Sieger noch Nikolic

Knappes Rennen um serbisches Präsidentenamt

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Der Ultranationalist Nikolic gewann die erste Runde. Für Konkurrent Tadic sei die Wahl eine Abstimmung über Europa.

Der Nationalist Tomislav Nikolic hat am Sonntag die erste Runde der serbischen Präsidentenwahl für sich entschieden. Der Führer der Serbischen Radikalen Partei (SRS) setzte sich mit 40 Prozent der Stimmen überraschend deutlich gegen Amtsinhaber Boris Tadic durch, der 35,4 Prozent der Stimmen erreichte. Beobachter erwarten nun ein knappes Rennen zwischen Nikolic und Tadic in der Stichwahl am 3. Februar. Der Urnengang ist von der sich abzeichnenden Unabhängigkeit des Kosovo überschattet, die nach EU-Diplomatenangaben schon am 4. Februar ausgerufen werden könnte.

Beide gegen Kosovo-Abtrennung
Tadic und Nikolic haben beide gegen eine Abtrennung der südserbischen Provinz Stellung bezogen, doch will der pro-westliche Amtsinhaber die EU-Annäherung des Landes nicht wegen des Kosovo aufs Spiel setzen. Nikolic will dagegen die diplomatischen Beziehungen zu den EU-Staaten, die eine Unabhängigkeit des Kosovo anerkennen, aufs Eis legen und eine stärkere Annäherung an Russland suchen.

Konstunica als Königsmacher
Die Rolle des Königsmachers in der Stichwahl wird wohl Ministerpräsident Vojislav Kostunica zufallen, dessen Kandidat Velimir Ilic in der ersten Runde mit 7,4 Prozent der Stimmen auf dem dritten Platz landete. "Kostunica wählt: Nikolic oder Tadic", titelte die Boulevardzeitung "Blic" am Montag. Kostunicas Demokratische Partei Serbiens (DSS) regiert zwar gemeinsam mit Tadic' Demokratischer Partei (DS), doch sind die Koalitionspartner gerade in der Kosovo-Frage uneins. Der Regierungschef tritt für eine harte Haltung gegenüber Brüssel ein und will die EU-Annäherung Serbiens stoppen, sollte die EU einen unabhängigen Kosovo anerkennen. Daher schließen Beobachter nicht aus, dass Kostunica in der Stichwahl Nikolic unterstützen wird.

"Wir waren einem Sieg noch nie so nahe", frohlockte Nikolic am Wahlabend vor seinen jubelnden Anhängern. Er hatte seine radikalen großserbischen Töne im Wahlkampf gemäßigt und konnte damit offenbar auch enttäuschte Anhänger des sogenannten demokratischen Lagers um die DS und DSS für sich gewinnen. Tadic sagte, er sehe der Stichwahl mit "großem Optimismus" entgegen. "Wir werden zeigen, dass Serbien nicht auf den Weg nach Europa verzichtet", betonte er.

Urnengang wird sehr eng
Der Politologe Zoran Stojiljkovic sagte der Tageszeitung "Danas" (Montagausgabe), er rechne mit einem "Foto-Finish". Auch der Leiter der Wahlbeobachtungsorganisation CESID, Zoran Lucic sagte, dass es bei dem Urnengang "sehr eng" werde. Nikolic war schon bei der Präsidentenwahl 2004 im ersten Wahlgang vor Tadic gelegen (mit 30,6 zu 27,4 Prozent), musste sich diesem aber in der Stichwahl mit 45,4 zu 53,2 Prozent geschlagen geben.

EU enttäuscht über Ergebnis
Mit kaum verborgener Enttäuschung wurde der Ausgang der ersten Wahlrunde in der EU kommentiert. Man nehme das Ergebnis "zur Kenntnis", sagte eine Sprecherin von EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn, die vor allem die für serbische Verhältnisse äußerst hohe Wahlbeteiligung von 61 Prozent lobte. EU-Außenbeauftragter Javier Solana ließ mitteilen, er sei sicher, dass Serbien seinen pro-europäischen Kurs fortsetzen werde. Der Vize-Fraktionschef der Sozialdemokraten im Europaparlament, Hannes Swoboda, nannte den Sieg von Nikolic "enttäuschend". Die EU müsse nun gelassen reagieren, "um die nationalistischen und antieuropäischen Strömungen in Serbien nicht weiter zu stärken."

Egal wie die Wahl ausgehe, dies werde die Unabhängigkeit des Kosovo "weder stören noch bedrohen", sagte der kosovarische Vizepremier Hajredin Kuqi. Einem Bericht der italienischen Tageszeitung "La Repubblica" zufolge könnte die Unabhängigkeit bereits am Tag nach der Stichwahl ausgerufen werden. Dies habe der britische Außenminister David Miliband am Samstag bei einem Treffen mit seinen drei europäischen Amtskollegen der Staaten der Kosovo-Kontaktgruppe (Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien) im slowenischen Brdo vorgeschlagen. Italiens Chefdiplomat Massimo D'Alema habe jedoch dafür plädiert, die Parlamentswahlen am 9. März in Spanien abzuwarten, wo baskische Separatisten den Kosovo als Vorbild ansehen.

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