Iran-Aussagen

Iran nimmt Kriegswarnung nicht ernst

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Frankreichs Außenminister erhielt für seine Aussagen teils Unterstützung, teils aber auch heftige Kritik.

Die Kriegswarnung des französischen Außenministers Bernard Kouchner gegen den Iran schlägt weiter hohe Wellen. Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinejad erklärte am Dienstag, "wir nehmen diese Drohungen nicht ernst". Zuvor hatten bereits die staatlichen iranischen Medien Paris scharf kritisiert. Kouchner, der sich am Dienstag zu seinem ersten Besuch als Außenminister in Moskau aufhielt, erklärte, er sei kein "Kriegstreiber", die Welt dürfe aber nicht vor Sanktionen gegen den Iran zurückschrecken.

Politik des Weißen Haus für Europa
Der Elysee-Palast habe es übernommen, die Politik des Weißen Hauses für Europa zu übersetzen, hieß es in einem Kommentar der amtlichen iranischen Nachrichtenagentur IRNA. Die französische Regierung habe einen Ton angenommen, "der noch härter, aufhetzender und unlogischer" sei als der in Washington.

Kouchner relativierte Aussagen
Der französische Außenminister Bernard Kouchner hat seine umstrittene Äußerung über die Möglichkeit eines Kriegs gegen den Iran relativiert. "Ich will nicht, dass man sagt, ich sei ein Kriegstreiber", sagte Kouchner der Zeitung "Le Monde". "Meine Botschaft war eine ernsthafte und entschlossene Friedensbotschaft", sagte er der Zeitung auf einem Flug nach Moskau. Kouchner hatte am Wochenende in einem Fernsehinterview gesagt, man müsse sich mit Blick auf den Iran "auf das Schlimmste vorbereiten". Auf die Nachfrage, was denn das Schlimmste sei, sagte er ungewöhnlich deutlich: "Das ist der Krieg." Laut dem französischen Außenminister gibt es derzeit weltweit "keine größere Krise" als den Streit um das iranische Atomprogramm. Die internationale Gemeinschaft werde es nicht zulassen, dass der Iran sich Atomwaffen zulege, sagte Kouchner, denn dies wäre "eine echte Gefahr für die ganze Welt". Die Äußerung hatte sowohl in Teheran als auch international Kritik hervorgerufen.

Auch Sarkozy wart vor "katastrophaler Alternative"
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy hatte Ende August in einer Grundsatzrede zur Außenpolitik vor einer "katastrophalen Alternative" gewarnt: "Entweder die iranische Bombe oder die Bombardierung des Irans." Nach Ansicht der französischen Opposition tragen die Äußerungen von Sarkozy und Kouchner dazu bei, dass Frankreich seine Position als neutraler Vermittler aufs Spiel setzt.

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Gleichzeitig betonte Kouchner, für Frankreich bleibe der Verhandlungsweg die wichtigste Option, um Teheran zum Verzicht seiner Urananreicherung zu bringen. "Wir müssen bis zum Schluss verhandeln", sagte er. Um den Druck zu erhöhen, werde sich Paris jedoch für Finanzsanktionen der EU einsetzen, kündigte der Minister an. "Das haben unsere deutschen Freunde vorgeschlagen", sagte er weiter. Paris habe zudem beschlossen, die großen französischen Unternehmen zu einem Investitionsstopp im Iran aufzufordern. Das betreffe den Ölkonzern Total, den Energiekonzern Gaz de France (GDF) "und weitere" Unternehmen.

Internationale Kritik
Die von Frankreich geforderte härtere Politik gegenüber den Atom-Bestrebungen des Iran ist international auf Kritik gestoßen. Der stellvertretende Außenminister Russlands, Alexander Losjukow, sagte in einem am Dienstag erschienenen Interview der Tageszeitung "Wremja Novostej", "Bombardierungen gegen den Iran würden mit katastrophalen Folgen enden". Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner hatte zuvor in einem Interview mit Blick auf Irans Atom-Aktivität von einem möglichen Krieg gesprochen.

Moskau hofft auf Deeskalation
Losjukow äußerte in dem Interview die Hoffnung, der Streit um den vermuteten Bau einer Atombombe durch Teheran werde nicht eskalieren. "Wir sind davon überzeugt, dass es für das iranische Problem keine militärische Lösung gibt. Das ist unmöglich. Im übrigen ist klar, dass es für das Irak-Problem auch keine militärische Lösung gibt. Aber im Fall des Iran wäre alles noch komplizierter", sagte Losjukow dem Blatt.

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Reaktion aus Teheran
In einer ersten Reaktion aus Teheran hieß es in einem Bericht der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA, die französische Regierung schlage einen schärferen Ton an als Washington. Präsident Nicolas Sarkozy und sein Außenminister seien zum "Übersetzer des Willens des Weißen Hauses" geworden, schlügen dabei aber einen noch "härteren, hitzigeren und unlogischeren Ton" als die US-Regierung an, kommentierte das offizielle Sprachrohr der iranischen Führung. IRNA warnte davor, der "Extremismus der französischen Führung" könne bei den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm neue Hindernisse schaffen.

Israel begrüßt die Botschaft aus Frankreich
Positiv reagierte dagegen die israelische Regierung auf Kouchners Warnungen. Dessen Mahnung, dass die Welt den Entwicklungen im Iran nicht "mit verschränkten Armen" zusehe, sei eine klare Botschaft, sagte ein Sprecher des israelischen Außenministeriums. Die Sprecherin des israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert äußerte sich überzeugt, dass die internationale Gemeinschaft das iranische Atomprogramm auf dem Verhandlungsweg stoppen könne, wenn sie "einig und zum Handeln entschlossen" sei.

IAEO-Chef Mohamed ElBaradei sagte, die Akte Iran sei "sehr eng mit Frieden, Sicherheit und Stabilität im Nahen Osten verbunden". Deshalb wolle er alle bitten, sich nicht zu Äußerungen hinreißen zu lassen, bevor die Organisation ihre Kontrollen vollständig abgeschlossen habe. Im November oder Dezember könne man mehr sagen. Er sehe derzeit keine eindeutige Gefahr vom Iran ausgehen, betonte ElBaradei.

Politik der EU ist eine andere
Das iranische Außenamt erklärte, Kouchner habe offenbar "die Politik der Europäischen Union" vergessen. Mit seiner Wortwahl schaffe er Spannungen; sie laufe im Übrigen "der kulturellen Geschichte und Zivilisation Frankreichs zuwider".

Russland und China, die als ständige Mitglieder im UN-Sicherheitsrat ein Vetorecht haben, halten sich gegenüber dem Iran bisher zurück. Kouchner wollte am Montag für zwei Tage nach Russland reisen und dort für eine neue UN-Entschließung werben, bevor er Ende der Woche in den USA erwartet wird. Am Freitag kommen Vertreter der fünf Vetomächte und Deutschlands in Washington zusammen, um über eine dritte Iran-Resolution zu diskutieren.

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Der Iran hat angeblich 600 Raketen vom Typ Shahab 3 auf Ziele in Israel gerichtet. Die Raketen würden im Falle eines Angriffs auf den Iran oder Syrien abgefeuert, schreibt die regimetreute iranische Website "Assar Iran" am Montag nach Angaben der "Jerusalem Post". Die 600 Geschosse würden nur die "erste Reaktion" sein.

Dem Bericht zufolge sollen iranische Raketen auch auf Stellungen im Irak gerichtet sein, die von der USA-Armee genutzt werden. Die Shahab (Shihab/"Sternschnuppe") 3 soll eine Reichweite von 1300 km haben und Ziele in ganz Israel treffen können.

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