Killer wollte aufgeben

Massaker wird zum Polizei-Skandal

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Eine halbe Stunde lang hat die Polizei bei dem Massenmord untätig zugesehen.

Sie war sein letztes Opfer: Karin Elena Holst (15). Getötet durch einen Schuss in den Rücken. Der Skandal: Als sie starb, hatte Anders Behring Breivik bereits zehnmal bei der Polizei angerufen. Er wollte sich ergeben. Sah seinen „Auftrag“ als erfüllt an. Nur zweimal kam der Killer durch. Das Mobilfunknetz war überlastet. Dann nahmen ihn die Beamten nicht ernst, reagierten zu spät.

Zumindest Karin Elena Holst (15) hätte nicht sterben müssen. Sie erschoss Breivik kurz vor 18.30 Uhr. Da stand der Killer schon 28 Minuten mit der Polizei in Kontakt.

Fehleinschätzung
Der Amoklauf von Norwegen wird nun auch zur Polizei-Affäre: Erstmals melden sich jetzt Polizisten zu Wort und was sie sagen, schockiert nicht nur Norwegen. Denn: Zu der Telefonpanne reihen sich weitere: Statt rasch zu helfen, sollen mehrere Beamte eine halbe Stunde lang (!) am Ufer gestanden und nichts unternommen haben. Obwohl etliche Schüsse von der Ferieninsel zu hören waren. Obwohl Hunderte Menschen im eiskalten Wasser um ihr Leben schwammen. Sogar andere Helfer, die mit Privatbooten Teenager aus dem See zogen, wollten sie von ihrer Arbeit abhalten. Das sei zu gefährlich, man müsse erst auf die Verstärkung aus Oslo warten, hieß es.
Warten auf Spezialeinheit. Die meisten Beamten riegelten zu dieser Zeit allerdings die Innenstadt von Oslo ab. Anders Behring Breivik hatte hier kurz zuvor eine Autobombe gezündet.

Erst als um 18.09 Uhr die Elite-Einheit „Delta“ aus Oslo anrückte, wurde die Polizei auf der Insel Utoya aktiv. Mit einem viel zu kleinen Schlauchboot fuhr sie los. Das Boot lief voll Wasser.

Und: Die Polizisten fuhren zur falschen Anlegestelle, die 2 Kilometer von der Insel entfernt liegt. Es gibt eine, von der man nur 700 Meter Seeweg hat ...

Wertvolle Zeit ging verloren
Breivik tötete weiter, obwohl er sein „Planziel“, 50 Menschen zu ermorden, längst erfüllt hatte. Nur zwei Minuten nachdem die Beamten die Insel betreten hatten, ergab er sich.

Isolationshaft verlängert
Am Freitag musste Breivik erneut vor das Amtsgericht in Oslo. Seit vier Wochen sitzt er in Isolationshaft. Aber: Er langweile sich, sagt er. Eine „sadistische Folter“ sei es, dass er mit niemandem reden dürfe. Trotz seiner schicken Aufmachung (schwarzer Anzug, hellblaue Krawatte) hatte der Richter kein Mitleid: Um vier weitere Wochen wurde die Isolationshaft verlängert.

3 Tage Trauerfeier
Zur gleichen Zeit begannen in Norwegen die dreitägigen Trauerfeierlichkeiten für Breiviks Opfer. 50 Familien wurden mit Booten nach Utoya gebracht.

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Der erste Anruf geht um 
18.01 Uhr in der Zentrale ein.
Polizei: Polizeinotruf.
Breivik: Ja, hallo, mein Name ist Kommandant Anders Behring Breivik von der norwegischen antikommunistischen Widerstandsbewegung.
Polizei: Ja.
Breivik: Ich bin derzeit in Utøya. Ich möchte mich ergeben.
Polizei: Okay, von welcher Nummer rufen Sie an?
Breivik: Ich rufe von einem Handy an.
Polizei: Von Ihrem Handy?
Breivik: Ja, aber es ist nicht mein Handy. Ein anderes ...
Polizei: Ein anderes, was machen Sie… Hallo? Hallo?
(Das Gespräch wird unterbrochen)

Breivik ruft um 18.26 Uhr 
bei einem anderen Bezirk an.
Polizei: Polizeinotruf.
Breivik: Hallo, mein Name ist Anders Behring Breivik.
Polizei: Ja, hallo.
Breivik: Ich bin der Kommandant der norwegischen Widerstandsbewegung.
Polizei: Ja, hallo.
Breivik: Können Sie mich bitte mit dem Kommandanten der Delta-Spezialeinheit verbinden?
Polizei: Ja ... wo sind Sie und um was geht es?
Breivik: Ich bin in Utøya.
Polizei: Sie sind auf Utøya, ja?
Breivik: Ich habe meine Operation abgeschlossen, jetzt möchte ich ... mich ergeben.
Polizei: Sie wollen sich ergeben?
Breivik: Ja.
Polizei: Wie war Ihr Name nochmal?
Breivik: Anders Behring Breivik.
Polizei: Und Sie waren der Kommandant der ...
Breivik: Wir sind in der antikommunistischen und norwegischen Widerstandsbewegung organisiert, gegen die Islamisierung Europas und Norwegens.
Polizei: Ja.
Breivik: Wir haben gerade eine Operation im Namen der Tempelritter durchgeführt.
Polizei: Ja ...
Breivik: Europa und Norwegen.
Polizei: Ja ...
Breivik: Und da die Operation abgeschlossen ist .... ist es in Ordnung sich der Delta-Einheit zu ergeben.
Polizei: Sie möchten sich der Delta ergeben?
Breivik: Können Sie … können Sie mich mit dem Kommandanten der Delta verbinden?
Polizei: Ja, Sie sprechen eigentlich schon mit ihm, wir haben hier die Gesamtverantwortung.
Breivik: Okay, finden Sie heraus, was Sie brauchen und rufen Sie mich auf diesem Telefon zurück, ok?
Polizei: Wie lautet die Telefonnummer?
Breivik: Großartig.
Polizei: Ich habe Ihre Telefonnummer nicht! Hallo!
(Das Gespräch wird unterbrochen)

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