Warnung an Separatisten

Rajoy: 'Unterschätzt spanische Demokratie nicht'

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Tauziehen im Konflikt um Unabhängigkeitsbestrebungen in Katalonien.

Gut zwei Wochen vor dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober in Katalonien hat Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy die Separatisten vor einem Festhalten an den Abspaltungsplänen gewarnt. "Unterschätzt die Stärke der spanischen Demokratie nicht", rief er am Freitagabend bei einem Besuch in der katalanischen Hauptstadt Barcelona.

Auf einer Veranstaltung seiner konservativen Volkspartei (PP) fügte er an: "Man wird uns zu etwas zwingen, was wir nicht machen wollen." Spanischen Medien zufolge dürfte dies eine Anspielung auf den Artikel 155 der spanischen Verfassung gewesen sein. Dessen Anwendung ermöglicht es ihm, die Regionalregierung des Amtes zu entheben und Recht und Ordnung mit Polizei und Militär wieder herzustellen.

"Was Spanien sein soll, darüber entscheiden alle Spanier"

Ein Dialogangebot der Separatisten um den regionalen Regierungschef Carles Puigdemont schlug Rajoy aus: "Man gibt mir doch zwei Optionen: Referendum oder Referendum", erklärte er. Er könne ohnehin nicht über die nationale Souveränität entscheiden. Rajoy: "Was Spanien sein soll, darüber entscheiden alle Spanier."

Die Separatisten hatten zuvor König Felipe VI. zur Vermittlung in dem Konflikt aufgefordert. In ihrem Schreiben baten sie um einen "offenen Dialog ohne Vorbedingungen", damit man einen Pakt über die Abstimmung schließen könne, wie spanische Medien unter Berufung auf die Separatisten berichteten. Barcelonas linke Bürgermeisterin Ada Colau bestätigte den Brief, der auch an Rajoy geschickt worden sei.

"Politische Lösung nötig"

Im Konflikt sei "eine politische Lösung nötig", sagte Colau am Freitag im Interview des Radiosenders "Catalunya Ràdio". Die frühere Hausbesetzerin und Aktivistin gegen Zwangsräumungen betonte, Rajoy habe keine Chance, "sich dem Dialog zu verweigern".

Die Volksbefragung wurde vom Verfassungsgericht in Madrid vorige Woche auf Antrag der Zentralregierung untersagt. Mit mehreren weiteren Maßnahmen versuchen zudem Justiz und Zentralregierung, die Separatisten von den Plänen zur Loslösung von Spanien abzubringen. Am Mittwoch lud die Staatsanwaltschaft zum Beispiel mehr als 700 Bürgermeister, die die Abhaltung des Abstimmung unterstützen, als Beschuldigte zu Anhörungen vor. Die Polizei wurde angewiesen, jene Politiker festzunehmen, die der Vorladung nicht Folge leisten.

Wahlkampf eröffnet

Am Freitag teilte das Finanzministerium in Madrid mit, man übernehme ab sofort die Überweisung der Gehälter der katalanischen Beamten sowie anderer Zahlungen in den Sektoren Gesundheit, Bildung und Sozialdienste. Man werde dazu Geld aus dem 1,4-Milliarden-Euro-Fonds benutzen, der Katalonien vom Zentralstaat erhält. "Die Regierung entzieht Katalonien die Liquidität", schrieb die Zeitung "El Confidencial", während "El Diario" kommentierte, Madrid habe nun "die finanzielle Kontrolle über Katalonien".

Gegen den Widerstand der Justiz und der Zentralregierung wurde in der Nacht zum Freitag der Wahlkampf eröffnet. Puigdemont rief vor Tausenden in Tarragona: "Glaubt jemand allen Ernstes, dass wir am 1. Oktober nicht abstimmen werden?" Daraufhin skandierten die Menschen: "Wir werden abstimmen, wir werden abstimmen!"

Am Montag waren Hunderttausende in Barcelona auf die Straßen gegangen, um für die Unabhängigkeit zu demonstrieren. Rajoy sagte mehrfach, er werde eine Loslösung der wirtschaftsstärksten Region Spaniens, die etwa so groß ist wie Nordrhein-Westfalen, unter keinen Umständen zulassen. In Umfragen schwankt der Anteil der Befürworter einer Abspaltung in Katalonien zwischen 40 und gut 50 Prozent.

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