Austritts-Chaos eskaliert

Jetzt reicht's: Hard-Brexit fast fix

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Es läuft alles auf einen harten Brexit am 12. April hinaus – auch die EU zeigt jetzt Härte.

Wien, London, Brüssel. Es scheint so, als hätte Großbritanniens Politik den Bogen überspannt: Am Freitag stimmte das Unterhaus zum 3. Mal über den Austritts-Deal von Premier Theresa May ab – er scheiterte mit 286 zu 344 Stimmen. Dabei hatten die Abgeordneten zuvor  acht Brexit-Varianten ebenfalls abgelehnt – darunter den „harten Brexit“. Doch genau dahin scheint es zu laufen:

  • Kanzler Sebastian Kurz zu ÖSTERREICH: „Damit ist ein harter Brexit näher gerückt. Wir sind auch darauf vorbereitet. Auch, wenn sich das keiner von uns wünscht.“ Und auch  FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl  rechnet mit einem unkontrollierten Austritt der Briten.
  • Versucht es May noch mal? Doch es gab am Samstag durchaus auch Meldungen, dass May zum vierten Mal (!) versuchen könnte, ihren Austrittsdeal durchzubringen. Das ginge aber nur mit einem Trick: So wird das Unterhaus morgen Montag in mehreren Abstimmungen versuchen, einen Plan B zu finden – etwa den Verbleib in einer Zollunion mit der EU oder ein zweites Referendum. Zu diesem Plan B könnte May dann eine Kampfabstimmung mit ihrem Deal anzetteln, die letzte Chance für den geordneten Brexit nach May-Style.
  • Viele Tories für harten Brexit:  Doch Mays eigene Partei revoltiert: 170 der 330 Abgeordneten forderten in einem Brief an die Premierministerin einen harten Brexit. Zu groß ist die Befürchtung, dass der Austritt bei einer langen Verschiebung (samt Teilnahme an der EU-Wahl im Mai) vom Tisch ist.
  • EU will hart bleiben. Zudem zeigt die EU Härte. Bei einem Sonder-EU-Rat am 10. April will man den „Hard-Brexit“ nur noch zur Kenntnis nehmen. Damit wäre die EU durchaus auf Linie mit den Wählern: 53 % sind laut ÖSTERREICH-Umfrage dagegen, den Briten einen erneuten Aufschub des Austritts zu gewähren.

Kneissl: "Rechne mit einem harten Brexit am 12. April"

Video zum Thema: Außenministerin Kneissl zum geplatzten Brexit-Deal

oe24.TV: Zum 3. Mal ist May mit dem Brexit-Deal gescheitert. Haben Sie damit gerechnet?

Karin Kneissl: Ab Jänner haben sich die Hinweise immer mehr verdichtet. Jetzt haben wir das definite dritte Votum gehabt, das sehr klar ausgegangen ist. Wir haben den Zeitplan: In zwei Wochen wird Großbritannien höchstwahrscheinlich ausscheiden, ohne rechtliche Rahmenbedingungen, die ein Abkommen geboten hätte.

oe24.TV: Sie rechnen fast fix mit einem Hard-Brexit?

Kneissl: Das ist der Zeitplan,  den man in der EU besprochen hat. Die britische Regierung hat das Parlament neu befasst und hat gesagt, wenn es zu einem Negativvotum kommt, dann findet der Austritt am 12. April statt.

oe24.TV: Sie glauben nicht, dass es noch einen weiteren Aufschub geben könnte?

Kneissl: Nein, fixiert wurde ein außerordentlicher EU-Rat für den 10. April. Da wird man zur Kenntnis nehmen, dass Großbritannien am 12. ausscheidet.

oe24.TV: Ist es sinnvoll, bei der harten Position zu bleiben?

Kneissl: Das Parlament hat mehrfach abgestimmt, was sie genau wollen. Bei allen acht Optionen wurde mit nein votiert.

oe24.TV: Was bedeutet ein harter  Brexit für Österreich?

Kneissl: Es könnte die Automobilindustrie treffen. Es sind einige Produktionsstätten in Großbritannien, konkret von BMW, Österreich ist ein wichtiger Zulieferer.

oe24.TV: Wie spürt das der Einzelne? Es gibt viele, die nach England reisen wollen.

Kneissl: Wir sollten nicht in Panik verfallen, dass Touristen stranden. Es wird weitergehen, aber es wird sich einiges verkomplizieren.

oe24.TV: Wie hat Theresa May ihren Job gemacht? Viele sagen, sie ist mit schuld.

Kneissl: Ich habe tiefen Respekt vor ihr. Mit welcher Gefasstheit und Disziplin sie durch die schwierigen Monate gegangen ist, Respekt! Die Kraft muss man einmal haben. Man kann die Schuld nicht an einer Person fest­machen. Da sind viele Köche, die den Brei ­verdorben haben.

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