Frauenrechts-Gruppen in der Türkei laufen gegen ein neu geplantes, umstrittenes Gesetz Sturm.
Türkei. In den nächsten Tagen wird im türkischen Parlament ein umstrittenes Gesetz diskutiert, das für massiven Widerstand sorgt - demnach sollen Vergewaltiger ihrer Strafe entgehen könnten, wenn sie ihr minderjähriges Opfer heiraten, wie "Independent" berichtet. Frauenrechtsorganisationen gaben der Initiative den Namen "Heirate Deinen Vergewaltiger". Viele sehen mit dem Gesetzesvorschlag einen Rückschritt in finstere Zeiten.
Die Gesetzes-Initiative sieht vor, dass Männer, die sexuellen Kontakt mit Frauen unter 18 Jahren hatten, einer gerichtlichen Strafe dadurch entgehen können, indem sie ihr Opfer heiraten. Frauenrechtsorganisationen warnen, dass damit Männer einer Verurteilung entgehen könnten, indem sie ihr Opfer zu einer Heirat "überreden" – mit welchen Mitteln auch immer.
Gravierende Auswirkungen. Experten befürchten, dass der sexuelle Missbrauch – vor allem jener an jungen Mädchen – zu weit weniger direkten Verurteilungen führen würde. Die Strafvermeidung sei zwar durch die Heirat prinzipiell nicht möglich, wenn der sexuelle Kontakt durch Gewalt oder Drohungen zustande kam, aber Kritiker der Initiative gehen davon aus, dass die Auslegung oft im Sinne der beschuldigten Männer sein könnte.
Schon 2016 hatte ein ähnlicher Vorschlag zu einem Aufruhr in der Türkei und international geführt. Das Gesetz kam daraufhin nicht zustande. Das offizielle Alter, ab dem Sex in beiderseitigem Einverständnis erfolgen darf, ist in der Türkei 18 Jahre. Schätzungen gehen aber davon aus, dass es mindestens eine halbe Millionen Frauen in der Türkei gibt, die in den vergangenen 10 Jahren schon in einem früheren Alter verheiratet wurden.