Zusammenarbeit mit DUP offen

Premierministerin May hält an Ministern fest

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Hochrangige Konservative stellten Mays politische Zukunft infrage.

Die britische Premierministerin Theresa May hält nach dem Wahldebakel weitgehend an ihrem bisherigen Kabinett fest. Die 60-Jährige bestätigte am Sonntag die meisten ihrer bisherigen Minister im Amt. Außenminister Boris Johnson stellte sich hinter die Premierministerin.

"Theresa May ist mit Abstand die beste Person, die den Brexit liefern kann", sagte er Sky News. Doch auf eine sichere Mehrheit im Parlament kann May noch nicht einigen, die Verhandlungen mit den nordirischen Unionisten über eine Minderheitsregierung haben bisher kein Ergebnis erzielt. Nachdem ihr Büro am Samstagabend bereits eine Grundsatzeinigung mit der nordirischen Unionistenpartei DUP verkündete, dementierte diese nur Stunden später und sprach nur von positiven Gesprächen. Die Gespräche über die Tolerierung einer May-Regierung sollten in der neuen Woche fortgesetzt werden.

Rivalen in Regierung geholt

Die angeschlagene britische Premierministerin Theresa May hat ihren früheren Rivalen Michael Gove in die Regierung geholt. Der Brexit-Vorkämpfer zeigte sich am Sonntagabend im TV-Sender Sky News "ziemlich überrascht" über seine Berufung zum Umwelt- und Agrarminister. "Das habe ich wirklich nicht erwartet", sagte er. "Ich freue mich, Theresa unterstützen zu dürfen."

Gove hatte sich nach dem Brexit-Votum um den Vorsitz der regierenden Konservativen beworben, war aber May unterlegen. Er war als Justizminister der Wortführer der Brexit-Gegner im Kabinett von Premierminister David Cameron, der sich für einen Verbleib des Vereinigten Königreichs in der Europäischen Union stark machte. Gove leistete somit einen wesentlichen Beitrag dazu, dass sich die EU-Austrittsbefürworter beim Referendum im Juni 2016 durchsetzten. May war damals Innenministerin und hielt sich in der Brexit-Frage bedeckt.

Als Cameron nach dem verlorenen Referendum zurücktrat, warf Gove überraschend seinen Hut in den Ring und machte damit die Chancen des favorisierten Londoner Ex-Bürgermeisters Boris Johnson zunichte. Im innerparteilichen Ringen zwischen Brexit-Gegnern und -Befürwortern setzte sich dann aber May als Kompromisskandidatin durch. Zur Überraschung vieler Beobachter setzte die neue Premierministerin dann aber auf einen harten Brexit-Kurs.

Beobachter sehen die Berufung Goves als Versuch der Regierungschefin, den potenziellen Anführer einer innerparteilichen Rebellion an sich zu binden. May hatte drei Jahre vor dem Ende der Legislaturperiode vorgezogene Parlamentswahlen angesetzt, um sich ein stärkeres Mandat in den Brexit-Verhandlungen mit der EU zu verschaffen. Stattdessen verspielte sie bei der Unterhauswahl am Donnerstag die bisherige knappe absolute Mehrheit der Tories und ist nun auf ein Bündnis mit den erzkonservativen nordirischen Unionisten (DUP) angewiesen. Führende Konservative machen kein Hehl daraus, dass sie May nach dem missglückten Wahlmanöver als Regierungschefin auf Abruf sehen.

Übergangslösung?

May wurde selbst in den eigenen Reihen nur noch als Übergangslösung beschrieben, um Stabilität vor den Brexit-Verhandlungen sicherzustellen. Ex-Finanzminister George Osborne, einer ihrer schärfsten innerparteilichen Rivalen, erklärte sie in drastischen Worten für politisch so gut wie tot. Mays beide engsten Mitarbeiter mussten unter dem Druck aus der Partei zurücktreten. Handelsminister Liam Fox rief nun seine Parteifreude dazu auf, May zu unterstützen.

Die Regierungschefin wollte sich mit der Wahl eigentlich Rückendeckung für die Brexit-Verhandlungen holen. Stattdessen verloren ihre Konservativen am Donnerstag ihre absolute Mehrheit: Ihnen fehlen acht Stimmen, die Democratic Unionist Party (DUP) verfügt über zehn Mandate. Die geplante Zusammenarbeit stößt allerdings bei vielen von Mays Parteifreunden auf Skepsis, da die Nordiren etwa bei Abtreibung und Homo-Ehe erzkonservative Positionen vertreten. Zudem könnte die Kooperation die Spannungen in Nordirland verstärken. Die Verhandlungen finden unter Zeitdruck statt, da am 19. Juni die Brexit-Gespräche beginnen sollen.

"Politisch zum Tode verurteilt"

Hochrangige Konservative stellten Mays politische Zukunft infrage. Osborne, den sie im vergangenen Jahr als Finanzminister entlassen hatte, beschrieb sie in einem Gespräch mit der BBC als politisch zum Tode verurteilt - May sei eine "dead woman walking", bei der nur unklar sei, wann sie abtreten müsse. Gleich mehrere Medien berichteten, Außenminister Johnson sei gebeten worden, May herauszufordern. Er stellte sich am Wochenende gleich mehrfach hinter die Regierungschefin. Die Abgeordnete Anna Soubry, eine Brexit-Gegnerin, erklärte ihrerseits, eine langfristige Rolle für May sei bedauerlicherweise nicht zu erkennen. Zunächst werde sie jedoch weiter im Amt bleiben müssen: "Wir brauchen Stabilität."

Soubry stellte auch Mays Pläne für die Brexit-Verhandlungen infrage. "Ich glaube nicht, dass sie im Unterhaus eine Mehrheit hat, um den Binnenmarkt zu verlassen", erklärte sie. Experten gehen davon aus, dass Mays Verhandlungspositionen bei den Gesprächen mit der EU durch die Wahl geschwächt wurde. Auch der Termin für deren Beginn wurde am Wochenende zum Teil infrage gestellt. Mays Büro teilte mit, die Premierministerin habe die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem Telefonat am Samstag zugesichert, dass die Verhandlungen über die Details des geplanten EU-Austritts in den nächsten Wochen starten könnten.

Corbyn bot sich als Alternative an

Labour-Chef Jeremy Corbyn warf May vor, jede Glaubwürdigkeit verspielt zu haben und bot sich als Alternative an. "Ich kann noch Premierminister werden", sagte er dem "Sunday Mirror". "Das ist noch nicht durch." Auch er warnte vor einer Periode der Instabilität und erklärte, es könne daher eine erneute Abstimmung notwendig werden: "Es ist gut möglich, dass im Laufe des Jahres oder Anfang nächsten Jahres eine Wahl stattfindet." Dem widersprach der einflussreiche konservative Abgeordnete Graham Brady, der sich für die Zusammenarbeit mit der DUP stark macht: "Ich kann in der britischen Bevölkerung nicht den Wunsch erkennen, den ganzen Prozess einer landesweiten Wahl noch einmal durchzumachen."

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