Medizin-Durchbruch

Mensch-Stammzellen durch Klonen erschaffen

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Könnte umstrittene Verwendung von Embryonen erübrigen.

Wissenschafter in den USA haben nach eigenen Angaben erstmals menschliche Klon-Embryonen hergestellt und daraus Stammzellen gewonnen. Sie nutzten dazu ein Verfahren, das auch zum Klonschaf Dolly führte, möchten aber ausdrücklich keine Klonmenschen herstellen. Die neuen Zellen könnten theoretisch jedoch in jede beliebige Art von Körperzellen transformiert werden - und so künftig einmal kranke oder verletzte Zellen ersetzen. Von einer therapeutischen Anwendung in der Routine ist man aber noch meilenweit entfernt. In den USA kochte nach der Veröffentlichung der Methode in der Wissenschaftszeitschrift "Cell" sofort eine Moral-Debatte hoch.

Die Forscher der Oregon Health & Science University in Portland unter Shoukrat Mitalipow sprachen am Mittwoch von einem Durchbruch. Man sei der Heilung von Krankheiten wie Parkinson, Multipler Sklerose, Herzkrankheiten und von Verletzungen des Rückenmarks deutlich näher gerückt.

Dazu der Wiener Medizingenetiker Markus Hengstschläger am Donnerstag gegenüber der APA: "Das ist ein Durchbruch in der Grundlagenforschung. Aber alle sind sich einig, das reproduktives Klonen nicht getan werden darf. Man hat ja in den vergangenen Jahren embryonale Stammzellen durch Übertragen von Erbmaterial in entkernte Eizellen bei verschiedenen Tieren geschafft - bis hinauf zum Affen. Jetzt ist das eben auch mit embryonalen Stammzellen gelungen. Es geht da mehr um das 'Kochrezept', wie das funktioniert. Die Wissenschafter wenden jeweils verschiedene Tricks an." Dazu gehörten Wachstumsfaktoren, Elektrostimulation etc.

Mensch-Stammzellen durch Klonen erschaffen
© Reuters

(c) Reuters, Shoukhrat Mitalipov

Hengstschläger äußerte sich auch zu den Anwendungen zurückhaltend: "Die Anwendung von embryonalen Stammzellen entwickelt sich sehr zäh." Es gäbe weiterhin Befürchtungen, dass sie zu unkontrolliertem Wachstum in der Lage seien. Da würden eventuell Stammzellen aus anderen Quellen (z.B. induzierte Stammzellen etc.) besser geeignet sein. Und schließlich gibt es auch die Debatte darüber, ob man quasi durch das Klonen erzeugte Embryonen - im Grunde nur Zellhaufen im frühesten Entwicklungsstadium - "verbrauchen" dürfe, um Stammzellen zu gewinnen. Der Wiener Wissenschafter: "Da macht das Klonen keinen Unterschied."

Der renommierte deutsche Stammzellforscher Oliver Brüstle reagierte ebenfalls zurückhaltend und warnte "vor zu viel Hype": "Ich bin skeptisch, ob uns das im therapeutischen Bereich weiterbringt."

Das verwendete Verfahren klingt simpel, dennoch scheiterten in den vergangenen Jahren Forscherteams auf der ganzen Welt daran, es bei menschlichen Zellen anzuwenden: Die Wissenschafter in Oregon hatten Zellkerne aus Hautzellen entnommen und einer Eizelle eingepflanzt, aus der die Erbinformation zuvor entfernt worden war. Aus der neuen Zelle entwickelte sich eine sogenannte Blastozyste, von der embryonale Stammzellen entnommen werden können.

Die Technik beschrieben sie detailliert im Fachblatt "Cell" (online). Die Eizelle musste für den Kerntransfer bei einem ganz bestimmten Entwicklungsstadium gestoppt werden, der sogenannten Metaphase. Außerdem nutzten die Forscher während des Verfahrens eine koffeinhaltige Lösung.

"Eine gründliche Untersuchung der durch diese Methoden gewonnenen Stammzellen hat ihre Fähigkeit, sich wie normale embryonale Stammzellen in viele andere Zellarten zu verwandeln, bestätigt", sagte Forschungsleiter Shoukhrat Mitalipov laut Mitteilung. Sie könnten Nerven-, Leber-, Herz- und andere Zellen ersetzen. "Darüber hinaus gibt es kaum die Gefahr, dass der Körper die mit seiner eigenen Erbinformation geschaffenen Zellen abstößt."

In den USA gab es nach der Veröffentlichung sofort eine weltanschauliche Debatte, welche von der katholischen Kirche losgetreten wurde. Die US-amerikanische Bischofskonferenz (USCCB) kommentierte die Nachrichten aus der Wissenschaft als "zutiefst beunruhigend". Auch wenn diese Methode der Forschung dienen solle, werde sie zweifellos von denen aufgegriffen, die einmal geklonte Kinder herstellen wollten, warnte das USCCB-Komitee für Lebensschutz laut Kathpress in einer am Mittwoch in Washington veröffentlichten Stellungnahme.

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