Hacker-Krimi

Jabloner bestätigt: ÖVP-Hacker saß in Wien

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Jabloner eröffnete seine Rede während der Nationalrats-Sondersitzung mit den Worten: 'Ich gebe Ihnen heute sehr gerne Auskunft'

Justizminister Clemens Jabloner hat am Donnerstag bei der Beantwortung der Dringlichen Anfrage der Liste JETZT zum ÖVP-Datenklau bekundet, dass die bisherigen Ermittlungen den Verdacht eines Hackerangriffs bestätigen würden. Ein Unbekannter soll sich in Wien Zugriff zu ÖVP-Daten verschafft, mindestens ein Passwort geändert und eine große Menge Daten abgesaugt haben, sagte er im Nationalrat.

Im Moment gebe es Ermittlungen gegen unbekannt wegen des Verdachts des widerrechtlichen Zugriffs auf ein Computersystem und der Datenbeschädigung zum Nachteil der ÖVP, so Jabloner. Zu Beginn seiner Antwort stellte der Vizekanzler klar, dass er "sehr gerne" zur Aufklärung beitragen möchte. Sein Informationsstand sei allerdings "naturgemäß lückenhaft", nicht er führe das Ermittlungsverfahren, sondern die Staatsanwaltschaft in Zusammenarbeit mit der Kriminalpolizei. Über Details zu den Ermittlungen könne er deshalb nur "beschränkt Auskunft geben".

Spionage-Krimi

Dennoch gebe es einige Fakten, sagte Jabloner. Am 2. September gelangten vermeintliche Buchhaltungsdokumente der ÖVP an die Öffentlichkeit, berichtete er. Am 5. September informierte die Volkspartei über den vermeintlichen Hacker-Angriff und erstattete noch am selben Tag Anzeige beim Innenministerium. Am 6. September sichtete die Staatsanwaltschaft Wien dann die ersten Dokumente. Seit 10. September gibt es laut Jabloner außerdem eine enge Kooperation mit Europol in dieser Causa.

Laut den Informationen des Justizministers verschaffte sich ein Unbekannter in Wien Zugang zu den Daten der ÖVP. Nach derzeitigem Erkenntnisstand führte der Verdächtige mindestens eine Passwortänderung durch. "So wurden Administratoren ausgesperrt", berichtete Jabloner. Zwischen 30. August und 1. September hätte es einen größeren Datentransfer gegeben. Ob geleakte Daten verfälscht wurden, sei Gegenstand von Ermittlungen. Mehr könne Jabloner noch nicht dazu sagen, es sei nicht seine "Aufgabe, Spekulationen anzustellen".

Server-Spur führt nach Frankreich

Ein Verdächtiger habe von außen auf mehrere Server der ÖVP zugegriffen, so Jabloner. Weil eine Spur zu einem Server in Frankreich führt, erging ein Rechtshilfeersuchen der Staatsanwaltschaft Wien an die französischen Behörden. Die Identifizierung der verdächtigen Person ist laut Jabloner "Gegenstand der laufenden Ermittlungen". Er versprach: "Die Strafverfolgungsbehörden arbeiten mit großem Nachdruck". Immerhin gehe es um "interessante politische Aspekte", vor allem im laufenden Wahlkampf.

Viele Fragen der Dringlichen Anfrage der Liste JETZT, die der eigentliche Anlass für die Sondersitzung des Nationalrats war, blieben am Donnerstag aber unbeantwortet. Zur Identität der Ermittler wollte Jabloner - anders als von Pilz verlangt - aus Datenschutzgründen keine Auskunft geben. Bei der Prüfung allfälliger Befangenheiten der Ermittler verwies er auf das zuständige Innenministerium.

Was Jabloner allerdings sagen konnte: Bisher gebe es keine Anhaltspunkte zur Vortäuschung einer Straftat und daher auch keine Ermittlungen in diese Richtung. Seinen Informationen zufolge gibt es keine Verbindung zwischen der Hacker-Affäre und der sogenannten E-Mail-Affäre in der ÖVP, gab der Minister Auskunft. Bei der E-Mail-Affäre geht es um von der ÖVP selbst aufgestellte Behauptungen, dass E-Mails gefälscht wurden, wonach die Spitzen der Volkspartei schon frühzeitig von der Ibiza-Affäre informiert waren.

JETZT-Abgeordneter Peter Pilz hatte in seiner Rede zur Dringlichen "rasche Aufklärung" der Affäre um den Datenklau aus der ÖVP-Parteizentrale gefordert. "Sie haben bis heute keine Beweise für einen Angriff durch einen Hacker", sagte Pilz. "Sie haben bis heute keine Beweise für einen Angriff von außen!" Außerdem bezeichnete er die ÖVP als "Fake-Meister-Partei der Republik Österreich". Seine Vermutung: Der Hackerangriff sei nur erfunden worden, um von einer Überschreitung der Wahlkampfkosten abzulenken. "Sollte es einen vorgetäuschten Angriff gegeben haben, dann ist das das Schlimmste, das in einem Wahlkampf passieren kann", sagte Pilz.

Weiters kritisierte Pilz, dass die ÖVP die echten Buchhaltungsunterlagen der Volkspartei nicht vorgelegt hat. Ob die vom "Falter" veröffentlichten Unterlagen echt sind, ist umstritten. "Diese Frage wird mit Sicherheit erst nach der Nationalratswahl geklärt", bemängelte Pilz.
 

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