"Verheißt nichts Gutes"

Das sagt die Presse zum Trump-Sieg

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"Lidove noviny": US-Medien machten sich zu Geiseln Trumps.

Die internationalen Zeitungen schreiben am Mittwoch zum wahrscheinlichen Wahlsieg von Donald Trump bei der US-Präsidentschaftswahl:

"Aftonbladet" (Stockholm):

"Für die Welt und Schweden dürfte ein Sieg von Donald Trump eine dramatische Veränderung beinhalten. Seine Außenpolitik ist im Großen und Ganzen völlig unbekannt, außer dass er Gegner des Freihandels ist, skeptisch gegenüber den NATO-Verpflichtungen und den russischen Präsidenten Wladimir Putin mag. Wie er sich im Mittleren Osten, im Bezug auf China oder im Kampf gegen Terrorismus verhalten wird, können wir nur raten. (...) Er hat freie Medien angegriffen, unabhängige Richter infrage gestellt und gedroht, seine Gegenkandidatin ins Gefängnis zu werfen. Das sind Methoden, die wir mit Diktaturen und autoritären Staaten verbinden - nicht mit den USA und der westlichen Welt. Und Trumps Bewegung liegt in der Nähe von Parteien wie den Schwedendemokraten und dem europäischen Rechtspopulismus. Das verheißt nichts Gutes."

"Expressen" (Stockholm):

"Es ist wahr, dass Donald Trump unwissend, unberechenbar und ein Mobber ist. Für seine Wähler ist es aber nicht 'wahr für sie und falsch für andere' (...). Stattdessen wenden sie eine bekannte Taktik an, die wir Menschen benutzen, wenn die Fakten auf dem Tisch in eine andere Richtung deuten als die, zu der wir uns hingezogen fühlen: Leugnen und Herausreden. Vielleicht haben wir uns von einem politischen Klima, das auf Vernunft basiert, zu einem hinbewegt, das auf Gefühlen basiert."

"Svenska Dagbladet" (Stockholm):

"Wenige politisch Interessierte in Schweden müssen lange nachdenken, bevor sie die Parallele zwischen Trump und SD (rechtspopulistische Partei Schwedendemokraten) sehen, einer Partei, deren führende Mitglieder sich beispiellos schlecht aufgeführt haben und deren Ausflüchte die Sache nur noch schlimmer gemacht haben. Aber sowohl Trump als auch (SD-Chef) Jimmie Åkesson haben ihre Hausaufgaben gemacht und das gedeutet, was viele fühlen und denken. Es geht um die Großstädte gegen die ländlichen Regionen, und darum, dass Wähler das politische Establishment satthaben, das Eliten in den Großstädten repräsentieren."

"Hospodarske noviny" (Prag):

"Das auffälligste Merkmal der zurückliegenden amerikanischen Wahlkampagne war die schwer verständliche gegenseitige Intoleranz, wenn nicht gar der Hass, zwischen beiden Lagern. Dies spiegelt eine tiefe Zerrissenheit der Gesellschaft, die lange von der Vorstellung des amerikanischen Traums zusammengehalten worden war. Viele Wähler, ob nun demokratische oder republikanische, eint heute das unangenehme Gefühl, dass man schon schlafen muss, um an den amerikanischen Traum zu glauben, wie es der Komiker George Carlin gesagt hat. (...) Wenn Donald Trump zum Sinnbild der diesjährigen Kampagne geworden ist, muss man in Erinnerung behalten, dass er nicht die Ursache, sondern ein Symptom der Probleme der amerikanischen Gesellschaft ist."

"Lidove noviny" (Prag):

"Wenn man unabhängige und sachlich informierende Medien zu den Grundpfeilern einer Demokratie zählt, dann wirft die zurückliegende US-Wahlkampagne ernste Fragen auf. In Russland folgen die Medien politischen Aufträgen und unterliegen Druck und Zensur. Die meistgesehenen US-Nachrichtensender Fox News und CNN haben sich indes ganz freiwillig zu Geiseln Donald Trumps gemacht. Dessen Show zog bei den Zuschauern, die Gewinne gingen nach oben, die übrigen Kandidaten aber unter. Damit es keine Missverständnisse gibt: Im Unterschied zu Russland haben die USA eine funktionieren Demokratie, die auf der Freiheit des Einzelnen beruht, in ihre DNA geschrieben. Das haben auch die Schlangen vor den Wahllokalen unterstrichen. Doch ihr demokratisches Modell, das vor einem Vierteljahrhundert als 'Ende der Geschichte' gerühmt wurde, steht heute mehr denn je unter Druck."

"Le Figaro" (Paris):

"Amerika ähnelt an diesem Morgen einer dieser Schwerverwundeten, denen man den Schlamm abwaschen muss, um ihre Wunden zu entdecken und sie endlich zu versorgen. Der Zusammenstoß war heftig, die Schäden sind immens. Zwei Länder sind aufeinandergeprallt, ohne dass irgendjemand über lange Zeit den Unfall hätte kommen sehen. Die erste Aufgabe des neuen Bewohners des Weißen Hauses wird es sein, zu versuchen, sie wiederzuvereinigen. (...) Neben Gewalt und Schlamm wird von diesem amerikanischen Wahlkampf das Bild eines großen Scheiterns bleiben. Politiker, Medien, Analysten haben den Bulldozer Trump nicht kommen sehen und sich bereitwillig an die Karikatur gehalten. Oder eher: Sie haben das wütende Volk nicht wahrgenommen, das auf seiner breiten Spur marschierte. (...) Das Jahrmarkt-Phänomen hat das Gesellschaftsphänomen verdeckt."

"Times" (London):

"Trump war stark angeschlagen durch sein Benehmen, doch der Schaden wäre viel größer gewesen, wenn die Menschen seiner Gegnerin vertraut hätten. Weil Donald Trumps Mängel so groß sind, haben europäische Beobachter unterschätzt, wie viele Amerikaner der Ansicht sind, dass Hillary Clintons Mängel mindestens ebenso groß sind. Das mag für viele auf dieser Seite des Atlantik eine außerordentliche Einschätzung sein. Doch wenn man dies nicht begreift, ist es unmöglich, die US-Wahl von 2016 zu verstehen."

"Iswestija" (Moskau):

"Nicht nur für die Demokraten, sondern auch für einen Teil der republikanischen Führung galt ein Präsident Trump als die schlechtere Variante. Denn er fürchtet sich nicht, gegen das etablierte System anzugehen, und er sagt, was er denkt, und nicht das, was konform ist. Aus genau diesem Grund haben in diesem Wahlkampf nicht nur die Anhänger Clintons gegen ihn gearbeitet."

"Gazeta Wyborcza" (Warschau):

"Donald Trump muss der Welt als Präsident der Vereinigten Staaten keine apokalyptische Katastrophe bringen. Aber leider bedeutet seine Wahl für die Welt, wie wir sie heute kennen, radikale Veränderungen zum Schlechten. Ein weiterer Stein fällt aus der Mauer der westlichen Stabilität.(...) Wir wissen nicht, was für ein Präsident Trump sein wird, aber seine bisherigen Aussagen aus der Wahlkampagne können uns nicht optimistisch stimmen."

 

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