Chirurg wird geklagt

Deutsche wachte nach OP als Mann auf

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Bei der OP entfernte der Chirurg der Frau intakte Eierstöcke und Gebärmutter. Nach jahrelangem Leben als Zwitter klagt sie nun.

Nach einem jahrelangen Leidensweg als Zwitter und einem unfreiwilligen Leben als Mann hat eine Krankenpflegerin einen Chirurgen in Köln geklagt. In dem deutschlandweit beispiellosen Fall verlangt die 48 Jahre alte Klägerin 100.000 Euro Schmerzensgeld, da der Arzt ihr vor 30 Jahren intakte Eierstöcke und Gebärmutter ohne vorherige Aufklärung entfernt habe. Das warf die Frau dem ehemaligen Mediziner einer Kölner Klinik am Mittwoch zu Beginn des Zivilprozesses vor dem Kölner Landgericht vor. Das Gericht sprach von einem besonders schwierigen und problematischen Fall.

Erste Fehler bei der Geburt gemacht
Rechtsanwalt Georg Groth sagte, der beklagte Chirurg sei nicht der allein Verantwortliche für das Schicksal seiner Mandantin. Von Geburt an habe es eine Reihe von medizinischen Fehlern gegeben, doch der Chirurg habe das "gefährliche OP-Besteck geführt". Zudem könne wegen der Verjährungsfristen nur noch der Arzt belangt werden, der den Eingriff im Jahr 1977 vorgenommen hatte.

Seit Jahren ein Zwitter
Die intersexuelle Klägerin selbst - sie nennt sich Christiane und fühlt sich "eher weiblich" - sagte der dpa vor Prozessbeginn, ihre medizinische Behandlung durch mehrere Ärzte sei eine "einzige Katastrophe" gewesen. Man habe "Pfusch ohne Ende" an ihr begangen.

Als Bub großgezogen
Die Klägerin war bei ihrer Geburt wegen nicht eindeutiger äußerer Geschlechtsorgane fälschlicherweise als Bub vermerkt worden. Eine vergrößerte Klitoris wurde als Penis angesehen. Das Kind wurde von den Eltern als Bub groß gezogen, der in der Pubertät auch männliche Entwicklungen wie Bartwuchs zeigte. Er hatte aber viele gesundheitliche Probleme und hörte schon mit 14 Jahren auf zu wachsen. Erst mit 17 Jahren wurde bei einer Blinddarm-OP entdeckt, dass "Thomas" über Gebärmutter und Eierstöcke verfügte. Ein Jahr später kam es zu der folgenschweren OP in Köln.

OP-Abbruch bei Geschlechtsfeststellung erfolgte nicht
Nach Ansicht der Klägerin hätte der Chirurg die OP sofort abbrechen müssen, als er bemerkte, dass die inneren weiblichen Geschlechtsorgane voll entwickelt und intakt waren. Mit dem Eingriff sei sie biologisch unumkehrbar zum Mann gemacht worden. Der Anwalt des Beklagten, der nicht zum Prozess erschienen war, bestritt ein Fehlverhalten und betonte die Verantwortung der behandelnden Internisten. Der Vorsitzende Richter Dietmar Reiprich sagte, es handle sich um einen problematischen Fall, der lange zurückliege und für dessen Rekonstruktion viele Akten fehlten, vor allem der wichtige OP-Bericht.

Mediziner verschwieg, dass Patientin eindeutig weiblich sei
Eine Unaufklärbarkeit des damaligen Sachverhalts könne möglicherweise zulasten der Klägerin gehen, sagte der Richter in einer ersten Einschätzung. Der Fall werde auch dadurch erschwert, dass nicht die Stadt Köln als Trägerin der Klinik verklagt wurde, sondern nur der einzelne Mediziner, was bei der Zuordnung von Verantwortlichkeiten problematisch sein könne. Es müsse geklärt werden, ob die damals 18-Jährige ausreichend aufgeklärt und über Alternativen zur OP informiert worden sei. Fest stehe aber, dass der Klägerin damals "bewusst verschwiegen worden" war, dass sie vom Chromosomensatz her eindeutig weiblich sei.

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