Streitbarer Stadtchef

Politiker 
klagt die "Costa"-Reederei

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Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden: "Mein Zorn ist immer noch groß."

Mehr als zwei Wochen sind seit dem Schiffsunglück der Costa Concordia vergangen. Doch spricht man mit dem Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ), der das Unglück mit mittlerweile 17 Toten als Passagier miterlebt hat, merkt man ihm die Emotion sofort an. „Mein Zorn ist noch immer groß.“ Daher hat er keine Sekunde daran gedacht, das Angebot der Eignerfirma Carnival von 14.000 Euro Entschädigung anzunehmen. „Damit wäre auch der Verzicht auf alle Rechtsmittel verbunden gewesen“, sagt er.

Der Moment, als die Überlebenden fliehen

Prozess
Für Schaden ist klar: Das Schiffsunglück muss vor Gericht aufgearbeitet werden. „Es geht um zwei Punkte, die uns so beschäftigen“, sagt er aus der Sicht der Überlebenden: „Warum ist das Schiff mit vollem Karacho auf die ­Felsen zugesteuert?“

Und: „Dann hat man die mehr als 4.000 Passagiere sich selbst überlassen.“ Zu diesen Themen will Schaden vor einem Gericht zumindest als Zeuge aussagen können. Dabei geht es ihm auch darum, seinen Status als Bürgermeister der weltweit bekannten Mozartstadt im positiven Sinne zu nutzen: „Ich könnte für Hunderte sprechen.“

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Schweres menschliches Versagen seitens des Kapitäns könnte nach Angaben des Eigners der "Costa Concordia" zur Havarie des Kreuzfahrtschiffes geführt haben.

"Es scheint, dass der Kommandant Beurteilungsfehler gemacht hat, die schwerste Folgen gehabt haben", teilte die in Genua ansässige Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere mit.

Sie ging damit auf Distanz zu Kapitän Francesco Schettino, der das Schiff mit mehr als 4.200 Menschen an Bord am Freitagabend zu dicht an die Insel Giglio vor der toskanischen Küste gesteuert haben soll, wo es auf einen Felsen lief und leckschlug.

Bergungsmannschaften setzten unterdessen am Montag in der Früh die Suche nach den noch vermissten Passagieren und Besatzungsmitgliedern fort.

Mehr als zwei Tage nach dem Kentern des Schiffes wurden immer noch 15 Menschen vermisst.

Unterdessen wurde auch mit den Vorbereitungen für ein Leerpumpen der Öltanks der "Costa Concordia" begonnen.

Die niederländische Bergungsfirma Smit sei vom Eigner und dem Versicherer des Kreuzfahrtschiffs mit den Pumparbeiten beauftragt worden.

Der Kapitän sitzt seit Samstag in Untersuchungshaft.

Es sehe so aus, als seien die Entscheidungen des Kapitäns in der Notsituation nicht den üblichen Regeln von Costa Crociere gefolgt, erklärte die Reederei.

Zugleich wurde der Vorwurf einiger Passagiere zurückgewiesen, dass bei der Evakuierung in der Nacht auf Samstag nicht genügend Schwimmwesten zur Verfügung gestanden hätten. An Bord hatten sich auch 77 Österreicher befunden, die alle unverletzt davonkamen.

Dem Kapitän droht unter anderem ein Verfahren wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung. Berichten zufolge soll er das Schiff so dicht an die Insel herangesteuert haben, um Touristen im Hafen mit dem Signalhorn grüßen zu können.

Die Kreuzfahrtgesellschaft ging in ihrer Erklärung nicht weiter auf die Vorwürfe ein.

Einzelheiten zum Hergang des Unglücks erhofft man sich von der Auswertung der Blackbox des Schiffes, die ähnlich wie in Flugzeugen Kommunikation auf der Brücke und Steuerbefehle aufzeichnet.

Klagsprüfung
Schaden will nun prüfen, wo eine Erfolg versprechende Klage eingebracht wird, und sich dieser anschließen. „Ein Haufen italienischer Anwälte wittert schon ein Bombengeschäft. Die haben mir über Mittelsmänner schon Briefe zukommen lassen.“ Bevorzugen würde Schaden aber einen Gerichtsstandort in den USA, denn dort sei das Gesetz besonders verbraucherfreundlich.

Sammelklage
Am Wochenende haben sechs Passagiere der Costa Concordia aus Florida, New York und Italien angekündigt, in Miami eine Klage gegen die Eignerfirma Carnival über 460 Millionen Dollar einbringen zu wollen. Bereits am Freitag war auch in den USA eine Sammelklage im Namen aller Passagiere und Crew-Mitglieder über 123.000 Euro pro Person eingebracht worden.

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