Auf Suche nach Hafen

"Aquarius" hat wieder 141 Flüchtlinge an Bord

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Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterranee fordern Europa zum raschen Handeln auf.

Die Besatzung des Rettungsschiffs "Aquarius" ist weiter auf der Suche nach einem sicheren Hafen, in den sie einlaufen und die 141 geretteten Menschen von Bord bringen kann. Die Hilfsorganisationen Ärzte ohne Grenzen (MSF) und SOS Mediterranee forderten am Sonntag von den europäischen Regierungen eine - gemäß internationalem Seerecht - "rasche Zuweisung" eines sicheren Hafens.

Die Crew habe alle zuständigen staatlichen Behörden informiert, darunter die Seenotrettungszentralen von Italien, Malta und Tunesien und das libysche "Joint Rescue Coordination Center" (JRCC), das bestätigte, es sei die Koordinierungsstelle für die Rettungen. Jedoch verweigerte das libysche Zentrum die Zuweisung eines Hafens und verwies auf andere Seenotrettungszentralen, teilte Ärzte ohne Grenzen in einer Aussendung mit. Man werde dieser Anweisung nun Folge leisten und nun nach Norden fahren, um von einer anderen Seenotrettungszentrale einen nahe gelegenen sicheren Hafen zugewiesen zu bekommen. Libyen komme aber als "sicherer Ort" nicht in Frage. Hilfsorganisationen kritisieren seit Jahren die katastrophalen Zustände für Geflüchtete in Libyen.

Kritik an EU-Migrationspolitik 

Auch für die EU-Migrationspolitik hagelte es einmal mehr Kritik: Die europäischen Regierungen hätten "all ihre Energie darauf verwendet, das libysche JRCC aufzubauen, doch die Ereignisse vom Freitag zeigen, dass es nicht in der Lage ist, Rettungsaktionen vollständig zu koordinieren", sagte Aloys Vimard, Projektkoordinator von Ärzte ohne Grenzen. Außerdem seien die Hilfsorganisationen nicht über weitere Seenotfälle vom JRCC informiert worden. Die Geretteten berichteten den Teams auf der "Aquarius", dass sie auf See zuvor fünf verschiedenen Schiffen begegnet waren, die keine Hilfe geleistet hätten. "Das ist verstörend", erklärte Vimard.

Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterranee zeigten sich "äußerst besorgt" über die Politik der EU, die die "humanitäre Hilfe auf See behindert und die die Todeszahlen im Mittelmeer in den vergangenen Monaten nach oben schnellen ließ. Die Aquarius ist nun eines von nur noch zwei verbliebenen humanitären Rettungsschiffen im zentralen Mittelmeer. Die Kriminalisierung und Behinderung humanitärer Organisationen ist eine Folge des größeren Problems eines kaputten europäischen Asylsystems und des Versagens der EU-Staaten, Asylsuchende innerhalb Europas umzusiedeln."

Die "Aquarius" hatte am Freitagvormittag 25 Menschen, die in einem kleinen Holzboot ohne Motor auf dem Meer drifteten, gerettet und danach 116 Menschen aus einem weiteren überfüllten Holzboot an Bord genommen. Mehr als zwei Drittel der Geretteten stammen laut MSF aus Somalia und Eritrea. Die rechtspopulistische Regierung in Italien hatte sich - wie bereits zuvor - öffentlich geweigert, Hilfsschiffen das Einlaufen in Häfen des Landes zu erlauben.

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