Massenpanik

Loveparade: 19 Tote, über 340 Verletzte

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Die Techno-Party wurde zum Alptraum. Kritik gibt es für die Veranstalter.

 

Die Massenpanik bei der Loveparade am Samstag im westdeutschen Duisburg hat mindestens 19 Menschen das Leben gekostet. Diese Zahl nannte ein Polizeisprecher in der Nacht auf Sonntag. Außerdem seien 342 Verletzte gemeldet worden - wie schwer ihre Verletzungen waren, blieb zunächst unklar. Viele tausende Besucher der Techno-Party gelangten in der Nacht ohne weitere Zwischenfälle nach Hause. Die Katastrophe löste eine Welle von Trauer und Entsetzen aus. Der deutsche Bundespräsident Christian Wulff forderte eine rückhaltlose Aufklärung.

Hunderttausende hatten sich am Samstag zu Mittag auf den Weg zum alten Duisburger Güterbahnhof gemacht. Sie wurden aus zwei Richtung dorthin geleitet, die Menschenmassen trafen zwischen zwei Tunneln aufeinander, wo ein gepflasterter Weg zum Güterbahnhof hinaufführt. Nach Zeugenaussagen entstand dort eine unerträgliche Enge. Menschen versuchten, eine Mauer und eine Treppe hinaufzuklettern. Als einige von ihnen aus mehreren Metern Höhe in die Menschenmasse unter ihnen stürzten, brach nach Polizeiangaben Panik aus. Der Duisburger Bürgermeister Adolf Sauerland (SPD) verteidigte das Sicherheitskonzept für die Veranstaltung gegen die sofort aufbrandende Kritik als "stichhaltig".

Party ging weiter
Feuerwehren und andere Rettungsdienste auch aus dem weiteren Umland starteten einen gigantischen Einsatz. Die am Partygelände vorbeiführende Autobahn 59, die aus Sicherheitsgründen ohnehin gesperrt war, wurde zum Anlaufpunkt für Rettungsfahrzeuge und Hubschrauber. In den Tunnels, in denen sich die Katastrophe abspielte, fuhren noch Stunden später Notarztwagen mit Blaulicht. Leichtverletzte Loveparade-Besucher wurden mit Bussen in Kliniken gefahren. Aus Sicherheitsgründen wurde die Loveparade nicht abgebrochen, um eine weitere Massenpanik zu verhindern. Später eintreffende Besucher wurden jedoch bereits am Hauptbahnhof aufgehalten.

Bis nach Mitternacht verließen Leichenwagen den Unglücksort. Die Polizei hatte das Gelände mit Zäunen und Sichtblenden weiträumig abgesperrt. In der Nacht kamen erste Trauernde zu dem Tunnel, um ihr Mitgefühl mit den Opfern zu bekunden. Einige zündeten Kerzen an.

"Lag nicht am Sicherheitskonzept"
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich von der Tragödie in Duisburg geschockt und sagte: "Zum Feiern waren die jungen Menschen gekommen, stattdessen gibt es Tote und Verletzte." Der Präsident der Europäischen Kommission, Manuel Barroso, kondolierte zum Tod so vieler Menschen. Nordrhein-Westfalens neue Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) ließ sich in der Einsatzleitstelle der Polizei über die Entwicklung unterrichten. Sie äußerte sich "total betroffen" und sagte, sie fühle mit den Angehörigen der Gestorbenen und sorge sich um die Verletzten.

Am Sonntag (12.00 Uhr) wollen die Veranstalter und die Stadt auf einer schon vorher geplanten Pressekonferenz im Duisburger Rathaus über die Vorgänge berichten. Dabei dürfte die Frage im Vordergrund stehen, ob es richtig war, bei der Erwartung von mehr als einer Million Besuchern und einem Gelände für maximal 250.000 Menschen nur einen Zugang anzubieten, der wiederum nur durch Tunnels erreichbar war. Sauerland sagte bereits: Es "lag nicht am Sicherheitskonzept, das nicht gegriffen hat, sondern wahrscheinlich an individuellen Schwächen."

Manche konnten sich gerade noch retten
Der Erfinder der Loveparade, Dr. Motte, gab den Veranstaltern die Schuld und sprach von einem "krassen Management-Fehler". "Wie kann man denn Menschen nur durch einen einzigen Zugang auf das Gelände lassen. Das ist ein Skandal", sagte der DJ dem "Berliner Kurier". Auch Augenzeugen erhoben schwere Vorwürfe. Der schmale Tunnel sei "das programmierte Chaos" gewesen, sagte ein Loveparade-Teilnehmer. Ein Raver berichtete, dass er sich eine halbe Stunde vor der Massenpanik mit seiner Freundin gerade noch aus dem Gedränge im Tunnel retten konnte und die Polizei alarmiert habe. Geschehen sei nichts.

Die Loveparade unter dem Motto "The Art Of Love" gilt als eine der wichtigsten und größten Veranstaltungen zur "Ruhr.2010" im Kulturhauptstadtjahr. Die Raver-Parade war 1989 in Berlin gegründet worden und ist 2007 in Ruhrgebiet gezogen. 2009 hatte die Stadt Bochum kein geeignetes Gelände gefunden. In Duisburg fand sie erstmals auf einem abgeschlossenem alten Bahngelände mit nur 15 Wagen, den sogenannten Floats, statt. Dabei musste lange um die Finanzierung gekämpft werden. Die hochverschuldete Stadt steht unter Haushaltsaufsicht und brauchte für ihre Ausgaben die Zustimmung des Landes. Im Sommer 2011 soll die Loveparade in Gelsenkirchen Station machen.

Wohl keine Österreicher unter Opfern
Bisher hat das Außenministerium in Wien keine Hinweise auf Österreicher unter den Toten. Das sagte Außenamtssprecher Peter Launsky-Tieffenthal am Sonntag. Auch habe es bisher weder bei der österreichischen Botschaft in Berlin, noch beim Außenministerium Anrufe besorgter Angehöriger gegeben.

Ebenfalls keine Hinweise gab es bisher auf betroffene Österreicher unter den schwerer Verletzten der Tragödie. Die Polizei bzw. das Krankenhauspersonal habe offenbar die diplomatischen Vertretungen zumindest der schwerer Verletzten bereits informiert, die österreichische Botschaft sei nicht darunter gewesen. Allerdings: "Es ist wohl noch ein bisschen zu früh, Entwarnung zu geben", räumte Launsky-Tieffenthal ein.

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