Wahl-Kommentar

Warum nicht Rot-Grün?

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oe24.TV-Kommentator Sebastian Bohrn Mena in seiner Kolumne über den aktuellen Wahlkampf.

Nichts ist fix. Wenn wir eines gelernt haben, dann, dass in der Politik nichts fix ist. Die Liebes-Ehe von ÖVP & FPÖ ist ganz schnell zerbrochen, weil die Wahltaktik es erforderte. Und eine zerrüttete Ehe kann auch schnell wieder gekittet ­werden, wenn die Futtertröge rufen. Schwarz-Blau kommt, wenn es sich ausgeht. Die FPÖ wird sich um jeden Preis dafür hergeben, die ÖVP will sich ein zwei Ministerien mehr sichern. Die Neuwahlen waren letztlich eine Show zur Ermächtigung von Sebastian Kurz.

Was ist mit Rot-Grün?

Aber noch ist nichts entschieden. Wieso reden wir eigentlich nicht einmal über eine Regierungskonstellation, die nicht nur bei Teilen der Bevölkerung beliebt ist, sondern auch spannende Ansätze für unser Land bereithält? SPÖ und Grüne könnten gerade jetzt einige wichtige Antworten bieten. Denn die großen Fragen sind einerseits die Entwicklung der Lohn- und Wohnkosten, die soziale Gerechtigkeit. Und andererseits Umwelt, Klima, Natur.

Die Zeit, in der die Interessen der Arbeitenden gegen die Interessen der Umweltschützer ausgespielt wurden, müssen wir hinter uns lassen. Es sind die Hackler und die kleinen Landwirte, die am meisten für die Folgen der Klimakrise zahlen müssen. Sie können sich am wenigsten vor den negativen Auswirkungen schützen. Es braucht also jetzt Maßnahmen, die dafür sorgen, dass eben nicht diejenigen draufzahlen, die am wenigsten dafür können.

Es braucht höhere Löhne, etwa den Mindestlohn von 1700 Euro bei gleichzeitiger Steuerfreistellung bis zu diesem Betrag. Dann bleibt tatsächlich mehr im Börserl übrig – das wäre eine echte Entlastung für die Arbeitenden in diesem Land. Und es braucht eine Bremse bei den Mieten, denn der pure Wucher grassiert derzeit am Wohnungsmarkt. Da müssen die Grünen mitziehen.

Energie- u. Agrarwende

Gleichzeitig muss sich die SPÖ bei Energie- und Lebensmittelproduktion den grünen Positionen annähern. Hin zu mehr erneuerbarer Energie, hin zu biologischer Landwirtschaft. Doskozil zeigt im Burgenland, wie das ausschauen kann. Er setzt aber auch nur das um, was die Grünen dort seit Jahren gefordert haben. Aber das ist doch wunderbar, eine Sozialdemokratie, die sich von der grünen Expertise ­bereichern lässt, ist eine, die auch im 21. Jahrhundert überlebt.

Zur Not auch mit Neos

Auch wenn die Neos für das absolute Gegenteil stehen, also für höhere Mieten und niedrigere Löhne, für mehr Konzernbegünstigung und mehr Billigfleisch aus Südamerika, muss man sie mitunter an Bord holen. Immer noch besser als Schwarz-Blau. Und letztlich können die Neos in einer Koalition mit SPÖ & Grünen viel weniger Schaden anrichten als das neoliberale Beiwagerl, das sie derzeit sind. Denn da stimmen sie in Kernfragen mit ÖVP & FPÖ.

Wir müssen uns nicht damit abfinden, dass wir einen Kanzler Kurz und einen Vize Hofer bekommen. Wir müssen uns nicht mit Rechtsextremismus, Korruption und Postenschacher arrangieren. Wir müssen nicht fünf Jahre die Augen zumachen und hoffen, dass der Schaden nicht ganz so gewaltig ausfallen wird. Wir können das noch verhindern. Trauen wir uns, für Rot-Grün zu kämpfen. Für ein soziales wie ökologisches Österreich!

Die Meinungen in unseren Kommentaren und Analysen müssen nicht mit jener der Redaktion übereinstimmen.

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