Ankara

126.500 Menschen bei Demo gegen Kopftuch-Gesetz

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In Ankara haben am Samstag über 100.000 Menschen gegen die geplante Aufhebung des Kopftuchverbots an türkischen Hochschulen protestiert.

Das geplante Gesetz verstößt nach Ansicht der Demonstranten gegen das laizistische Grundprinzip der Republik. Die Regierungspartei AKP hatte am Freitag im Parlament einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der das Tragen von Kopftüchern an Hochschulen wieder erlaubt. Der türkische Außenminister Ali Babacan bezeichnete die Gesetzesreform am Samstag als notwendig im Hinblick auf einen EU-Beitritt seines Landes. Das Parlament soll in der kommenden Woche über den Text abstimmen.

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Massenproteste in Ankara
© AP

(c)AP

126.500 Menschen auf der Straße
Die Demonstranten trafen sich am Samstag vor dem Mausoleum des Staatsgründers Kemal Atatürk, schwenkten die rote Nationalflagge der Türkei und forderten den Rücktritt der Regierung. "Die Türkei ist und bleibt säkular", skandierten die Demonstranten. Das Militär, das die Grabstätte bewacht, zählte 126.500 Menschen, die zeitweise die Gedenkstätte betraten. Rund 35 Organisationen hatten zur Protestkundgebung aufgerufen, darunter mehrere Frauenorganisationen. Auch das Militär, dass sich traditionell als Hüter der Trennung von Staat und Religion versteht, hat bereits Protest gegen den Gesetzesentwurf eingelegt. Hochschulrektoren fürchten Chaos und Zusammenstöße an ihren Universitäten, sollte das Kopftuchverbot fallen.

Abschaffung des Kopftuchverbots
Das Gesetz, dass die AKP am Freitag im Parlament vorstellte, sieht die Abschaffung des strikten Kopftuchverbots an türkischen Universitäten vor. Demnach darf künftig das traditionelle türkische Kopftuch, das unter dem Kinn geknotet wird, an den Hochschulen getragen werden. Ganzkörperverschleierungen sollen aber verboten bleiben.

Gleichheitsprinzip
Die AKP und die nationalistische Oppositionspartei MHP wollen dafür die Artikel 10 und 42 der türkischen Verfassung ändern, in denen das Gleichheitsprinzip und das Recht auf Bildung behandelt wird. Die Verfassungsänderungen sollen klarstellen, dass niemand aufgrund seiner Kleidung von der Hochschulbildung ausgeschlossen werden darf. Die AKP und die MHP verfügen im Parlament über die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit, um die Gesetzesreform durchzusetzen.

Außenminister für Gesetzesreform
Der türkische Außenminister Ali Babacan warb am Samstag mit Blick auf einen möglichen EU-Beitritt seines Landes für die Gesetzesreform. "Die Türkei ist ein Land, das vorwärts gehen sollte im Bereich der Rechtssprechung und der Meinungsfreiheit", sagte Babacan vor Journalisten, wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Die Demonstrationen würden dem Ansehen der Türkei im Ausland hingegen nur schaden. Ankara hat 2005 Beitrittsverhandlungen mit der EU aufgenommen.

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