Er starb mit 81 Jahren

Kameralegende Michael Ballhaus ist tot

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Bekannt durch Kooperation mit Fassbinder oder Scorsese

Es war die sich auf einem Flügel rekelnde Michelle Pfeiffer, die von der Kamera in einer unendlichen Bewegung umkreist wird, die Michael Ballhaus 1989 endgültig zur Filmlegende werden ließ. Vor dieser Szene in "Die fabelhaften Baker Boys" hatte sich der deutsche Kameramann schon an der Seite von Rainer Werner Fassbinder einen Namen gemacht. Nun ist Ballhaus mit 81 Jahren in Berlin gestorben.

Ein Vierteljahrhundert hatte der Deutsche in Hollywood mit den wichtigsten Regisseuren, etwa Francis Ford Coppola, Robert Redford, Wolfgang Petersen und Robert De Niro zusammengearbeitet. Heraus stechen dabei jedoch jene sieben Filme, die mit seinem künstlerischen Lieblingspartner Martin Scorsese entstanden, darunter "Gangs of New York".

Vom ersten gemeinsamen Low-Budget-Film "After Hours" (1985) bis zum 100 Millionen Dollar teuren Abschiedswerk "Departed" (2006) mit Leonardo DiCaprio und Jack Nicholson entwickelte das Duo eine markante Bildsprache aus Licht und Bewegung. Scorseses Bandenepos "Gangs of New York" trug Ballhaus 2002 seine dritte Oscar-Nominierung ein - nach James L. Brooks' Komödie "Nachrichtenfieber" (1987) und Steven Kloves' Nachtclubfilm "Die fabelhaften Baker Boys" (1989). Die 360-Grad-Kamerafahrt - wie dort um Michelle Pfeiffer herum und zuvor schon etwa in Deutschland bei Fassbinders "Martha" praktiziert - wurde als "Ballhaus-Kreisel" zu seinem Markenzeichen.

Entdeckt hatte Ballhaus seine Leidenschaft zum Film schon als 18-Jähriger. Geboren am 5. August 1935 in Berlin und in der Theaterkommune seiner Schauspielereltern in Coburg aufgewachsen, hatte er damals Max Ophüls beim Dreh für "Lola Montez" zuschauen dürfen.

Nach einem Start beim Fernsehen in Baden-Baden lernte er bald den jungen Rainer Werner Fassbinder kennen. Mit dem ebenso genialen wie exzentrischen Regisseur avancierte er in den 70er-Jahren zum Vorzeigeduo des Neuen Deutschen Films.

Fünfzehn Filme machten die beiden zusammen, darunter Meisterwerke wie "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" (1972) und "Die Ehe der Maria Braun" (1979). Nach vielen Reibereien kam es bei der Romanverfilmung "Berlin Alexanderplatz" 1980 zum Bruch - Ballhaus und seine Frau Helga hielten es mit dem "Koks-Monster", wie er schrieb, nicht mehr aus.

Seine Frau blieb auch nach dem späteren Umzug in die USA die wichtigste Begleiterin. Als sie 2006 nach fast 50 Jahren Ehe völlig unerwartet an Krebs starb, kehrte Ballhaus nach Berlin zurück. Dort kümmerte er sich nochmals intensiv um die Nachwuchsförderung. Er übernahm Lehraufträge an Filmhochschulen vor allem in Berlin und München, gründete eine Stiftung und lobte einen Preis für vielversprechende Kameraleute aus.

2011 heiratete Ballhaus schließlich die um 25 Jahre jüngere Regisseurin Sherry Hormann, für deren Natascha-Kampusch-Film "3096 Tage" er 2013 ein letztes Mal hinter die Kamera trat. Schon längere Zeit hatte der Augenmensch Ballhaus mit dem Grünen Star zu kämpfen, der ihm zunehmend die Sehfähigkeit raubte. "Der Beruf war mein Traumberuf, meine Passion", hatte sich Ballhaus 2014 anlässlich der Präsentation seiner Autobiografie "Bilder im Kopf" gegenüber der dpa dennoch humorvoll gezeigt: "Dass ich dafür auch noch Geld bekam, fand ich manchmal erstaunlich."
 

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