kommentar

Bohrn Mena: Mindestlohn von 1.700 € realistisch

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oe24-TV-Kommentator Sebastian Bohrn Mena und seine Kolumne zum Wahlkampf.

Was bleibt zum Leben? Immer mehr Menschen stöhnen unter steigenden Lebenskosten bei weitestgehend gleichbleibenden Gehältern. Obwohl ÖVP & FPÖ ein Ende der „kalten Progression“ versprochen haben, wurde dies in ihrer verkürzten Amtszeit nicht umgesetzt. Ein weiteres leeres Wahlversprechen. Stattdessen hat man die großen Unternehmen entlastet, Konzerne und Superreiche blieben wie immer unangetastet. Für viele Menschen in Österreich endet der finanzielle Spielraum daher schon weit vor Ende des Monats.

Neuer SPÖ-Vorstoß

So weit, so bekannt – und so tragisch. Doch nun macht sich die SPÖ endlich mal wieder für die Arbeitenden stark und will einen Mindestlohn von 1.700 Euro brutto durchsetzen. Ihr Plan: Niemand soll in Österreich bei voller Beschäftigung weniger als diese Summe verdienen. Und durch eine gleichzeitige Steuerbefreiung bis zu diesem Betrag soll davon auch was im Börserl bleiben. Das würde tatsächlich für eine gewisse Absicherung sorgen.

Unrealistisch? Mitnichten

Klingt gut – aber ist das auch realistisch? Absolut. Erst kürzlich hat Burgenlands Landeschef Hans-Peter Doskozil einen entsprechenden Mindestlohn für seine Landesbediensteten beschlossen, gemeinsam mit der FPÖ. Ab Anfang 2020 wird es im Burgenland keine Person im Einflussbereich des Landes mehr geben, die weniger verdient. So geht Sozialdemokratie.

Der genaue Plan

Im Bund möchte die SPÖ die flächendeckende Umsetzung über die Anhebung der kollektivvertraglichen Mindestlöhne erreichen – denn noch immer gibt es Kollektivverträge, wo so ein Gehalt nicht vorgesehen ist. Etwa bei den Friseuren. Und dort, wo es überhaupt keine Kollektivverträge gibt, soll der neue Mindestlohn über die sogenannte „Satzung“, das bedeutet, dass damit der Geltungsbereich des Mindestlohns ausgedehnt wird, sichergestellt werden. Das könnte klappen, solange die Sozialpartnerschaft unangetastet bleibt.

Neos laufen Sturm

Doch die erbitterten Feinde der Arbeiterkammer, die Konzernfreunde der Neos, laufen Sturm gegen ­Rendi-Wagners Plan. Bereits seit Jahren bekämpfen die Pinken jede Verbesserung für Arbeitende und lassen keine Gelegenheit aus, gegen ihre verfassungsrechtlich abgesicherte Vertretung zu wettern. Am liebsten würden sie die AK ganz zerschlagen, den puren Sozialdarwinismus entfesseln. Im Netz geifern Neos-Vorstandsmitglieder & -Kandidaten nun auch gegen den Mindestlohn-Plan und verhöhnen damit erneut die Ärmsten.

Fairer Anteil

Dabei ist ein Mindestlohn von 1.700 Euro wohl bitte das Mindeste. Die Produktivität der Unternehmen steigt, also müssen auch die Gehälter steigen. Erst vor Kurzem wurde – natürlich von den Neos umjubelt – die Besteuerung bei Hotels gesenkt, und sie sind die Ersten, die auch weitere Steuersenkungen verlangen. Außer bei Klimasteuern, die natürlich die Menschen blechen sollen. Aber dazu ein anderes Mal mehr.

Menschenwürde

Es geht aber am Ende nicht nur um ein wenig finanzielle Freiheit – es geht auch um Würde. Niemand soll sich in unserem Land Sorgen machen müssen, dass er seine Familie nicht mehr ernähren kann. Nicht im reichen Österreich, wo wir uns weiß Gott was alles leisten. Wer Vollzeit arbeitet, muss auch damit über die Runden kommen können. Das sollten wir außer Diskussion stellen. Und wer das allen Ernstes verhindern will, der muss sich den Vorwurf gefallen lassen, tatsächlich eine menschenfeindliche Politik zu 
machen.

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