Protestaufrufe

Jetzt rumort es auch in China

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Regierungschef Wen Jiabao macht den Demonstranten Angebote.

Vor dem Hintergrund von Aufrufen zu neuen Protesten in China hat Regierungschef Wen Jiabao einen verstärkten Kampf gegen Inflation, überteuerte Wohnungen und soziale Ungerechtigkeiten versprochen. Um ein nachhaltigeres Wachstum zu erreichen, soll die Wirtschaft der zweitgrößten Volkswirtschaft künftig mit nur noch sieben Prozent deutlicher langsamer wachsen als bisher erwartet. Im vergangenen Jahr wuchs Chinas Wirtschaft um 10,3 Prozent.

Mit Blick auf die Unruhe im Volk wegen der hohen Inflation äußerte sich der Regierungschef in Online-Diskussionen im Vorfeld der Jahrestagung des Volkskongresses, die nächsten Samstag in Peking beginnt. "Rapide steigende Preise haben sich auf die öffentliche und sogar auf die soziale Stabilität ausgewirkt", sagte der Regierungschef. "Wir müssen die übermäßigen Preissteigerungen in Grenzen und die Wohnungspreise auf einem angemessenen Niveau halten", sagte Wen Jiabao. Er versprach auch eine gerechtere Einkommensverteilung und Investitionen ins Sozialsystem.

Die Staatsmedien verbreiteten seine Zusagen, während im Internet Aufrufe zu "Jasmin-Protesten" nach arabischem Vorbild oder auch nur "Spaziergängen" in zahlreichen Städten an diesem Sonntag zirkulierten. Mit einem Großaufgebot an Sicherheitskräften, Festnahmen und Hausarrest für Bürgerrechtler sowie Warnung an ausländische Korrespondenten haben sich die Behörden darauf vorbereitet. Jede Aktion soll sofort im Keim erstickt werden.

In der Pekinger Haupteinkaufsstraße Wangfujing hatte die Polizei den Platz vor dem McDonalds-Restaurant, wo vor einer Woche eine Handvoll Menschen nach einem ähnlichen Aufruf erschienen war, durch einen Bauzaun begrenzt. Polizei in Uniform und Zivil sicherte die Gegend. Einige hundert Menschen waren am vergangenen Sonntag in verschiedenen Städten erstmals einem solchen Internetaufruf gefolgt.

Die starken Preissteigerungen vor allem bei Nahrungsmitteln und hohe Wohnungspreise gehörten nach Umfragen zu den Hauptsorgen der Menschen vor der Tagung des Volkskongresses. "Wenn nötig, werden wir wirtschaftliche, rechtliche und behördliche Methoden einsetzen, um Spekulationen (am Immobilienmarkt) einzudämmen", sagte Wen Jiabao.

Er zeigte sich besorgt über die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, die die soziale Gerechtigkeit und Stabilität bedrohe. Die Regierung erwäge Steuererleichterungen für niedrige Einkommen und Investitionen in das Krankenversicherungssystem.

Im Hinblick auf die Inflation wies der Regierungschef auch internationale Forderungen nach einer raschen und deutlichen Aufwertung der Landeswährung Yuan zurück. Sollte dies geschehen, würden viele Unternehmen in der Volksrepublik pleitegehen. Zugleich würden zahlreiche Exportaufträge künftig in andere Länder gehen und dadurch viele Chinesen ihren Arbeitsplatz verlieren. Daher sei es wichtig, den Wert des Yuan nicht auf einen Schlag, sondern lediglich Schritt für Schritt anzupassen.

Im Jänner fiel die Inflation mit 4,9 Prozent zwar niedriger aus als befürchtet. Insgesamt ist der Preisdruck in China aber immens. Vor allem die hohen Lebensmittelpreise, die zu Jahresbeginn um mehr als zehn Prozent in die Höhe schossen, sorgen für Unmut in der Bevölkerung. Hinzu kommt, dass es für Chinesen angesichts der in einigen Städten massiv gestiegenen Immobilienpreise immer teuerer wird, ein Eigenheim zu erwerben.

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