Wahlschock in der Slowakei

Millionär Andrej Kiska wird Präsident

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Polit-Neuling sei "Katze im Sack", Rücktritt von Fico als Premier nicht erwartet.

Der Ausgang der Präsidentschaftswahl in der Slowakei versetzte der Öffentlichkeit, Beobachtern und wohl auch den zwei Rivalen selbst einen ziemlichen Schock: Der Polit-Neuling Andrej Kiska (51) konnte sich in der Stichwahl mit deutlichem Vorsprung gegen den politisch erfahrenen Ministerpräsidenten Robert Fico (49) durchsetzen und wird für die nächsten fünf Jahre in den Präsidentenpalast einziehen.

Der parteilose Millionär und Philanthrop Kiska kam auf 59,4 Prozent der Stimmen, während der Sozialdemokrat Fico, langfristig ungeschlagen der beliebteste Politiker des Landes, nur 40,6 Prozent erhalten hat. Nicht die Niederlage selbst war eine extreme Überraschung. Vielmehr kam der haushohe Unterschied völlig unerwartet: Kiska hatte über 1,3 Millionen Wähler auf seine Seite ziehen können, um gut 400.000 mehr als sein Rivale.

Bereits nach der ersten Wahlrunde am 15. März war der Sieg des Premiers als faktische Niederlage gedeutet worden. Er kam auf lediglich 28 Prozent der Stimmen, nur vier Prozentpunkte mehr als Kiska. In der Stichwahl hatten aber Politologen ein äußerst knappes Ergebnis erwartet. Viele Fico-Unterstützer hätten seinen Sieg als sicher empfunden und sich beim ersten Durchgang nicht in die Wahllokale bemüht, hieß es. Die Prognosen täuschten.

"Katze im Sack"
Politisch ist Kiska ein völlig unbeschriebenes Blatt, er war noch nie zuvor politisch aktiv und ist in der Öffentlichkeit weitgehend nur als Geschäftsmann und Gründer der Wohltätigkeitsorganisation "Guter Engel" bekannt. Bei vielen Wählern, die der Politik immer überdrüssiger werden, dürfte er gerade damit gepunktet haben. Zugleich wird damit aber jede Vorhersage, wie er sich im Präsidentenpalast verhalten wird, so gut wie unmöglich. Man ahne nicht, was von Kiska zu erwarten sei, er könne ebenso angenehm wie auch im negativen Sinn überraschen, erklärte der Politologe Michal Horsky noch in der Wahlnacht für den Fernsehsender TA3. "Das ist jetzt das Risiko. Er ist die Katze im Sack."

Kiska selbst versicherte, er werde seine Wahlversprechen einlösen: Er werde Präsident aller Slowaken sein, werde hinter jedem anständigen Menschen stehen. "Ich will die Politik wieder menschlicher machen," erklärte er nach seinem Wahlsieg. Ob er als Staatsoberhaupt die versprochenen Änderungen tatsächlich bewirken kann, ist fraglich. Der Präsident spielt auch in der Slowakei eine überwiegend repräsentative Rolle.

Fico bleibt Premier
Trotz der harten Niederlage dürfte vorerst Robert Fico im EU-Land Slowakei weiterhin die politische Macht in den Händen halten. Sein Rücktritt wird nicht erwartet, er dürfte in der zweiten Hälfte der laufenden Amtszeit Premierminister und Vorsitzender der stimmenstärksten sozialdemokratischen Smer (Richtung) bleiben. Den Rückschlag scheint er jedenfalls zu verkraften, seinem Rivalen gratulierte er noch während der Stimmenauszählung. Er wolle sich jetzt "einige Tage nehmen, um die Situation zu analysieren", fügte er in der Wahlnacht hinzu. In slowakischen Medien kursiert dennoch bereits die Ansicht, die Perspektive des Ministerpräsidenten und seiner Smer dürfte sich jetzt grundlegend ändern. "Von nun an geht es nur noch bergab," kommentierte die Tageszeitung Sme auf ihrer Internetseite.

Seit dem hohen Sieg von 44 Prozent bei den Parlamentswahlen 2012 regiert Robert Fico mit seinen Sozialdemokraten ohne Koalitionspartner in der Slowakei, die Smer ist auch auf regionaler Ebene dominierende politische Kraft im Land. Im Wahlkampf hatte der Premier mit dem Versprechen geworben, er werde für Stabilität und sozialen Frieden stehen. Fico ist für seine pro-europäische Linie bekannt, während seiner Amtszeit hat die Slowakei auch den Euro eingeführt.

Die Präsidentschaftswahl hat der Linkspolitiker zwar verloren, beim Urnengang am Samstag haben sich aber knapp 900.000 Wähler erneut hinter ihn gestellt. Das ist wesentlich mehr als die Zahl der Vorzugsstimmen für Fico bei den vergangenen Parlamentswahlen. Die Beziehungen zwischen Premier Fico und Präsident Kiska dürften aber kompliziert werden: Im Wahlkampf hatte der Geschäftsmann gleich zwei Strafanzeigen wegen Verleumdung gegen den Ministerpräsidenten erstattet.

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