Volksabstimmung

Pensionsreform in der Schweiz gescheitert

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Mehrheit gegen Parlamentsbeschluss zur Teilfinanzierung der Rentenkasse.

In der Schweiz ist die erste Pensionsreform seit 20 Jahren bei einer Volksabstimmung gescheitert. Zur Teilfinanzierung der Rentenkasse (AHV) durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer sagte die Mehrheit der Kantone "Nein", wie aus den Einzelergebnissen am Sonntag hervorging.

Die Reform wäre nur durchgegangen, wenn mindestens die Hälfte der Kantone der Mehrwertsteuererhöhung zugestimmt hätte. Das bedeutete auch das Aus für die anderen Maßnahmen zur Sicherung der Altersbezüge, noch bevor alle Stimmen ausgezählt waren. Es zeichnete sich in der Gesamtbevölkerung ein Nein von 53 Prozent ab, berichtete das Analyse-Institut gfs.bern im Fernsehen.

Die Reform sah etwa vor, das Pensionsalter für Frauen von 64 auf das Niveau der Männer von 65 Jahren anzuheben. Die Regierung (Bundesrat) wollte die Mehrwertsteuer zugunsten der AHV von acht auf 8,3 Prozent anheben. Die Lohnbeiträge an die Renten-, Invaliden- und Erwerbsersatzkassen sollten von 10,25 auf 10,55 Prozent steigen. Diesen Beitrag finanzieren Arbeitgeber und -nehmer je zur Hälfte.

Die größte Partei, die rechtskonservative Volkspartei (SVP), hatte die Reform als "teures Linksprojekt" abgelehnt. Auch die drittgrößte Partei, die liberale FDP, war dagegen. Das Parlament hatte die Reform im Frühjahr aber knapp gutgeheißen. Der SVP ging die Reform nicht weit genug. Vor allem wetterte sie gegen Pläne, die Basispension bei maximaler Beitragszeit um 70 Franken zu erhöhen. Dadurch werde die bessere Finanzierung wieder zunichtegemacht.

Die Rentenkasse in der Schweiz ist wie in allen europäischen Ländern unter Druck, weil bald die geburtenstarken Jahrgänge in Pension gehen, weil die Menschen länger leben und weil die Zinsen seit Jahren niedrig sind.

Die Schweiz sei vergleichsweise in einer komfortablen Position, sagte Martin Eling, Professor für Versicherungsmanagement in St. Gallen. Er nennt die seit 1985 bestehende zweite Schweizer Pensionssäule mit je 50 Prozent Pflichtbeiträgen von Arbeitgebern und -nehmern (Eling: "Zwangssparen in eine zweite Säule"). Die Summe steigt mit dem Alter, zuletzt auf 18 Prozent des Lohns. Mit beiden Säulen sollen Pensionisten etwa 60 Prozent des letzten Lohnes erreichen. Schweizer bekommen keinen Arbeitgeberzuschuss zur Krankenkasse, und jedes Familienmitglied muss einzeln versichert werden.

Die AHV-Mindestpension liegt vor dem Hintergrund deutlich höherer Lebenshaltungskosten in der Schweiz als in Österreich bei maximalen Beitragsjahren bei 1.175 Franken (gut 1.000 Euro) im Monat, die Höchstpension bei 2.350 Franken (2.028 Euro). Aus der zweiten Säule kommt ein Pensionist mit mittlerem Einkommen nach einer Studie der Credit-Suisse-Bank zusätzlich auf gut 1.600 Franken (1.380 Euro).

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