Wahlkampf-Kommentar

Kurz hat Entscheidung über blaue Zukunft in der Hand

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Eine Wahlkampf-Kolumne von oe24.TV-Kommentator Sebastian Bohrn Mena.

Noch ist schwer abzusehen, wie der Machtkampf in der FPÖ ausgehen wird.

Anbiedern als Programm

Die FPÖ hat also wieder ein neues Werbevideo. Darin raspelt Norbert Hofer gewohnt Süßholz und bekniet Sebastian Kurz regelrecht um die Fortführung von Schwarz-Blau nach der Wahl. Das ganze Video ist eine einzige Selbsterniedrigung, aber das kümmert die FPÖ nicht wirklich – zu verlockend ist die Aussicht auf Posten, Steuergeld und Staatsmacht. Die ÖVP wird sich nicht lange bitten lassen, billiger als die Ibiza-Truppe wird’s diesmal niemand geben.

Problem Flügelkämpfe

Doch in Wahrheit ist das größte Problem der FPÖ derzeit gar nicht der ohnehin nur gespielte Unwille der ÖVP, sondern die immer stärker werdenden Flügelkämpfe in der eigenen Partei. HC Strache hat zwar vorerst die Kontrolle über seine eigene Facebook-Seite verloren, wird aber ganz sicher nicht stillhalten. Zu groß ist der Schmerz über den erlebten Bedeutungsverlust, zu groß auch der Wunsch nach dem Comeback über die herannahende Wien-Wahl. Problem Flügelkämpfe.

Strache, Kickl, Hofer

Der schwer verhaltensoriginelle FPÖ-NÖ-Landesrat Waldhäusl will derweil ebenso in der großen Politik mitmischen wie der Obmann der FPÖ Oberösterreich, Manfred Haimbuchner. In der Stunde der Not versuchen manche eben, ihre persönliche Position um jeden Preis zu verbessern, andere kämpfen um die Zukunft der Partei.

Herbert Kickl beispielsweise, gewohnt getreuer Gehilfe, steht zu Strache und wird sein Comeback unterstützen.

Kickl gegen Hofer

Norbert Hofer hingegen hat gerade erst begonnen und will noch lange nicht aufhören. Dabei steckt Hofer bereits seit Langem als ideologischer Kopf der Partei hinter den wichtigsten Entscheidungen, ist maßgeblich für ihre Linie verantwortlich. Er hat es nur in der Vergangenheit immer gut verstanden, andere zu instrumentalisieren und als fröhliche Pinkafelder Grinsekatze öffentlich den großen Verbinder zu geben. Ein durchsichtiges Spiel, aber noch funktioniert es.

Schrebergarten-Republik

Die Doppelspitze im Wahlkampf kann also getrost als aktuell sichtbarste Zuspitzung der innerparteilichen Zerrissenheit verstanden werden. Derzeit ist schwer abzuschätzen, wie der Machtkampf letztlich ausgehen wird.

Und es wird auch davon abhängen, wie viele Posten zur Verfügung stehen, um die konkurrierenden Kräfte zu besänftigen. So lösen schließlich alle Parteien in Österreich ihre Konflikte stets – jeder kriegt seinen kleinen Schrebergarten.

Szenario Regierung

Schafft die FPÖ den Wiedereinzug in die Regierung, so werden sich die Streitereien anfänglich in Wohlgefallen auflösen. Strache erhält Geld und Bewegungsspielraum, um sein Comeback in Wien vorzubereiten. Hofer und seine Truppe erlangen die ersehnten Staatsposten. Aber hier liegt die große Gefahr: Denn Strache wird den Haider geben und von Wien aus jede unpopuläre Maßnahme der FPÖ-Regierungsmannschaft kritisieren. Spätestens Mitte 2020 eskaliert dann die Situation.

Szenario Opposition

Wird Sebastian Kurz hingegen das umsetzen, was Schüssel schon 2003 plante, die Koalition mit den Grünen und zur Not auch zu dritt mit den Neos, dann fliegt die FPÖ gleich in die Luft. Kickl wird die Partei übernehmen, allerdings nur als Statthalter für Strache, der sich dann wieder stärker bundespolitisch zu Wort meldet. Nicht sehr wahrscheinlich, aber durchaus möglich. Letztlich entscheidet Sebastian Kurz über die Zukunft der FPÖ.

Und eines ist ganz gewiss: HC Strache wird ein Faktor bleiben.

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