Nach Steinwürfen

Israelische Polizei stürmt Tempelberg

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Palästinenser hatten zuvor mehrmals Gruppen von Touristen attackiert.

Die israelische Polizei hat am Sonntag in der Früh nach Unruhen den Tempelberg in der Jerusalemer Altstadt gestürmt. Jugendliche Palästinenser hätten mehrmals Gruppen von Touristen, die den Tempelberg besuchten, mit Steinen beworfen, teilte ein Sprecher der israelischen Polizei mit. Anschließend hätten sich die rund 20 Jugendlichen in der Al-Aksa-Moschee verschanzt.

Die Polizei sei ihnen dort hinein nicht gefolgt. Rund um die heiligen Stätten brachten sich den Angaben zufolge aber Spezialeinheiten der israelischen Polizei in Stellung. Der Zugang zum Tempelberg wurde teilweise eingeschränkt. Ein Demonstrant sei in der Altstadt festgenommen worden, hieß es weiter. Gegenwärtig herrsche wieder Ruhe auf dem Tempelberg, sagte Polizeisprecher Mickey Rosenfeld.

Missverständnis
Ein Palästinenser-Vertreter sagte, palästinensische Jugendliche hätten die Nacht bei der Moschee verbracht, da jüdische Extremisten damit gedroht hätten, auf das Gelände zu gelangen. Die Palästinenser hatten aus Furcht vor Besuchen rechtsgerichteter jüdischer Gruppierungen auf dem von ihnen verwalteten Tempelberg ihre Präsenz auf der Anlage verstärkt. Rosenfeld erklärte jedoch, es gebe keinerlei Pläne israelischer Gruppierungen, den Tempelberg zu besuchen.

Rund um die Unruhen auf dem Tempelbergist es auch in der umliegenden Altstadt zu Zusammenstößen zwischen israelischen Polizisten und maskierten Palästinensern gekommen. Nach offiziellen Angaben wurden am Sonntag dabei zwei Beamte leicht verletzt. Sieben Palästinenser wurden festgenommen. Etwa 15 weitere hielten sich noch stundenlang auf dem Tempelberg-Areal verschanzt. Nach palästinensischen Angaben wurden knapp 30 Demonstranten durch Tränengas verletzt.

Das Gebiet, auf dem nicht nur den Muslimen sondern auch den Juden heilige Stätten liegen, ist immer wieder Schauplatz gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern. Muslime verehren die von den Palästinensern verwaltete Anlage, wo auch der Felsendom steht, als "Haram al-Sharif" (Edles Heiligtum). Er steht nach jüdischer Überlieferung auf den Überresten des zweiten jüdischen Tempels, der im Jahre 70 nach Christus von den Römern zerstört wurde und von dem nur noch eine Wand erhalten ist - die den Juden heilige Klagemauer. Die Al-Aksa-Moschee ist das drittwichtigste islamische Heiligtum nach Mekka und Medina.

Scharon-Besuch löste Konflikte aus
Im vergangenen Herbst war es auf dem Tempelberg mehrfach zu schweren Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und israelischen Sicherheitskräften gekommen. In der vorigen Woche war es zudem nach einer umstrittenen israelischen Entscheidung im Westjordanland und insbesondere in Hebron zu Unruhen gekommen: Die Palästinenser sind erzürnt über einen Beschluss der israelischen Regierung, das Rachelgrab bei Bethlehem und die Patriarchengräber in Hebron zu israelischem Nationalerbe zu erklären.

Schwere Konflikte verursachte im September 2000 der Tempelberg-Besuch des damaligen oppositionellen Likud-Politikers und späteren israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon: Die palästinensischen Proteste, die durch den als Provokation empfundenen Besuch ausgelöst wurden, werden als "Al-Aksa-Intifada" oder "Zweite Intifada" bezeichnet. Streng gläubigen Juden verbietet ihr Glaube das Betreten des Tempelbergs. Extremistische jüdische Splittergruppen sind der Ansicht, die Al-Aksa-Moschee und der Felsendom müssten zerstört werden, um Platz zu schaffen für den Bau des dritten jüdischen Tempels.

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