Wirbel um Kurz-Vergleich im ORF:

'Muss nicht immer Zielpunktsaufen sein'

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Polit-Experte Peter Filzmaier sorgte mit seinem Vergleich von VP-Chef Kurz & Alkohol am Steuer für Diskussionen.

Als letzter Parteichef war Sebastian Kurz (ÖVP) am Montagabend im ORF-Sommergespräch zu Gast. Dabei nahm der Altkanzler auch zu den „Falter“-Vorwürfen Stellung. "Es wird ein Artikel veröffentlicht, der etwas skandalisiert, und gleichzeitig wird geschrieben, dass alles rechtskonform ist. Das Gesetz sagt, dass es laufende Kosten gibt und spezielle Wahlkampfkosten. Und diese speziellen Wahlkampfkosten darf keine Partei überschreiten."

Video zum Thema: Analyse des ORF-Sommergesprächs mit Sebastian Kurz

Vergleich mit Alkolenker

Kritik an Kurz kam im Anschluss an das Sommergespräch vom Politologen Peter Filzmaier. Dieser warf dem ÖVP-Chef in der ZiB2 vor, wenig glaubwürdig zu sein. Gleichzeitig ist der Experte aber der Meinung, dass die Causa Kurz kaum schaden werde. Die Mehrheit der Bevölkerung sei ohnehin der Ansicht, dass „alle Politiker so sind“.
 
Für Aufregung sorgte Filzmaier damit, dass er Kurz mit einem Alkolenker verglich. „Nur weil ein Promillespiegel von 0,5 Promille erlaubt ist, muss ich nicht jedes Mal ein Zielpunktsaufen auf 0,49 Promille hin machen“, fasst Filzmaier in der ZiB2 zusammen. Dabei spielt der Politologe darauf an, dass die Milliardärin Heidi Horten der ÖVP monatlich 49.000 Euro spendete. Ab 50.000 Euro wären die Spenden sofort dem Rechnungshof zu melden gewesen. 
 
Die Ausführungen des ORF-Experten wurden auch im Netz heiß diskutiert.
 
 
 
 
 

 

Eine Million sah Kurz-Sommergespräch 

Bis zu 1,082 Millionen Zuseher haben Montagabend das ORF-"Sommergespräch" mit ÖVP-Spitzenkandidat Sebastian Kurz verfolgt. Durchschnittlich waren 997.000 (vorläufige Gewichtung) bei 31 Prozent Marktanteil via ORF 2 mit dabei. Bis zu 956.000 sahen die anschließende "ZIB 2".

Insgesamt erreichten die traditionellen Gesprächsrunden 2,738 Millionen Österreicher (weitester Seherkreis), das entspricht 36,4 Prozent der heimischen TV-Bevölkerung ab 12 Jahren. Durchschnittlich sahen 794.000 Zuseher bei 27 Prozent Marktanteil die fünf Ausgaben, in der jungen Zielgruppe (12 bis 49 Jahre) lag der Marktanteil bei 17 Prozent.
 
Das "Sommergespräch" mit Kurz (997.000 Seher, 31 Prozent Marktanteil) hatte dabei die meisten Zuseher, wie aus einer Bilanz des ORF hervorgeht. Mit Ausnahme der Gespräche mit SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und Kurz wurden dabei alle Sendungen endgültig gewichtet. Das erste Gespräch mit JETZT-Parteichefin Maria Stern sahen durchschnittlich 628.000 Seher (22 Prozent Marktanteil), jenes mit NEOS-Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger verfolgten durchschnittlich 658.000 Seher (23 Prozent Marktanteil), FPÖ-Spitzenkandidat Norbert Hofer schaffte durchschnittlich 829.000 Seher und 27 Prozent Marktanteil, Rendi-Wagner hatte durchschnittlich 855.000 Seher und 30 Prozent Marktanteil
 

Auch online großes Publikumsinteresse

Auch online war das Publikumsinteresse hoch: Laut Online-Bewegtbild-Messung erzielten die Live-Streams und Video-on-Demands der ersten vier "Sommergespräche" (Nutzung bis inkl. Sonntag, 1. September) in Österreich insgesamt 169.000 Nettoviews (zusammenhängende Nutzungsvorgänge) und 900.000 Bruttoviews (registrierte Videostarts einer Sendung/eines Beitrags). In Summe lag das Gesamtnutzungsvolumen bisher bei 3,8 Mio. Minuten. Die Durchschnittsreichweite lag pro Ausgabe bei 18.000. Daten zum gestrigen "Sommergespräch" mit Sebastian Kurz/ÖVP liegen noch nicht vor. Alle "Sommergespräche" bleiben noch bis 9. September 2019 als Video-on-Demand auf der ORF-TVthek verfügbar.
 
Am heutigen Dienstag geht der TV-Wahlkampf mit der ersten Elefantenrunde weiter. ORF III überträgt um 18.30 Uhr die Ö1-"Klartext"-Elefantenrunde aus dem Großen Sendesaal des ORF RadioKulturhauses. Kurz , Rendi-Wagner, Hofer, Meinl-Reisinger, Peter Pilz (JETZT) und Werner Kogler (Grüne) diskutieren im Rahmen einer erweiterten "Klartext"-Gesprächszeit 90 Minuten miteinander. Ein Dakapo der Sendung zeigt ORF III im Spätabend um 22.55 Uhr.
 

Die Analyse vom Sommergespräch

„Das Innenministerium braucht jemanden an der Spitze, der moralisch integer ist“ – so klar richtete ÖVP-Chef Sebastian Kurz im gestrigen ORF-Sommergespräch  Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) aus, dass er seine Hoffnungen auf ein Comeback als Boss der Exekutive begraben sollte. Diese Reaktion zeigte einmal mehr, dass der junge Alt-Kanzler die Angriffe Kickls gegen seine Person ebensowenig wie Kickls  Amtsführung vergessen hat. Kurz: „In einer Regierung, die ich anführe, wird Kickl keine Rolle mehr spielen. Der Bundespräsident sieht das ähnlich.“ Womit der ÖVP-Chef nun offensichtlich kalkuliert: Dass sich in der FPÖ der Hofer-Flügel gegen die Kickl-Gruppe durchsetzt – und die noch immer recht aktive Fan-Community Straches eher Norbert Hofer unterstützen würde.

Video zum Thema: Kurz im Sommergespräch: 'Kickl? nicht mit mir'

Mit der Frage nach den Koalitionsmöglichkeiten lieferte der ORF-Moderator dann Sebastian Kurz auch einen Elfmeter, den dieser für seine Zielgruppe nur noch verwandeln musste: Der ÖVP-Chef warnte vor einer „Mehrheit von Rot-Grün-Neos“ – denn wenn es diese gäbe, würden diese Parteien die Regierung unter einer Kanzlerin Rendi-Wagner stellen. Und Kurz nutzte die Koalitionsspekulationen für einen weiteren verbalen Rempler gegen seine Mitbewerber: Man wisse ja gar nicht, wer die anderen Parteien nach der Wahl noch anführe . . .

Video zum Thema: Kurz (ÖVP) schließt keine Partei aus

Was im Sommergespräch des ÖVP-Chefs auffiel: Kein Wort zu den Themen Migration und Österreichs Außenpolitik, stattdessen eine langatmige Debatte mit dem ORF-Moderator über mögliche Maßnahmen gegen den Klimawandel. Auch die Probleme in der Landesverteidigung waren in knapp einer Minute abgehandelt – Kurz meinte nur knapp zur dramatischen Finanzkrise des Bundesheeres: „Wir sind ja kein NATO-Land.“ Und er tue sich schwer mit der „pauschalen Forderung nach mehr Geld“. Ob dieses Desinteresse an der Sicherheitspolitik speziell bei den ÖVP-Kernwählerschichten gut ankomme, wollte der ORF-Moderator dann doch nicht fragen – stattdessen kamen sogenannte „Mini-Fragen“ nach dem Lieblingsgetränk im Sonnenuntergang, seinen handwerklichen Fähigkeiten und über die Anzahl seiner U-Bahnfahrten.

Richard Schmitt

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