So lief Bin Ladens Tötung ab

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Das Bild vom Ablauf der Tötung des Terror-Chefs verdichtet sich.

Nachdem die US-Regierung die offizielle Version zu den Todesumständen von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden mehrfach korrigieren musste, schweigt das Weiße Haus vorerst zum Ablauf der Kommandoaktion in der pakistanischen Stadt Abbottabad. Doch aus Regierungsquellen in Washington und US-Medien ergibt sich knapp eine Woche nach dem Militäreinsatz folgendes Bild:

Seals kommen mit Tarnkappen-Helis
Im Schutz der Dunkelheit bringen mehrere Hubschrauber in der Nacht auf Montag 79 Elitesoldaten und einen Armeehund zu dem Anwesen in Abbottabad, in dem sich der meistgesuchte Terrorist der Welt versteckt. Die Helikopter fliegen tief, um nicht vom Radar der Pakistaner aufgespürt zu werden, die nicht über die Aktion informiert wurden. Offenbar sind auch neuartige Tarnkappen-Hubschrauber im Einsatz - zumindest deuten Experten zufolge später Trümmerteile eines bei der Aktion zerstörten Helikopters darauf hin.

Bruchlandung und Schusswechsel
Zwei Hubschrauber mit zwei Dutzend Soldaten der Elitetruppe Navy Seals an Bord setzen direkt auf dem Gelände von Bin Ladens Anwesen auf, das durch meterhohe Mauern und Stacheldraht von der Außenwelt abgeschirmt ist. Einer der beiden Helikopter legt dabei wegen technischer Probleme eine Bruchlandung hin. Eine erste Gruppe des Sonderkommandos rückt auf ein kleineres Gästehaus vor und wird von einem Kurier Bin Ladens beschossen. Die Soldaten feuern zurück und töten den Kurier und seine Frau.

Sohn auf der Treppe erschossen

Die anderen Kommandosoldaten stürmen das Haupthaus und durchkämmen es systematisch. Im Treppenhaus erschießen sie laut dem Nachrichtensender MSNBC den Bruder des Kuriers, der die Hand verdächtig hinter dem Rücken hält - sich aber als unbewaffnet herausstellt. Auch ein Sohn Bin Ladens wird nach US-Medienberichten erschossen, als er die Treppe hinunter auf die Soldaten zurennt. Auch er soll nicht bewaffnet gewesen sein.

Waffen in Bin Ladens Zimmer
Im obersten Stockwerk stoßen die Navy Seals schließlich auf Bin Laden selbst, im Zimmer sollen eine Kalaschnikow und eine Pistole gelegen sein. Bin Laden greift angeblich nach einer Waffe, während seine Ehefrau auf die Soldaten zustürmt. Die Einheit schießt dem Al-Kaida-Chef in den Kopf, laut einigen Berichten auch in die Brust. Seine Frau wird durch einen Beinschuss verletzt. Erste Angaben, wonach Bin Laden bewaffnet war und seine Frau als menschliches Schutzschild missbraucht hat, zieht das Weiße Haus wieder zurück.

"Wir haben ihn"
Mit Hilfe von Fotos wird Bin Laden, dem die CIA den Codenamen "Geronimo" gegeben hat, vorläufig identifiziert. US-Präsident Barack Obama, der die Kommandoaktion vom Weißen Haus aus in Echtzeit verfolgt, erhält die Nachricht "Geronimo EKIA" - Geronimo als Feind im Gefecht getötet. Der "New York Times" zufolge sagt Obama anschließend in die Stille hinein: "Wir haben ihn."

Wenig Widerstand
Während das Weiße Haus in seinen ersten Darstellungen den Eindruck eines längeren Feuergefechts erweckt, haben die Seals Bin Ladens Unterschlupf offenbar fast ohne Widerstand eingenommen. Die Soldaten setzen mehrere Frauen und Kinder fest und durchsuchen das Anwesen. Dabei finden sie neben Waffen und Ausrüstung einen wahren Datenschatz: Fünf Computer, zehn Festplatten und mehr als einhundert Speichermedien wie USB-Sticks oder Disketten, von denen sich die Geheimdienste wichtige Informationen für den nächsten Schlag gegen Al Kaida versprechen.

Hubschrauber zerstört

Bevor die Elitesoldaten nach 38 Minuten mit der Leiche Bin Ladens wieder in die Nacht entschwinden, zerstören sie den ausgefallenen Hubschrauber. Als alarmierte pakistanische Kampfflugzeuge kurz darauf in Abbottabad eintreffen, sind die Navy Seals bereits verschwunden. Um 23.35 Uhr Ortszeit am Sonntagabend tritt Obama in Washington vor die Kameras und erklärt den Staatsfeind Nummer eins für tot. Vor dem Weißen Haus in Washington und am Times Square in New York versammeln sich jubelnde US-Bürger.

Bin Ladens Leiche, inzwischen per DNA-Test zu 99,9 Prozent identifiziert, wird auf den Flugzeugträger USS Carl Vinson gebracht, der im Indischen Ozean kreuzt. Nach einer islamischen Zeremonie lassen die Soldaten den toten Terroristen ins Meer gleiten.
 

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