Lage eskaliert

Österreich-Soldaten nach Libyen?

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Unsere 180-Mann-Elitetruppe wäre in fünf Tagen einsatzbereit.

Es wäre ein historischer Einsatz: 180 österreichische Elitesoldaten (darunter zwei Frauen) der Jägerbataillons Straß (Stmk.) und Pinkafeld (Bgl.) stehen für ein mögliches Eingreifen im Krisengebiet Libyen bereit. Zusammen mit Soldaten aus Deutschland, Finnland, Holland und Litauen bilden sie die „Battle Group“ der Europäischen Union, eine Art „Krisenfeuerwehr“. Der Einsatz in Nordafrika wäre die Premiere der EU-Truppe seit der Gründung 2004.

Breites Aufgabenspektrum
Die Österreicher unter dem Kommando von Major An­dreas Loschek können binnen fünf Tagen aufbrechen. „Es handelt sich um eine gepanzerte Infanterie-Kompanie, die auch Spezialisten für Führungsaufgaben, Logistik und ärztliche Versorgung umfasst“, sagt Oberst Michael Bauer vom Bundesheer. Das Aufgabenspektrum wäre vielseitig: Von der Sicherung der Grenzen zu Tunesien und Ägypten über den Schutz von Flughäfen bis zur Unterstützung bei Rettungsaktionen für EU-Bürger.

Grünes Licht der EU nötig
Freilich: Der Einsatz der EU-„Battle Group“ ist noch nicht fixiert. „Die Alarmierung der österreichischen Kräfte hängt von der Einigung der Europäischen Union und einem UN-Mandat ab“, heißt es. Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) am Rande des Minister-Treffens nahe Budapest: „Es gab eine Einigung, die Hilfsleistungen für Libyen zu koordinieren. Eine militärische Aktion und der Einsatz der Österreicher sind kein Thema.“

EU-Sanktionen
Fest steht: Der internationale Druck wächst. Die EU hat Kontosperren und Reiseverbote für den Gaddafi-Clan festgelegt sowie ein Embargo für Waffen verhängt. Die NATO hat ein Krisentreffen einberufen. Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen: „Es ist eine große Krise, die Evakuierung hat Priorität.“ Aber: Diplomaten schließen eine Militäraktion nicht mehr aus.

Seite2: Botschaft floh aus Tripolis

Botschaft floh aus Tripolis

Aus Sicherheitsgründen wurde die österreichische Botschaft in Libyen verlegt.

Die Telefonleitungen sind gekappt, die Gewalt ist außer Kontrolle und Hilfe für die in Libyen verbliebenen Österreicher war auch nicht mehr möglich: Österreich hat seine Botschaft aus Tripolis abgezogen.

Westen
Von Ajdir aus, einer Grenzstadt zu Tunesien, hat ein fünfköpfiges Botschaftsteam gestern eine Gruppe von Österreichern aus Tripolis gerettet. In einem Konvoi sollen sie über einen – teils unsicheren – Landkorridor zum nächsten Hafen und dann per Schiff oder Fähre hinausgeleitet werden.

Osten
Ein zweites Team ist in der ägyptischen Grenzstadt Sallum stationiert. Von dort und von Wien aus wird die Evakuierung der 31 Österreicher, die sich noch im Osten Libyens in Firmen-camps aufhalten, auf dem Landweg nach Ägypten vorbereitet. Einige von ihnen konnten an der Grenze den zur Ausreise erforderlichen „Exit Stempel“ nicht vorweisen.

Seite 3: Vater konnte fliehen: "Mein Sohn sitzt noch fest"

Vater konnte fliehen: "Mein Sohn sitzt noch in Öl-Camp fest"

Markus Isopp (34) und sein Vater 
Richard in Libyen.
© privat

Markus Isopp (34) und sein Vater 
Richard in Libyen - © privat

Der Kärntner Richard Isopp (60) schaffte die abenteuerliche Flucht per Schiff aus Libyen. Sein Sohn Markus (34) sitzt noch im Wüstencamp fest.

Richard Isopp aus Straßburg in Kärnten hat es geschafft – nach sechs Tagen abenteuerlicher Flucht per Schiff von Libyen nach Kreta landete er am Freitagabend wieder in Österreich: „Jetzt müssen nur noch mein Sohn Markus und seine beiden Kollegen raus, doch das wird schwierig – sie sitzen im Camp in Jalo, 350 km südlich von Benghazi, mitten in der Wüste.“

Richard Isopp war vier Jahre in Libyen, seine Baufirma Strabag errichtete die Autobahn entlang der Mittelmeerküste von Ben­ghazi bis zur Hauptstadt Tripolis: „Wir sind mit unserem Auftrag gerade fertig geworden“, sagt er, „als der Aufstand begann.“

ÖSTERREICH: Sie kamen nicht mehr dazu, rechtzeitig zu fliehen ...
Richard Isopp: Wir konnten nur noch die Asphaltmischmaschine in Container verpacken, als es losging. Von einem Tag zum anderen herrschte völlige Anarchie. Bewaffnete Jugendliche stürmten unsere Baubüros, plünderten. Zuerst waren die Jeeps weg, dann der Rest – die Lkws, das schwere Gerät. Von Gaddafis Polizei oder Militär war nichts mehr zu sehen – aufgelöst. Kasernen ausgebrannt, Polizeistationen abgefackelt. Nie hätte ich geglaubt, dass das System so schnell kippt. Die haben schlicht nicht damit gerechnet.

ÖSTERREICH: Nun flüchteten Sie per Schiff?
Isopp: Zuerst sollten wir ausgeflogen werden. Doch vor mir waren 2.000 Türken. Dann stellten sie die Flüge ein. Auch alle Schiffe waren voll. Fünf Tage schlief ich in einem unserer Baucontainer, libysche Freunde haben mich versorgt. Das Handy war tot, kein Akku. Donnerstagabend ergatterte ich dann einen Platz auf einer Fähre nach Kreta.

ÖSTERREICH: Ihr Sohn Markus ist noch in Libyen?
Isopp: Ja, er ist Bauleiter für die voestalpine, sitzt mit zwei weiteren Österreichern und 120 Gastarbeitern aus Asien im Öl-Camp Jalo fest. Sie haben Ölförderanlagen einer Firma aufgebaut. Ihr Camp ist als einziges bisher noch nicht überfallen und ausgeraubt worden. Längst gehen ihnen aber die Lebensmittel aus. Sie sollten per Flugzeug geborgen werden, das hat aber nicht funktioniert.
 

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