Briten-Putsch!

Minister wollen May zum Rücktritt zwingen

Teilen

Ein "Sunday Times"-Reporter twitterte im Bezug auf die Premierministerin: "Das Ende ist nah."

Die Forderungen nach einem Rücktritt der britischen Premierministerin Theresa May werden lauter. Einem Bericht der "Sunday Times" zufolge verliert sie sogar den Rückhalt in den eigenen Reihen. Elf Minister ihres Kabinetts wollten der Premierministerin den Rücken kehren. In London demonstrierten am Samstag über eine Million Menschen gegen den Brexit.
 

"Das Ende ist nah"

"Es ist heute Nacht ein ausgewachsener Kabinetts-Putsch im Gange", schrieb der Politik-Redakteur Tim Shipman am Samstagabend auf Twitter unter Berufung auf Gespräche mit den Ministern. "Das Ende ist nah", zitierte Shipman einen von ihnen, ohne den Namen zu nennen. "Sie wird in zehn Tagen weg sein."
 
 

Minister wollten May mit Rücktritt drohen

May solle am Montag bei einer Kabinettssitzung mit der Forderung konfrontiert werden. Sollte sich May dem Druck ihres Kabinetts nicht beugen, wollten die Minister ihrerseits mit Rücktritt drohen. May solle durch einen Übergangs-Premier ersetzt werden, der den EU-Austritt vollziehen solle. Im Gespräch seien mehrere Kandidaten, darunter ihr faktischer Vize, David Lidington, Umweltminister Michael Gove und Außenminister Jeremy Hunt. Mays Büro wollte sich zu dem Bericht nicht äußern.
 
Zuvor hatten die Zeitungen "The Times" und "The Daily Telegraph" über den wachsenden Druck auf May, ihr Amt niederzulegen, berichtet. Es werde bereits über einen Zeitplan gesprochen. Aus Regierungskreisen verlautete dagegen, die Berichte seien falsch.
 

Unmut in der Bevölkerung über Brexit-Politik immer größer

Auch in der Bevölkerung wächst der Unmut über die Brexit-Politik der Regierung. Hunderttausende Briten demonstrierten in der britischen Hauptstadt gegen einen Austritt ihres Landes aus der Europäischen Union und forderten ein zweites Brexit-Referendum. Die Organisatoren gehen von mehr als einer Million Teilnehmer aus und damit deutlich mehr als bei einer ähnlichen Kundgebung im Oktober als etwa 700.000 gegen den von der Regierung geplanten Brexit protestierten.
 

"Land wird gespalten sein, was immer auch geschieht."

Er würde ein besseres Gefühl haben, wenn es sich beim Brexit um einen gut organisierten Prozess handeln würde und die Regierung vernünftige Entscheidungen treffen würde, sagte Gareth Rae, ein Demonstrant, der aus Bristol nach London gereist war. "Das Land wird gespalten sein, was immer auch geschieht."
 

Demonstranten haben das Gefühl, dass ihre Zukunft gestohlen wurde

"Wir sind heute hierhergekommen, weil wir das Gefühl haben, dass uns unsere Zukunft gestohlen wurde", sagte die 18-jährige Phoebe Poole. Bei dem Referendum 2016 durfte sie aufgrund ihres Alters noch nicht abstimmen. "Es ist unsere Generation, die mit den Konsequenzen dieser Katastrophe leben muss."
 

Politiker wandten sich an Demonstranten

Eine Reihe von Politikern, darunter welche der regierenden Konservativen wandten sich an die Demonstranten. Unter ihnen war auch der stellvertretende Chef der oppositionellen Labour Partei, Tom Watson, und die schottische Regierungschef Nicola Sturgeon.
 

Noch immer nicht klar, wann und ob Großbritannien die EU verlässt

Auch nach jahrelanger Debatte und zähen Verhandlungen mit der EU ist noch immer nicht klar, wann und ob überhaupt Großbritannien die EU verlässt. Eine Woche vor dem ursprünglich geplanten EU-Ausstieg am 29. März hatten die EU-Spitzen Großbritannien am Donnerstagabend eine Verschnaufpause gewährt. Wenn das britische Parlament kommende Woche dem ausgehandelten, aber bereits zwei Mal im Unterhaus abgelehnten Austrittsvertrag doch noch zustimmt, wird der Brexit für die nötige rechtliche Umsetzung bis zum 22. Mai verschoben. Sollte das Unterhaus jedoch nicht zustimmen, soll es eine Verlängerung zunächst nur bis zum 12. April geben. Auf jeden Fall will die EU Folgen für die Europawahl vom 23. bis zum 26. Mai vermeiden. May erwägt unterdessen einen Verzicht auf eine dritte Brexit-Abstimmung. Sollte es nicht genügend Rückhalt im Parlament geben, werde sie davon Abstand nehmen, schrieb die Regierungschefin in einem Brief an die Abgeordneten.
 
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.