Nach Alko-Fahrt

Deutsche Bischöfin zurückgetreten

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Mit 1,54 Promille erwischt - jetzt zog Marion Käßmann die Konsequenzen.

Nach nur vier Monaten im Amt ist die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, zurückgetreten. Als Konsequenz aus ihrer Fahrt mit 1,54 Promille hinter dem Steuer ihres Dienstwagens legte sie am Mittwoch auch ihr Amt als Landesbischöfin von Hannover mit sofortiger Wirkung nieder. "Mein Herz sagt mir ganz klar: Ich kann nicht mit der notwendigen Autorität im Amt bleiben", sagte Käßmann in Hannover. "Die Freiheit, ethische und politische Herausforderungen zu benennen und zu beurteilen, hätte ich in Zukunft nicht mehr so wie ich sie hatte."    

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Die 51-Jährige gab ihre knapp fünfminütige Rücktrittserklärung im Amtssitz der EKD in Hannover ab, auch ihre vier Töchter waren dabei anwesend. Neben dem Amt gehe es ihr auch um Respekt und Achtung vor sich selber, sagte die Bischöfin. "Und um meine Geradlinigkeit, die mir viel bedeutet." Käßmann beantwortete nach ihrer Rücktrittserklärung keine Fragen der zahlreichen Journalisten. Sie war Ende Oktober vergangenen Jahres als erste Frau in das höchste Amt der evangelischen Kirche in Deutschland gewählt worden. Ihr Rücktritt wurde sowohl von deutschen Politikern aller Parteien als auch von Vertretern der Protestanten und Katholiken in Deutschland einhellig bedauert.

Hoher Alkoholwert
Die Bischöfin sagte, sie habe einen schweren Fehler gemacht, den sie zutiefst bereue. Sie war am Samstagabend am Steuer ihres Dienstwagens in Hannover von der Polizei gestoppt worden, nachdem sie über eine rote Ampel gefahren war. Wegen des hohen Alkoholwertes in ihrem Blut hat die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen die Kirchen-Chefin eingeleitet.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat mit tiefem Bedauern auf den Rücktritt ihrer Ratsvorsitzenden Margot Käßmann reagiert. "Die Gradlinigkeit und Klarheit in ihren theologischen, soziopolitischen und gesellschaftlichen Positionen werden der Evangelischen Kirche in Deutschland fehlen", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der EKD-Synodenpräsidentin, Katrin Göring-Eckardt sowie des stellvertretenden EKD-Vorsitzenden, Nikolaus Schneider. "Ihr Rücktritt ist ein schwerer Verlust für den deutschen Protestantismus."

Neuwahl
Käßmanns Spitzenamt bei der EKD werde bis zu einer Neuwahl im November ihr Stellvertreter Nikolaus Schneider, der Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, übernehmen, erklärte die Kirche. Eine Neuwahl werde voraussichtlich bei der nächsten Synodentagung vom 5. bis 10. November in Hannover erfolgen. Der 62-Jährige Schneider ist bekannt für sein soziales wie politisches Engagement.

Der Rat der EKD hatte seiner Vorsitzenden nach einer nächtlichen Krisenberatung zwar das Vertrauen ausgesprochen. Die EKD überließ Käßmann aber selbst die Entscheidung über ihre Zukunft.

Der Rücktritt von Margot Käßmann zeigt nach den Worten von SPD-Chef Sigmar Gabriel, dass die bisherige EKD-Vorsitzende "Verantwortung ohne Wenn und Aber" übernommen habe. Sie habe immer wieder Mut gezeigt, wichtige Debatten innerhalb der evangelischen Kirche und für unser Land anzustoßen, sagte Gabriel. Er hoffe, dass sich Käßmann auch weiter zu Wort melden werde.

Staatsanwalt
Unterdessen rechnet die Staatsanwaltschaft in Hannover mit einem zügigen Abschluss des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegen Käßmann, sagte Staatsanwalt Jürgen Lendeckel. Die Bischöfin hatte auch einen Beifahrer im Auto. Dessen Personalien seien aber nicht aufgenommen worden, sagte der Sprecher des Innenministeriums in Hannover, Klaus Engemann. Ein Beifahrer spiele nur dann als Zeuge eine Rolle, "wenn der Fahrer völlig kontrollunfähig" sei. Dies sei offensichtlich nicht der Fall gewesen.

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