Afghanistan

Bevölkerung soll besser geschützt werden

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Nach dem Tod von Unbeteiligten bei einem Raketenangriff sollen Unbeteiligte besser geschützt werden.

Nach dem Tod von Zivilisten bei der Großoffensive gegen die Taliban in der südafghanischen Provinz Helmand wollen Regierung und Militärs Unbeteiligte besser schützen. Der afghanische Innenminister Mohammad Hanif Atmar kündigte am Montag in der Provinzhauptstadt Lashkar Gah an, man werde auf den Einsatz von schwerer Artillerie verzichten und sich täglich mit Stammesältesten über die Operation "Mushtarak" ("Gemeinsam") beraten. Außerdem wolle die Regierung einen Radiosender im Kampfgebiet installieren, um Zivilisten besser zu informieren. Nach Angaben der Internationalen Schutztruppe ISAF waren am Sonntag zwölf Zivilisten gestorben, als zwei Raketen ihr Ziel um mehrere hundert Meter verfehlten.

Von Sprengfallen säubern
Die US-Truppen kommen mit ihrer Offensive nach eigenen Angaben gut voran, müssen aber viele Gebiete zunächst von Sprengfallen säubern. "Wir machen stetig Fortschritte. Aber die Gegend strotzt vor Sprengfallen, so dass wir die Straßen systematisch absuchen und sichern müssen", teilte Hauptmann Abraham Sipe von der US-Marineinfanterie der Nachrichtenagentur Reuters am Montag per E-Mail mit. In vielen Gegenden von Marjah sei den Soldaten kaum Widerstand entgegengeschlagen. "Es gibt Gebiete mit heftigem Widerstand, aber die Marines rücken im ganzen Gebiet stetig vor."

US-Brigadegeneral Lawrence (Larry) Nicholson sagte dem US-Fernsehsender CBS am Sonntag, die Militäroperation in Marjah könne möglicherweise noch 30 Tage dauern. Es werde zwar eine lange und mühsame Aufgabe sein, aber er sei "sehr optimistisch". Die Aufständischen hätten mehr Sprengfallen installiert, als die Militärs erwartet hätten.

Hunderte Taliban-Kämpfer im Kampfgebiet
Am Sonntag habe starke Gegenwehr der Taliban US-Marineinfanteristen zu vorsichtigem Vorrücken gezwungen, berichtete die "Washington Post". Die "New York Times" schrieb von heftigen Kämpfen am Sonntag in der Gegend um Marjah. Zunächst hatten Militärs gesagt, die Taliban leisteten nur sporadischen Widerstand. Die Truppen gehen nach Angaben des US-Fernsehsenders CNN davon aus, dass sich noch Hunderte Taliban-Kämpfer im Kampfgebiet verschanzt haben.

Atmar sagte, ersten Untersuchungen zufolge seien neun Zivilisten und drei Aufständische bei dem Raketenangriff getötet worden. Die ISAF sprach dagegen auch am Montag von zwölf toten Zivilisten und kündigte an, das betroffene Raketenwerfer-System bis zur Klärung des Vorfalls nicht mehr zu verwenden. ISAF-Kommandant Stanley McChrystal betonte in Lashkar Gah, man habe bei der am Samstag angelaufenen Operation den Schutz der Zivilbevölkerung im Auge. McChrystal hatte sich noch am Sonntag bei Präsident Hamid Karzai für den Tod der Zivilisten entschuldigt.

Größte Offensive seit Regime-Sturz
Karzai hatte die Truppen zu Beginn der Offensive aufgefordert, die Zivilbevölkerung zu schützen. Auch die Vereinten Nationen hatten einen entsprechenden Appell an die Konfliktparteien gerichtet. Die ISAF meldete am Montag, bei der Operation "Mushtarak" seien am Vortag mehrere Aufständische getötet oder gefangen genommen worden. Bei den Truppen habe es Verletzte gegeben. Einzelheiten nannte die ISAF nicht. Die Operation mit 15.000 afghanischen und ausländischen Soldaten ist die größte Offensive gegen die Aufständischen seit dem Sturz des Taliban-Regimes. Mit ihr sollen die Taliban aus den Distrikten Marjah und Nad Ali vertrieben werden.

Angesichts der vorrückenden Truppen forderte die Regierung die Taliban erneut zu einem Ende der Gewalt auf. "Heute ist unsere Botschaft an sie (die Taliban) diese: Ihre beste Möglichkeit ist, das afghanische Friedens- und Versöhnungsprogramm zu nutzen", sagte Atmar. "Sie haben keine Chance, hier zu gewinnen." Sollten sich die Taliban zu einer Teilnahme an dem Versöhnungsprogramm entschließen, "werden wir definitiv positiv reagieren". Verteidigungsminister Abdul Rahim Wardak sagte: "Ich will den Feinden diese Botschaft übermitteln: Diesmal werden wir die Gegend nicht verlassen, wir werden unter allen Umständen bleiben, und wir werden definitiv Sicherheit in der Region herstellen."

Wende erzwingen
Mit der Offensive wollen die ausländischen und die afghanischen Streitkräfte in Afghanistan eine Wende erzwingen. Die größten Kontingente der ausländischen Truppen bei der Operation stellen US-Amerikaner und Briten. Außerdem nehmen Soldaten aus Kanada, Dänemark, Estland und Frankreich teil. Offiziell führen die Afghanen das Kommando. Anders als bei früheren Offensiven, wo die Truppen nach dem Ende der Kämpfe wieder abzogen, soll die Bevölkerung diesmal nach der Operation nicht alleingelassen werden.

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