Heikle Reise

Kurz auf Geheim-Mission im Irak

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Österreichs Außenminister ist in Bagdad. Besuch in Camp auf dem Programm.

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) ist am heutigen Sonntag zu einem Besuch im Irak eingetroffen, um sich über den Kampf gegen die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) zu informieren. Kurz landete am Sonntagvormittag in Bagdad, wo Treffen mit der Staatsspitze geplant waren. Am Abend wollte er ins nordirakische Erbil weiterreisen, um unter anderem ein Flüchtlingslager zu besuchen.

Geheim-Reise
Kurz sagte zum Auftakt des aus Sicherheitsgründen nicht öffentlich angekündigten Besuchs, dass er sich ein Bild vom Kampf gegen den IS machen und das österreichische Engagement unterstreichen wolle. Österreich habe sich "bewusst" der Anti-IS-Allianz angeschlossen, "weil es in der Frage des IS-Terrors keinen Platz dafür gibt, keine Meinung zu haben". Als neutrales Land könne man sich nicht militärisch beteiligen, aber politisch und durch humanitäre Hilfe. "Jede Verbesserung (im Irak) hat unmittelbar positive Auswirkungen auf unsere Situation zuhause", betonte Kurz mit Blick auf das Terror- und Flüchtlingsproblem.

Sebastian Kurz reist in den Irak FOTOS



Konkret will die EU mit einer eigenen Polizeimission bei der Stärkung der irakischen Sicherheitskräfte helfen. Die irakische Seite habe sich interessiert an diesem Angebot gezeigt, verlautete nach den Gesprächen aus Diplomatenkreisen. In Erbil will Kurz, der seine Reise zuvor mit der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini abgestimmt hat, die Eröffnung eines eigenen EU-Büros erörtern. Begleitet wird der Außenminister vom Vorsitzenden des außenpolitischen Ausschusses im Europaparlament, dem deutschen Christdemokraten Elmar Brok.

ÖSTERREICH-Reporterin Isabelle Daniel begleitet Sebastian Kurz auf der heiklen Reise:



Empfang
Kurz wurde am Sonntagvormittag in Bagdad von Staatspräsident Fuad Masoum und Außenminister Ibrahim al-Jaafari empfangen. Nach ihrem Gespräch wollten die beiden Chefdiplomaten am frühen Sonntagnachmittag vor die Presse treten. Abschluss der nur gut sechsstündigen Visite in Bagdad sollte ein Gespräch mit dem sunnitischen Parlamentspräsidenten Salim al-Jaburi sein.

Österreich gehört zusammen mit rund 60 Staaten der internationalen Anti-IS-Allianz an und engagiert sich mit humanitärer Hilfe. Mit im Gepäck hat der Außenminister daher weitere 1,25 Millionen Euro an Hilfsgeldern für den Nordirak, mit denen das UNO-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR und das Rote Kreuz (IFRC bzw. IKRK) Hilfsgüter für insgesamt 190.000 Menschen anschaffen können.

Sicherheit
Die Visite findet unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen statt. Zwar konnte die Zentralregierung mit Unterstützung der internationalen Luftangriffe gegen IS-Stellungen wieder Tritt fassen, doch ist die Lage immer noch äußerst instabil. Erst am Freitag starben bei einem Doppelanschlag in Bagdad mehr als 40 Menschen, die Fluglinie Emirates stellte nach dem Beschuss eines Passagierjets alle Flüge nach Bagdad ein. Die IS-Hochburg Falluja liegt nur eine Autostunde westlich von Bagdad.

Etwas sicherer ist die Lage in der kurdischen Autonomieregion im Nordirak, wohin sich infolge des IS-Vormarsches Hunderttausende Menschen geflüchtet haben. Am morgigen Montag wollte der Außenminister ein Flüchtlingslager im Nordirak besuchen und mit Yeziden-Vertretern sowie dem chaldäisch-katholischen Bischof von Erbil, Bashar Warda, sprechen. Außerdem standen Treffen mit dem kurdischen Präsidenten Masoud Barzani und dem "Außenminister" der Region, Mustafa Bakir Falah, auf dem Programm.

Treffen
Bereits für Sonntagabend war ein Treffen mit Premierminister Nechirvan Barzani und Auslandsösterreichern geplant. Im Nordirak sind zahlreiche österreichische Unternehmen, darunter die OMV, aktiv. Die Kurdenregion, die schon seit Anfang der 1990er-Jahre eine international garantierte Autonomie hat, gilt als Stabilitätsanker im Irak. Zwölf Jahre nach dem Sturz des Langzeit-Diktators Saddam Hussein und drei Jahre nach dem Abzug der US-Truppen versinkt das Land im Chaos religiös begründeter Gewalt. Die Benachteiligung der sunnitischen Minderheit durch die schiitische Zentralregierung in Bagdad hat maßgeblich zum Aufstieg der Extremistenmiliz IS beigetragen, die bedeutende Teile des Irak und Syriens kontrolliert.

 

Panne: Dolmetscher musste sich korrigieren, nachdem er Kurz als "Außenminister Deutschlands" vorstellte:

 


 

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