Zwei mögliche Szenarien

Anschläge auf Gas-Pipelines: Platzierten Taucher den Sprengstoff?

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Experten diskutieren zwei mögliche Szenarien des Pipeline-Anschlags 

Die Europäische Union hält Sabotage als Ursache für die Lecks an den Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 für wahrscheinlich und droht mit Gegenmaßnahmen. "Alle verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass diese Lecks das Ergebnis einer vorsätzlichen Handlung sind", erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Mittwoch im Namen der 27 Mitgliedstaaten. Jede vorsätzliche Störung der europäischen Energieinfrastruktur werde mit einer "robusten Reaktion beantwortet".

Insgesamt drei Lecks waren - nach einem ersten Druckabfall in der Nacht auf Montag - sowohl in einer der Röhren von Nord Stream 2 wie auch in beiden Röhren der Nord-Stream-1-Pipeline entdeckt worden. Bereits am Dienstag war in Polen, Schweden, Dänemark und Russland ein Anschlag auf die europäische Gasinfrastruktur als Ursache für die als beispiellos geltenden Schäden an beiden Pipelines als für denkbar gehalten worden. Auch aus Sicht deutscher Sicherheitskreise sprach vieles für Sabotage. Sollte es sich um einen Anschlag handeln, würde angesichts des Aufwands nur ein staatlicher Akteur infrage kommen, hieß es.

Zwei mögliche Szenarien

Anders Puck Nielsen, Forscher des Royal Danish Defense College in Kopenhagen, glaubt, dass Kampftaucher Sprengstoff an den Pipelines platziert haben. „Technisch gesehen ist das nicht schwierig. Es erfordert nur ein Boot und einige Taucher“, so der Experte zur Sun. Ein U-Bott wäre für solche einen Einsatz allerdings ungeeignet. Da die Ostsee an den Stellen nicht tief genug sind, wären sie leicht zu entdecken gewesen. Wahrscheinlicher wäre es daher, dass die Sprengsätze von einem getarnten Handelsschiff aus platziert wurden.

Die zweite Möglichkeit betrifft Drohnen. „Solche Drohnen werden ferngesteuert. Sie steigen ab und orten ganz genau, wo sich die Leitungen befinden“, so Kenneth Øhlenschlæger Buhl vom Department of Strategy and War Science an der Norwegian Defence Academy. Auch hier wäre es denkbar, dass das explosive Material schon vor Tagen oder sogar Wochen platziert wurde.

Erheblicher Druckabfall 

Die Nord Stream AG, die Nord Stream 1 betreibt, teilte am Abend mit, der erhebliche Druckabfall durch das Gasleck an beiden Strängen führe zu der "starken Vermutung, dass die Pipeline physisch beschädigt" worden sei. Es würden alle notwendigen Ressourcen mobilisiert, um die Schäden in Zusammenarbeit mit den zuständigen lokalen Behörden zu bewerten. Derzeit sei es nicht möglich, einen Zeitrahmen für die Wiederherstellung der Infrastruktur abzuschätzen.

Die Verunsicherung war auch an den Energiemärkten zu spüren. Der Preis für europäisches Erdgas ist deutlich gestiegen und hat die Marke von 200 Euro überschritten. Am späten Dienstagnachmittag stieg der Terminkontrakt TTF für niederländisches Erdgas bis auf rund 207 Euro je Megawattstunde. Das waren etwa 19 Prozent mehr als am Vortag.

Deutsche und dänische Behörden wiesen darauf hin, dass die Vorfälle keine Auswirkung auf die Gasversorgung hätten, da die Leitungen zuletzt nicht für den Gasimport benutzt worden seien. Während über Nord Stream 1 bis vor einigen Wochen noch Gas aus Russland nach Deutschland geflossen war - wenn auch mit gedrosselter Kapazität -, war die Genehmigung für Nord Stream 2 kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine von der Bundesregierung auf Eis gelegt worden. Danach hatte sie wegen des Krieges eine Nutzung ausgeschlossen. Die Bundesnetzagentur verwies darauf, dass die Befüllung der Gasspeicher kontinuierlich weiter gehe. "Die Ereignisse ändern die Versorgungssituation nicht", sagte ein Sprecher.
 
  
 

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