Internationale Kritik:

Israel zerstört "illegale" Palästinenser-Häuser

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Zerstörungen bei Jerusalem hatten in der Früh begonnen.

Gaza/Jerusalem. Der Abriss palästinensischer Häuser durch die israelische Armee hat international Kritik ausgelöst. Die EU forderte am Montag den sofortigen Stopp des Abrisses mehrerer Neubauten südlich von Jerusalem. Die israelische Siedlungspolitik sei "nach internationalem Recht illegal", erklärte ein Sprecher der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini in Brüssel.

Israel gibt an, die Gebäude seien zu nah an der Sperranlage errichtet worden, die Israel, das annektierte Ost-Jerusalem und grenznahe Siedlungsbereiche vom besetzten Westjordanland abschottet.

 
 
 

"Abrisse unverzüglich einstellen"

"Im Einklang mit der langjährigen Position der EU erwarten wir, dass die israelischen Behörden die laufenden Abrisse unverzüglich einstellen", erklärte der Sprecher Mogherinis. Auch Frankreich verurteilte die Maßnahme. Eine Sprecherin des Außenministeriums in Paris erklärte, die Zerstörung von Gebäuden auf besetztem Gebiet verstoße gegen internationales Recht. Der Abriss schaffe einen "gefährlichen Präzedenzfall" und gefährde die Zwei-Staaten-Lösung, sagte die Sprecherin weiter.

 
Israelische Sicherheitskräfte hatten Montag früh begonnen, die Häuser in Sur Baher abzureißen. Ein AFP-Journalist beobachtete, wie hunderte israelische Polizisten und Soldaten vor Morgengrauen mit den Vorbereitungen für den Abriss begannen. Bewohner und Aktivisten wurden von den Sicherheitskräften aus den Häusern getragen. Planierraupen zerstörten mindestens drei mehrstöckige Gebäude. Viele der Häuser befanden sich noch im Rohbau.
 

"Meine Familie nun obdachlos"

Ismail Abadijeh, ein Bewohner eines der zerstörten Häuser, sagte der Nachrichtenagentur AFP, seine Familie würde nun obdachlos. "Wir werden auf der Straße leben", sagte er. Die Palästinenser werfen Israel vor, sie aus dem Sicherheitsgebiet rund um die Sperranlage verdrängen zu wollen, um israelische Siedlungen und Verbindungsstraßen zu bauen. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas rief die internationale Gemeinschaft zu einem "sofortigen Eingreifen" auf, "um diese Aggression gegen unser Volk zu stoppen".
 
Der palästinensische Minister für die Beobachtung israelischer Siedlungspolitik, Walid Asaf, erklärte in einer Videobotschaft, es handle sich um den "größten und gefährlichsten Abriss außerhalb eines Kriegseinsatzes". Israel hingegen verweist auf ein Urteil des Obersten Gerichts, wonach die Bauten illegal neben der Sperranlage errichtet wurden und "eine Gefahr für Zivilisten und Sicherheitskräfte" darstellten.
 

Gendelman spricht von hunderten Sicherheitsvorfällen

Der Sprecher von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, Ofir Gendelman, schrieb im Kurzbotschaftendienst Twitter, im vergangenen Jahr habe es "hunderte Sicherheitsvorfälle und tausende Versuche von Palästinensern" gegeben, in israelisches Gebiet einzudringen - "teilweise, um Terroranschläge zu verüben".
 
Die EU verwies darauf, dass die zehn Gebäude mit rund 70 Wohnungen zum größten Teil in einem Gebiet lägen, in dem laut Osloer Abkommen "alle zivilrechtlichen Fragen unter die Rechtsprechung der Palästinenserbehörde" fielen. Die Fortsetzung der israelischen Politik untergrabe die Zwei-Staaten-Lösung mit dem Ziel Jerusalems als gemeinsamer Hauptstadt und die "Aussichten auf einen dauerhaften Frieden" mit den Palästinensern.
 

UN-Büro lieferte Zahlen der Betroffenen

Das UN-Büro für humanitäre Hilfe (OCHA) erklärte, durch den Abriss würden 17 Menschen vertrieben und 350 weitere betroffen. Die israelischen Behörden hatten die Bewohner am 18. Juni über den bevorstehenden Abriss informiert.
 
Israel hatte das Westjordanland und Ost-Jerusalem im Sechs-Tage-Krieg 1967 besetzt und Ost-Jerusalem 1980 annektiert. Die UNO erkennt die Annexion nicht an. Nach der zweiten palästinensischen Intifada begann Israel Anfang der 2000er Jahre mit der Errichtung der umstrittenen Sperranlage.
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