Mittelmeer

EU nach Flüchtlingsdrama unter Druck

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Nach dem Drama bei dem 300 Menschen starben, erntet EU Kritik.

Nach dem erneuten Flüchtlingsdrama im Mittelmeer mit mehr als 300 Toten ist die EU wegen ihrer Flüchtlingspolitik massiv unter Druck geraten. Die derzeitige Grenzschutzmission "Triton" sei "beklagenswert unangemessen", erklärte das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR am Donnerstag.

Ganze EU gefordert
"Die Seenotrettung ist absolut notwendig, wenn die Flüchtlinge keine legale Möglichkeit haben, Europa zu erreichen", erklärte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Die EU-Kommission rief die Mitgliedsländer auf, an einer umfassenden Antwort auf das Migrationsproblem mitzuarbeiten. Auch Italien forderte eine stärkere Beteiligung der EU-Partner.

"Triton" unzureichend
Nach UNHCR-Angaben waren in den vergangenen Tagen mehr als 300 Flüchtlinge ertrunken, nachdem ihre Schlauchboote nach dem Start an der libyschen Küste gekentert waren. Nur wenige Menschen konnten gerettet werden. Im November hatte Italien seinen Rettungseinsatz "Mare Nostrum" eingestellt, weil sich die EU-Partner nicht substanziell an den Kosten beteiligen wollten. Die "Triton"-Mission der EU-Grenzschutzagentur Frontex verfügt mit 2,9 Milliarden Euro nur über knapp ein Drittel des Budgets und konzentriert sich darauf, in den Gewässern der EU-Mitglieder zu patrouillieren, nicht aber vor den nordafrikanischen Küsten.

Das Drama der vergangenen Tage lasse "keinen Zweifel, dass 'Triton' ein beklagenswert unangemessener Ersatz für 'Mare Nostrum' ist", sagte UNO-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres. "Ziel muss die Rettung von Menschenleben sein. Wir brauchen eine robuste Such-und Rettungsmission im Mittelmeer, nicht nur Grenzpatrouillen." Er sei besonders besorgt darüber, dass die EU ihre Bemühungen als Reaktion auf die Tragödien eher zurückfahren als ausweiten wolle.

Gemeinsame Flüchtlingspolitik gefordert
 "Die EU-Politik darf nicht länger das Leben tausender Menschen gefährden", erklärte die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Die restriktive Grenzpolitik der EU-Mitgliedstaaten lasse "verzweifelten Flüchtlingen und Migranten keine andere Wahl, als die gefährliche Route über das Meer zu wählen", sagte der Italien-Hilfskoordinator Manu Moncada. Italien und die anderen EU-Staaten müssten "endlich ihre Verantwortung übernehmen und sich ernsthaft mit dieser Krise befassen, um weitere unnötige Todesfälle zu verhindern".

Auch EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans sieht die Mitgliedstaaten in der Pflicht. Die Kommission mache die Migrationsproblematik zu einer ihrer Prioritäten, erklärte er in Brüssel. "Aber wir können das nicht alleine tun. Wir müssen gemeinsam mit den Mitglieds-, Herkunfts- und Transitstaaten die Gründe angehen, aus denen die Menschen flüchten, obwohl sie um die Gefahr für ihr Leben wissen." Am Mittwoch hatte eine Kommissionssprecherin bereits eingeräumt, dass die Mittel für "Triton" nicht ausreichten.

Die Regierung in Rom diskutierte über die Wiederbelebung des Hilfsprogramms "Mare Nostrum", das bis zum vergangenen November zur Rettung von über 100.000 Migranten beigetragen hatte. Die neue Version von "Mare Nostrum" soll für eine begrenzte Zeit und vor allem in Hinblick auf die Sommermonate wieder ins Leben gerufen werden. Im Sommer nimmt der Flüchtlingsstrom wegen der guten Wetterlage normalerweise zu. Die Marine soll bis zur libyschen Küste patrouillieren und Flüchtlinge retten. Premier Matteo Renzi rief die EU auf, sich um eine Stabilisierung der Lage in Libyen zu bemühen, von wo die Flüchtlinge zum Großteil abfahren. "Wenn man keine Lösung für das Chaos in Libyen findet, werden sich Flüchtlingsdramen im Mittelmeer wiederholen", meinte Renzi.

Meer als Massengrab
Im vergangenen Jahr starben weit mehr als 3.200 Flüchtlinge im Mittelmeer. Etwa 170.000 wurden von Küstenwache, Marine oder Handelsschiffen in Italien an Land gebracht. Die meisten von ihnen fliehen vor Krieg und Armut in ihrer Heimat zunächst nach Libyen. Dort begeben sie sich in die Hände von Schleppern und treten die gefährliche Reise über das Meer an, das ihnen häufig zum Massengrab wird.
 

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