"Gezielte Tötungen"

Israel droht Hamas mit Entmachtung in Gaza

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Verteidigungsminister Barak kündigte die Vorbereitung einer Offensive an. Hamasführer Haniyeh tauchte nach einer Morddrohung unter.

Israel hat angesichts der andauernden Raketenangriffe aus dem Gaza-Streifen mit einem gewaltsamen Sturz der in dem palästinensischen Gebiet herrschenden Hamas gedroht. Die radikale islamische Bewegung könne innerhalb von Monaten oder eines Jahres die Kontrolle über die Küstenregion verlieren, sagte der israelische Vizepremier Haim Ramon am Montag. Verteidigungsminister Ehud Barak erklärte, Israel werde seine Luftangriffe und Bodeneinsätze im Gaza-Streifen verstärken und eine Offensive vorbereiten. Das Militär werde alles tun, um die Angriffe auf Südisrael zu beenden. Ein Hamas-Sprecher sagte in Gaza: "Die Hamas durch Belagerung und militärische Angriffe zu stürzen, würde komplett fehlschlagen". Der Hamas-Führer und palästinensische Ex-Premier Ismail Haniyeh ist unterdessen untergetaucht.

Auch wenn Bush es wünscht: heuer kein Friedensvertrag
Die Unterzeichnung eines Friedensvertrages mit den Palästinensern in diesem Jahr, wie von US-Präsident George W. Bush gewünscht, schloss Ramon aus. Ziel der laufenden Gespräche mit Präsident Mahmoud Abbas sei lediglich eine Grundsatzerklärung zu den Kernpunkten des Konflikts, sagte der Vizepremier. Die zentralen Fragen wie Grenzen, Flüchtlinge und Jerusalem-Status würden nicht in allen Einzelheiten geklärt. "Die Erklärung muss detailliert genug sein, um sie anschließend binnen zwei bis drei Jahren umzusetzen", erklärte der israelische Politiker. US-Präsident Bush hatte Israelis und Palästinensern auf der Nahost-Konferenz in Annapolis im vorigen November zum Ziel gesetzt, noch während seiner (im Jänner 2009 endenden) Amtszeit einen Friedensvertrag für eine Zwei-Staaten-Lösung auszuhandeln.

Raketenangriffe
Die israelische Regierung ist angesichts dauernder Raketenangriffe militanter Palästinenser auf das israelische Grenzgebiet unter massivem Druck, wütende Demonstranten aus der Grenzstadt Sderot blockierten am Montag eine zentrale Verbindungsstraße in Tel Aviv. Ramon kündigte neue Kollektivstrafen an. Sollten Raketen in Israel einschlagen, wolle man die Strom- und Treibstoffversorgung im Gaza-Streifen sofort unterbrechen. "Kein Staat der Welt versorgt ein Land, das ihm den Krieg erklärt hat, mit Strom und Treibstoff", sagte der Politiker.

"Gezielte Tötungen"
Auf Fragen nach einer möglichen "gezielten Tötung" des Hamas-Führers und palästinensischen Ex-Regierungschefs Ismail Haniyeh sagte Ramon: "Politische Führer sind normalerweise nicht an Terrorismus beteiligt. Sind sie es doch, sind sie keine politischen Führer." Eine Mitarbeiterin des im Vorjahr von Präsident Abbas für abgesetzt erklärten Ministerpräsidenten teilte am Montag in Gaza mit, man habe Anweisung erhalten, das Bürogebäude zu räumen. Anrufe wurden am Vormittag nicht mehr beantwortet. Seit 2004 waren der Hamas-Gründer Scheich Ahmed Yassin und dessen Nachfolger an der Spitze der Organisation, Abdelaziz Rantisi, sowie weitere Funktionäre "gezielten Tötungen" durch die israelische Armee zum Opfer gefallen. Diese Praxis war von den Vereinten Nationen und der EU verurteilt worden.

Nach Wohnungsbauminister Zeev Boim sprach sich auch der israelische Infrastrukturminister und frühere Verteidigungsminister Benjamin Ben-Eliezer am Montag im Rundfunk für die "gezielte Tötung" von Hamas-Führern aus. Vergangene Woche hatte der Vorsitzende des Außen- und Verteidigungsausschusses des israelischen Parlaments und frühere Minister Tzahi Hanegbi die Wiederaufnahme der "Liquidierung" von Hamas-Funktionären verlangt.

Machtkampf in Gaza
Der Machtkampf zwischen der Fatah von Abbas und der radikalen Hamas hatte im Juni 2007 zu einer faktischen Trennung des Westjordanlandes und des Gaza-Streifens geführt. Die Hamas hatte nach blutigen Gefechten die alleinige Kontrolle über den Gaza-Streifen übernommen. Abbas hatte daraufhin die Hamas-geführte palästinensische Einheitsregierung unter Haniyeh für aufgelöst erklärt und im Westjordanland ein Notstandskabinett unter Salam Fayyad eingesetzt.

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