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Die ehemalige Wirtschaftsministerin über die SPÖ, die FPÖ, das Klima und Koalitionen. 

Keine Änderung. Ex-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck sieht im Talk mit Niki Fellner für oe24.TV ein entscheidendes Hindernis für eine türkis-blaue ­Koalition. Dass führende SPÖ-Politiker die Wiederabschaffung des von der türkis-blauen ­Regierung beschlossenen 12-Stunden-Tages als Koalitionsbedingung genannt haben, sieht die Türkise schwarz: Sie stehe dazu, wie das Gesetz „beschlossen und umgesetzt“ wurde und sieht keinen Anlass, daran wieder etwas zu ändern: „Die Praxis zeigt, dass es gut ist. Die Arbeitszeitflexibilisierung hat uns bislang nur Vorteile grabracht.“

Nur ohne Kickl. Eine Neuauflage der Koalition mit den Freiheitlichen kommt für Schramböck nur ohne Kickl in Frage. Sie selbst würde gerne wieder als Wirtschaftsministerin zur Verfügung stehen. Auch für ein anderes Ministerium? „Es muss schon etwas sein, wo meine Kompetenzen liegen. Ich wäre eine sehr schlechte Innenministerin.“

Ex-Wirtschaftsministerin Schramböck im oe24.TV-Talk über den Wahlkampf der ÖVP.

oe24.TV: Sie kamen 2017 als Quereinsteigerin in die ­Regierung. Das ist also Ihr erster richtiger Wahlkampf. Wie geht es Ihnen damit?

Margarete Schramböck: Es ist für mich vor allem eine spannende Zeit. Ich bin dauernd unterwegs und darf viele Gespräche zu führen. Darüber, was die Menschen bewegt – von der Lehrerin über die Seniorin und den Landwirt bis zum Unternehmer. Das ist eigentlich ein Geschenk, das mir diese unheilige Allianz aus SPÖ und FPÖ gemacht hat. Denn für so etwas hat man als Ministerin ehrlich gesagt zu wenig Zeit.

oe24.TV: Sie haben im Wahlkampf bereits für Aufregung gesorgt, in dem Sie die türkis-blaue Linie zu Lehrlings-Abschiebungen revidiert haben. Was will die ÖVP da jetzt?

Schramböck: Das alte Modell der früheren (rot-schwarzen, Anm.) Regierung war kein sehr gutes, weil es Unklarheiten geschaffen hat. Jetzt haben wir hier 800 Asylwerber in der Lehre, von denen etwa zwei Drittel bleiben dürfen. Für das übrige Drittel war mein Vorschlag, eine pragmatische Lösung zu finden. Die Idee ist, dass sie ihre Lehre fertigmachen können und – wenn wirklich ein negativer Bescheid vorliegt – mit einer fertigen Ausbildung in ihrer Heimat eine gute Grundlage haben.

oe24.TV: Die FPÖ hat der ÖVP deshalb eine Linkswende vorgeworfen …

Schramböck: Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben eine ganz klare Linie, was das Thema Asyl betrifft: Schutz der Außengrenzen sowohl Österreichs als auch der EU – und es braucht hier sicher keinen Herbert Kickl dafür. Es war ja auch Sebastian Kurz, der die Balkanroute geschlossen hat, und nicht Kickl. Auf der anderen Seite muss man bei dem Lehrlingsthema schon auch die Kirche im Dorf lassen und einen pragmatischen Ansatz wählen. Dazu sind wir in einer neuen Koalition bereit.

oe24.TV: Herbert Kickl ist das neue Lieblings-Feindbild der ÖVP. Ist unter diesen ­Voraussetzungen überhaupt noch eine Neuauflage von Türkis-Blau möglich?

Schramböck: Grundsätzlich haben wir eineinhalb Jahre gute Regierungsarbeit geleistet. Das ist auch, was ich in meinen Besuchen in Ortschaften im ganzen Land immer wieder als Feedback bekomme: Wir haben Dinge umgesetzt und das muss man auch wertschätzen. Etwas anderes ist die Frage, ob wir uns wieder eine Regierung mit Kickl vorstellen können. Das nicht. Was wir uns vorstellen können, ist, mit jeder der anderen Parteien zu sprechen und auszuloten, was der beste Ansatz für eine verantwortungsvolle Politik in Österreich ist.

oe24.TV: Klimaschutz, das große Thema dieses Wahlkampfs. Was muss denn da passieren?

Schramböck: Unser Ansatz ist ganz klar, Anreize zu schaffen, und nicht mit Verboten zu arbeiten. Denn das wird keinen Wirtschaftsstandort stärken. Wir haben in der Vergangenheit aber einen Fehler gemacht: Wir haben Umweltverschmutzung exportiert, etwa nach Indien, Bangladesch oder China – in der Kleidungsindustrie. Deshalb braucht es eine CO2-Importabgabe: die Produkte, die umweltschädlich produziert worden sind, besteuern, wenn sie in die EU kommen. Wenn man in Umweltschutz investiert, kann man diese Abgabe wieder reduzieren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Wasserstoff: Es gibt in Österreich viele Vorreiter, die gerne ihre Produktion oder den Lkw-Transport auf Wasserstoff umstellen wollen. Unsere Aufgabe ist es jetzt, diese Vorreiter zu unterstützen. Wir wollen 500 Millionen Euro zur Verfügung stellen für Forschung und Entwicklung.

oe24.TV: Die SPÖ hat – in Person von Gewerkschafter Josef Muchitsch – zur Koalitionsbedingung erhoben, dass man den 12-Stunden-Tag neu verhandelt. Wären Sie dazu bereit?

Schramböck: Eine Studie der EcoAustria zeigt deutlich, dass uns die Arbeitszeitflexibilisierung bislang nur Vorteile gebracht hat. Sie hat das Einkommen in Österreich erhöht und Jobs geschaffen. Ich wüsste jetzt nicht, was dagegen spricht. Was wirklich passiert ist, ist, dass der Einfluss der Gewerkschaften zurückgegangen ist, weil ein Unternehmen jetzt nicht mehr dorthin pilgern und fragen muss. Jetzt sind vor allem die kleinen Unternehmen und ihre Mitarbeiter, die immer gerne in intensiven Zeiten den 12-Stunden-Tag genutzt hätten, nicht mehr im Bereich der Illegalität. Kleine Tischlereien und Molkereien sagen mir klar, dass das ihr Leben und das ihrer Mitarbeiter erleichtert hat.

oe24.TV: Aber wären Sie bereit, das Gesetz noch einmal neu zu verhandeln, wenn die SPÖ darauf besteht?

Schramböck: Die Praxis zeigt, dass es gut ist, und somit stehe ich dazu, wie wir das umgesetzt haben.

oe24.TV: Wollen Sie nach der Wahl wieder Wirtschaftsministerien werden?

Schramböck: Sollten wir in der Regierung sein, stehe ich gerne, wenn ich dann gefragt werde, zur Verfügung.

oe24.TV: Auch für ein anderes Ministeramt?

Schramböck: Es muss schon etwas sein, wo meine Kompetenzen liegen. Ich wäre eine sehr schlechte ­Innenministerin, aber alles, was mit Wirtschaft, Digitalisierung und Zukunftsthemen zu tun hat, gerne.

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