Großrazzia

Christen-Verfolgung in China

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Die Polizei nahm 200 Pfarrer bei einem Bibeltreffen in Shandong fest. Ihnen wird die Teilnahme an illegalen religiösen Versammlungen vorgeworfen.

In China sind mehr als 200 Pastoren christlicher Untergrundkirchen verhaftet worden. Der Zugriff sei bei einem Bibel-Studientreffen in der östlichen Küstenprovinz Shandong erfolgt, teilten die örtliche Polizei und eine christliche Gemeinschaft mit Hauptsitz in den USA am Mittwoch mit. Dutzende Polizisten seien bei der Razzia am vergangenen Freitag in der Stadt Linyi im Einsatz gewesen. Die Geistlichen seien in Handschellen abgeführt, verhört und viele von ihnen am Montagmorgen wieder freigelassen worden, berichtete die China Aid Association auf ihrer Website. Die Pastoren wurden angeklagt wegen der Teilnahme an illegalen religiösen Versammlungen.

Mehr als 200 Verhaftete
Ein Polizeisprecher bestätigte auf Anfrage die Zahl von "mehr als 200 Verhafteten", ohne Einzelheiten zu nennen. Dagegen erklärte eine Sprecherin der staatlichen Behörde für religiöse Angelegenheiten, nichts von den Verhaftungen gehört zu haben. Der amerikanische Hörfunksender Radio Free Asia zitierte einen verhafteten und später freigelassenen Geistlichen mit den Worten, die Polizei habe einige Pastoren während des Verhörs geschlagen. Jeder Verhaftete habe im Voraus für 15 Tage Haft umgerechnet 300 Yuan Renminbi (umgerechnet 27 Euro) als persönliches Kostgeld zahlen müssen. Laut Radio Free Asia sollen die Behörden irrtümlich geglaubt haben, es gäbe Verbindungen der christlichen Pastoren zu der verbotenen Falun-Gong-Bewegung.

Bibeln müssen staatlich genehmigt werden
In China leben nach offiziellen Angaben 16 Millionen Christen, nach Schätzungen christlicher Religionsgemeinschaften mindestens 40 Millionen. Die vom Regime kontrollierte offizielle protestantische Kirche hat nach offiziellen Angaben fünf Millionen Mitglieder. Unabhängige christliche Gruppen werden unterdrückt. Bibeln dürfen nur von staatlich genehmigten Druckereien gedruckt werden. Die Zahl der zugelassenen Exemplare wird von der staatlichen Religionsaufsicht festgelegt. Viele Christen verweigern den Eintritt in die offiziellen Kirchen, da sie sich nicht der Kontrolle durch das Regime unterwerfen wollen.

Christen als Sicherheitsrisiko?
Nach Erkenntnissen der Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" werden Christen von den Behörden als potenzielles Sicherheitsrisiko angesehen und als "von außen gesteuerte feindliche Elemente" eingestuft. Für die Katholiken ist nur die sogenannte patriotische Kirche zugelassen, die offiziell keine Kontakte zum Vatikan haben darf. Die papsttreue Untergrundkirche wird als "subversive Organisation" verfolgt.

Christentum: Konterrevolutionäre Kräfte
1998 hatte eine offizielle amerikanische Delegation protestantischer Würdenträger die Volksrepublik China besucht. Die Visite war vom damaligen Staats- und Parteichef Jiang Zemin angeregt worden. Dieser hatte in einer wichtigen Grundsatzrede vor dem Zentralkomitee der Kommunistischen Partei erklärt, dass die "Gefährdung der Sicherheitsinteressen des Staates unter dem Deckmantel der Religion" und "ausländische Infiltrationsversuche" nicht geduldet werden dürften. "Konterrevolutionäre und kriminelle" Kräfte seien bestrebt, die "Glaubensfreiheit" in China zu missbrauchen. Die in der chinesischen Verfassung verankerte Religionsfreiheit bedeute nicht, "dass die Religionen tun können, was sie wollen". Nach Geheimunterlagen der Regierung in Peking wenden sich immer mehr Jugendliche der Religion zu.

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