Nur noch wenige Exemplare

Der Luchs könnte in den Vogesen aussterben

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Jagdbehörde will den Bestand der Raubkatze zählen lassen Umweltschützer werfen Wilderern Tötung von Tieren vor.

Vor fast 30 Jahren wurde in Ostfrankreich ein ehrgeiziges Programm zur Wiederansiedlung von Luchsen gestartet: Mehr als 20 Tiere, die meisten aus den tschechischen Karpaten, wurden in den Vogesen ausgesetzt. Doch heute ziehen die Experten eine traurige Bilanz. Nur noch selten wird in dem Mittelgebirge eine der scheuen Wildkatzen gesichtet. Und vieles deutet darauf hin, dass der Luchs in den Vogesen, wo er bis ins 18. Jahrhundert heimisch war, schon bald ein zweites Mal aussterben könnte.

Wie viele Luchse heute noch in freier Wildbahn in den Vogesen leben, weiß niemand genau. Umweltschützern zufolge sind es höchstens zehn. Die staatliche französische Jagdbehörde (ONCFS) versucht seit Dezember, den Bestand zu ermitteln. Dazu suchen Mitarbeiter der Behörde gezielt nach Hinweisen auf die Präsenz der getigerte Raubkatzen - etwa nach Fußspuren, Haarbüscheln oder Exkrementen. "Wir wollen als erstes herausfinden, ob die Befürchtungen der Tierschutzorganisationen berechtigt sind", erläutert ein Sprecher der Präfektur im Vogesen-Städtchen Epinal.

Das Ergebnis der Zählaktion, das im Februar veröffentlicht werden könnte, werde aber nicht unbedingt Aufschluss über die Gründe für ein mögliches Aussterben der Wildkatzen geben, betont der Leiter des Luchs-Programms bei der Jagdbehörde, Eric Marboutin. Nach seiner Überzeugung erschwert die "Zerstückelung" der Vogesen durch Straßen und Bahnlinien das Überleben der Tiere. Denn die zwischen 60 und 75 Zentimeter hohen und bis zu 40 Kilo schweren Raubkatzen benötigen ein Revier von mindestens 150 Quadratkilometern, um sich zu ernähren.

Die Verkehrsinfrastruktur bremse auch eine Abwanderung der Wildkatzen mit den buschigen Ohren aus anderen Gebieten in die Vogesen, sagt Marboutin. Im Jura etwa, das im Süden an die Vogesen grenzt, gebe es heute wieder rund hundert freilebende Luchse. Dort sei der Bestand nicht zuletzt dank der Zuwanderung von Jungtieren aus dem schweizerischen Grenzgebiet gesichert. Angesichts dieser Situation fordern Umweltschützer nun gesicherte "ökologische Korridore", die Luchsen die Abwanderung aus dem Jura in Richtung Vogesen erleichtern könnten.

Nach Überzeugung von Umweltschutzorganisationen werden Luchse auch immer wieder Opfer von Jägern oder Schafzüchtern, die von Anfang an vehement gegen das Wiederansiedlungsprogramm mobil machten. Rund ein Dutzend Luchse seien seit Beginn dieser Initiative im Jahre 1983 erschossen worden, versichert Alain Laurent vom Luchs-Netzwerk in den Vogesen.

Dies ist zwar verboten, weil die Raubkatzen unter die Berner Artenschutzkonvention fallen. Tierschutzorganisationen erstatteten wiederholt Anzeige gegen Unbekannt und setzten eine Belohnung von 2000 Euro für Hinweise auf die Täter aus. Doch die Wilderer müssten sich vor dem Gesetz keine Sorge machen, seufzt Laurent: "Bisher wurde kein Wilderer bestraft".

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