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Brexit-Insider: London hat EU schriftliche Vorschläge gemacht

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Soll Schwung in die festgefahrenen Verhandlungen bringen - Finnland setzt London Ultimatum bis Ende September, "dann ist es vorbei"

London/Brüssel. Die britische Regierung von Premier Boris Johnson hat der EU erstmals schriftliche Vorschläge vorgelegt über gewünschte Änderungen am umstrittenen Brexit-Ausstiegsvertrag. Man habe Dokumente aus London erhalten und werde auf der Basis an diesem Donnerstag und am Freitag technische Verhandlungen mit dem Land führen, sagte eine EU-Kommissionssprecherin am Donnerstag in Brüssel.
 
Ein Regierungssprecher in London sagte: "Wir haben in schriftlicher Form eine Reihe vertraulicher technischer Diskussionspapiere geteilt, die Ideen des Vereinigten Königreichs reflektieren." Details dazu waren zunächst nicht bekannt.
 
Damit soll wieder Schwung in die festgefahrenen Brexit-Verhandlungen kommen vor dem EU-Gipfel Mitte Oktober. Premierminister Boris Johnson will Großbritannien am 31. Oktober aus der EU führen, notfalls auch ohne Abkommen mit der EU. EU-Chefunterhändler Michel Barnier und Brexit-Minister Stephen Barclay wollen am Freitag neue Gesprächen in Brüssel führen.
 

Irland: "Keine glaubwürdigen Vorschläge"

 
Irland erklärte indes am Donnerstag, dass Großbritannien bisher keine glaubwürdigen Brexit-Vorschläge gemacht habe. Außenminister Simon Coveney sagte, es gebe zunehmend Frustration in der Europäischen Union darüber, dass London keine Vorschläge als Alternative zum Backstop gemacht habe.
 
Der Backstop ist eine Garantieklausel für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland. "Wir brauchen glaubwürdige Vorschläge, die wir noch nicht gesehen haben", sagte Coveney. Auch Gespräche in der Nacht auf Donnerstag mit nordirischen Vertretern hätten keinen Durchbruch gebracht.
 
Die finnische Ratspräsidentschaft hat zuvor Vorschläge vonseiten Großbritanniens für einen geregelten Brexit bis 30. September schriftlich verlangt. "Wenn nicht bis zu diesem Datum, dann ist es vorbei", sagte der finnische Ministerpräsident Antti Rinne laut der Online-Ausgabe von "Politico" am Mittwoch nach einem Treffen mit dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron im Elysee-Palast.
 
Ein Regierungssprecher in London lehnte das Ultimatum umgehend ab. "Wir werden formal schriftliche Lösungen vorlegen, wenn wir bereit sind, nicht aufgrund einer künstlichen Frist, und dann, wenn die EU klar darin ist, sich konstruktiv für einen Ersatz für den Backstop einzusetzen."
 
Das Polit-Magazin berief sich dabei auf finnische Medienberichte. Die Warnung an London zielt demnach darauf ab, Verhandlungen in letzter Minute beim nächsten Gipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs am 17. und 18. Oktober zu vermeiden, der zwei Wochen vor dem geplanten Austrittsdatum 31. Oktober stattfindet.
 
Die von Rinne genannte Frist greift "Politico" zufolge einen Zeitplan auf, den die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und Macron Ende August gesetzt hatten, als der britische Premierminister Boris Johnson Berlin und Paris besuchte. "Wir müssen die Vorschläge rasch bekommen und Zeit haben, um sie zu prüfen", wird ein französischer Beamter im diplomatischen Dienst zitiert. "Wir werden nicht in Echtzeit beim Europäischen Rat verhandeln."
 
Für Johnson wird es schwierig, den 30. September als Deadline einzuhalten. Der Parteitag der konservativen Tories beginnt am 29. September. Der EU in Sachen Brexit zuvor ein Angebot zu machen, könnte das Risiko einer Spaltung der Partei bei dem Treffen mit sich bringen, so die Analyse von "Politico".
 
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