25-jähriger Nordire festgenommen

Er fuhr den Todes-Truck mit 39 Leichen

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England unter Schock: Der 25-jährige Lenker wurde wegen Verdachts auf Massenmord festgenommen. Polizisten senken ihre Köpfe, als Lkw vom Tatort weggeschleppt wird. 

London. Die britische Polizei hat in der Nacht auf Mittwoch 39 Leichen in einem Lastwagen in einem Industriegebiet östlich von London entdeckt. Der 25-jährige Fahrer aus Nordirland wurde wegen Mordverdachts festgenommen, teilten die Ermittler mit. 38 der Toten seien Erwachsene, einer ein Teenager.

Das ist der Fahrer des Todes-Trucks: 

Er fuhr den Todes-Truck mit 39 Leichen
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Der 25-jährige Nordire Mo R. ist der Lastwagenfahrer, der festgenommen wurde, nachdem 39 Menschen tot im Anhänger eines Lastwagens gefunden wurden, den er fuhr.
Mo R. – dessen Freundin in Nordirland angeblich ein Baby erwartet – wurde am Tatort wegen Mordverdachts festgenommen und befindet sich heute im Zentrum einer der größten britischen Morduntersuchungen, die jemals durchgeführt wurden. Sein fassungsloser Bruder erzählte zuhause gegenüber "BelfastLive", dass die Familie bis jetzt nichts von ihm gehört habe und nicht wüsste, was los sei, wie "Daily Mail" berichtet.
 
Ein Freund der Familie gab außerdem an, dass ihnen von den britischen Behörden – die sie nicht einmal darüber informiert hatten, ob er verhaftet worden war oder nicht – "nichts gesagt" worden war.
 
Der von Mo R. abgeholte Anhänger war gestern Abend gegen Mitternacht per Schiff aus dem belgischen Hafen von Zeebrugge nach Purfleet gebracht worden. "CCTV" zeigt Robinsons Truck, wie er um 1.10 Uhr morgens in das Gewerbegebiet einfährt und die Polizei etwa eine halbe Stunde später eintrifft. Weder die Nationalität der Opfer noch die Herkunft des Containers vor seiner Ankunft in Zeebrugge sind derzeit bekannt.

Dieses Video zeigt den Todes-Truck kurz vor dem Fund der Leichen: 

 

 

Das zweite Video zeigt den Lastwagen, kurz bevor er in das Industriegebiet fährt, wo später die Leichen entdeckt wurden:

 

 

 

Lkw seit Samstag in England

Die Ermittler gehen davon aus, dass der Lastwagen in Bulgarien gestartet ist und am Samstag mit einer Fähre über Holyhead in Großbritannien ankam. In der Hafenstadt im Norden von Wales legen vor allem Fähren aus Irland an. Frachtexperten bezeichneten das als ungewöhnliche Route, falls das Fahrzeug tatsächlich aus Bulgarien stammen sollte. Das bulgarische Außenministerium konnte zunächst nicht bestätigen, dass der Lkw seine Reise tatsächlich dort begonnen habe.

Die Leichen wurden im Industriegebiet Waterglade in der 73.000-Einwohner-Stadt Grays gefunden, das etwa 30 Kilometer vom Zentrum Londons entfernt nahe der Themse liegt. Rettungskräfte hatten die Polizei gegen 2.40 Uhr (MESZ; 1.40 Uhr Ortszeit) informiert. Die Menschen im Container waren da bereits tot.

 

"Es war nur eine Frage der Zeit"

"Ich habe es befürchtet, es war nur eine Frage der Zeit, bis so etwas wieder passiert", reagierte Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung der Schlepperkriminalität und des Menschenhandels im Bundeskriminalamt (BK), im Gespräch mit der APA auf die Nachricht. Ermittler würden derzeit "relativ viele Behältnisschleppungen" registrieren. "Um 400 bis 1.500 Euro, je nach Route, steigen Flüchtlinge in solche Container ein."
 
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© Ben STANSALL / AFP / APA
 
Unklar war zunächst, ob der nun aufgeflogene Fall mit aktuellen Ermittlungen zu tun hat, die gemeinsam von österreichischen, britischen und bulgarischen Ermittlern sowie Europol geführt werden. Nach einem Aufgriff von Flüchtlingen, die über die sogenannte Balkanroute gekommen waren und nach Großbritannien wollten, initiierten die britischen Behörden eine Kooperation mit ihren Kollegen in Österreich und Bulgarien. Konkret geht es um eine Schleppergruppe, die über die "Balkanroute" Menschen bis nach Großbritannien schmuggeln soll.
 
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© Ben STANSALL / AFP / APA
 
Spurensicherer in Schutzanzügen untersuchten am Mittwoch in Grays den großen weißen Auflieger und das rote Fahrerhaus des Lastwagens. "Wir sind dabei, die Opfer zu identifizieren, aber ich gehe davon aus, dass das länger dauern könnte", sagte Andrew Mariner von der Polizei der Grafschaft Essex. Der Chef des britischen Lastwagenfahrer-Verbands Road Haulage Association, Richard Burnett, sagte, der Vorfall zeige die "Gefahr" des Menschenschmuggels in Lastwagen auf.
 
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Boris Johnson zeigt sich entsetzt

Premierminister Boris Johnson zeigte sich auf Twitter entsetzt und berichtet, das Innenministerium arbeite eng mit der Polizei von Essex zusammen. "Meine Gedanken sind bei all denen, die ihr Leben und ihre Lieben verloren haben." Die britische Innenministerin Priti Patel reagierte "schockiert" und "traurig" auf die Nachricht vom Leichenfund. Man müsse der Polizei nun genügend Raum geben, um ihre Ermittlungen durchzuführen, schrieb sie auf Twitter.
 
Video zum Thema: Horror-Fund: 39 Leichen in Container entdeckt
 
Die Causa weckt Erinnerungen an den Fall von 71 Flüchtlingen, die im August 2015 an der A4 (Ostautobahn) bei Parndorf im Burgenland erstickt in einem Kühl-Lkw gefunden wurden. Ums Leben gekommen waren die Geschleppten auf ungarischem Staatsgebiet. Beim Prozess gegen insgesamt 14 Angeklagte in der südungarischen Stadt Kecskemet wurden die vier Hauptangeklagten zunächst zu 25 Jahren, im Berufungsverfahren zu lebenslanger Haft verurteilt.
 
Die bisher größte Tragödie mit Immigranten in Großbritannien ereignete sich im Jahr 2000. Damals entdeckten britische Zöllner in der Hafenstadt Dover die Leichen von 58 Chinesen in einem Lastwagen.
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