Nach Raketenbeschuß

Israel will Gaza-Streifen Strom abdrehen

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Nur Humanitäre Einrichtungen sollen davon ausgenommen werden. Amnesty kritisiert beide Seiten.

Israel will dem von der radikalen Palästinenser-Organisation Hamas beherrschten Gaza-Streifen wegen des fortwährenden Beschusses mit Raketen und Granaten durch militante Palästinenser täglich mehrere Stunden lang den Strom abstellen. Krankenhäuser und andere humanitäre Einrichtungen seien davon nicht betroffen, sagte der stellvertretende Verteidigungsminister Matan Vilnai am Mittwoch dem Armeerundfunk. Die Pläne müssten noch von Verteidigungsminister Ehud Barak gebilligt werden. Das israelische Sicherheitskabinett hatte den Gaza-Streifen zum "Feindgebiet" erklärt.

Hamas bezeichnet Vorhaben als Kriegsverbrechen
Ein Hamas-Sprecher bezeichnete das Vorhaben Israels als "Kriegsverbrechen". Nach internationalem Recht (Vierte Genfer Konvention) sei die Besatzungsmacht verpflichtet, der Bevölkerung humanitäre Hilfe zu leisten, sagte Hamas-Sprecher Sami Abu Zuhri am Mittwoch in Gaza. Nach den Plänen der israelischen Armee sollen von kommender Woche an auch Treibstoff für Autos und Generatoren sowie andere Lieferungen in den Gaza-Streifen eingeschränkt werden. Nach israelischen Armee-Angaben sind in den vier Monaten seit der gewaltsamen Hamas-Machtübernahme im Gaza-Streifen rund 1000 Kassam-Raketen und Mörsergranaten aus dem Küstengebiet auf israelisches Territorium abgefeuert worden. Allein am Dienstag seien acht Raketen in der israelischen Stadt Sderot und deren Umgebung eingeschlagen.

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Vier Monate nach den palästinensischen Bruderkämpfen im Gaza-Streifen hat amnesty international (ai) beiden Seiten schwere Verletzungen der Menschenrechte vorgeworfen. Sowohl die Fatah-Bewegung von Präsident Mahmoud Abbas als auch die radikalislamische Hamas habe die Zivilbevölkerung in ihren gewaltsamen Machtkampf hineingezogen, heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Bericht. Im ersten Halbjahr 2007 seien allein im Gaza-Streifen rund 350 Menschen getötet worden.

Hamas bedient sich willkürlicher Festnahmen
Seit die Hamas im Juni den Gaza-Streifen unter ihre Kontrolle gebracht habe, bediene sie sich immer häufiger willkürlicher Festnahmen und Folterungen, hieß es weiter. Aber auch im von der Fatah-Bewegung kontrollierten Westjordanland würden Hunderte Hamas-Anhänger willkürlich festgehalten, ohne dass die Abbas treuen Sicherheitskräfte etwas dagegen unternähmen, hieß es weiter. Sowohl die Führung der Palästinensischen Autonomiebehörde als auch der Hamas müssten unverzüglich diesen Teufelskreis durchbrechen, forderte der ai-Programmdirektor für Nahost, Malcolm Smart.

Wohngebiete werden zum Kriegsschauplatz
Die Kämpfer beider Seiten hätten dicht besiedelte Wohngebiete zum Kriegsschauplatz gemacht, kritisierte amnesty. Wohnhäuser seien zu Kampfstellungen geworden. Der Hass auf die Rivalen habe selbst vor Patienten im Krankenhausbett nicht Halt gemacht. Der Bericht führt mehrere exemplarische Fälle auf. So wurde ein Kind auf dem Weg zu einem Süßigkeitengeschäft von den Splittern eines Geschoßes tödlich getroffen. Eine junge Frau wurde auf dem Weg zu einer Schulprüfung von einem Heckenschützen getötet. Und eine Demonstration gegen die Gewalt endete im Kugelhagel, der drei Teilnehmern das Leben kostete.

Palästinenser verurteilen Bericht
Die palästinensische Autonomieregierung unter Abbas verurteilte den Bericht. Minister Ashraf Ajrami sagte, die Fatah habe rechtmäßig gehandelt. Amnesty habe sich keine große Mühe gegeben, die Wahrheit herauszufinden. Hamas-Sprecher Taher al-Nuno sagte, seine Organisation habe handeln müssen, um das Chaos im Gaza-Streifen zu beenden. "Wir bedauern die Opfer, die bei den internen Kämpfen ums Leben kamen", sagte Nuno und fügte hinzu, beide Seiten müssten zum Dialog zurückkehren und ein neues Kapitel aufschlagen.

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