Terror-Alarm

Noch zehn Terrorverdächtige in Deutschland gesucht

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Nach den vereitelten Terrorplänen in Deutschland suchen die Sicherheitsbehörden noch "etwa zehn" Hintermänner.

Das bestätigte der Staatssekretär im Innenministerium, August Hanning, am Donnerstag. Die gesuchten Islamisten befänden sich "in Deutschland, zum Teil auch im Ausland", es handle sich um Deutsche, Türken und andere Nationalitäten.

Keine weiteren Festnahmen
Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe erklärte am Donnerstagvormittag auf Anfrage, bisher habe es keine weiteren Festnahmen gegeben. Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Hanning, sagte in dem Fernsehinterview, die zehn gesuchten Hintermänner seien "das Netzwerk, das wir derzeit kennen." Die Ermittler versuchten, alle Personen im Hintergrund der vereitelten Terrorpläne zu identifizieren. Die Fahndung laufe, Neuigkeiten gebe es derzeit nicht. Von dieser Terrorzelle gehe derzeit keine Gefahr mehr aus. "Aber es bleibt natürlich die grundsätzliche Bedrohung. Es bleibt der Auftrag, in Deutschland Anschläge durchzuführen, und dieser Auftrag beunruhigt uns", fügte Hanning hinzu.

"Gefahrenspitze abgebrochen"
Die Festnahme der drei Verdächtigen wertete Ziercke als Teilerfolg. "Die Gefahrenspitze ist abgebrochen, was den konkreten Fall angeht", sagte er. Doch müsse man nun das Umfeld und das Netzwerk der Tatverdächtigen untersuchen. Die 40 Durchsuchungen im Zusammenhang mit den Festnahmen hätten dazu gedient, die Kontaktpersonen der Gruppe zu finden. Diese habe hochkonspirativ agiert und mit Observierung gerechnet.

Terror-Ausbildung unter Strafe?
Die Union dringt darauf, bereits den Aufenthalt in einem Terror-Ausbildungslager unter Strafe zu stellen. CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sagte der "Netzeitung", nötig sei ein Straftatbestand für sogenannte terroristische Vorbereitungshandlungen. "Das betrifft insbesondere die Bereiche Ausbildung in einem Terrorlager und das Verbreiten von Anleitungen zum Bombenbau via Internet oder in anderer Form", fügte er an.

Monatelange Ermittlungen
Kurz vor dem Jahrestag der Anschläge des 11. September 2001 hatten die deustchen Sicherheitsbehörden Bombenattentate auf US-Bürger in Deutschland vereitelt. Drei mutmaßliche islamistische Terroristen wurden nach monatelangen Ermittlungen im Sauerland (Nordrhein-Westfalen) gefasst. Sie hätten aus Hass auf die USA gleichzeitig Autobomben vor mehreren US-Einrichtungen zünden und so ein möglichst großes Blutbad anrichten wollen, sagten Generalbundesanwältin Monika Harms und der Chef des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, am Mittwoch in Karlsruhe.

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Die drei am Dienstag festgenommenen Verdächtigen gehören einer deutscher Zelle des internationalen Terrornetzwerks "Jihad-Union" an. Sie ist Teil einer in Zentralasien aktiven sunnitische Gruppierung. Die deutsche Zelle ist im Winter 2006 gegründet worden. Die "Union" stehe in engem Kontakt mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida, ergänzte BKA-Präsident Ziercke.

In pakistanischen Lagern ausgebildet
Die drei Festgenommenen sind nach Medien-Informationen zwei zum Islam konvertierte Deutsche - Fritz G. (28) aus München und Daniel Martin S. (22) aus dem Saarland - sowie der Deutsch-Türke Adem Y. (29). Nach Informationen von "Spiegel Online" hatten die drei Festgenommenen Kontakte nach Pakistan. Einer von ihnen, ein zum Islam konvertierter Mann aus Saarbrücken, sei Ende 2006 in das Land gereist. Dort habe er sich in einem Terror-Lager ausbilden lassen wollen, berichtete das Online-Magazin am Mittwoch. Laut BKA-Präsident Jörg Ziercke wurden mehrere deutsche Staatsbürger in Lagern in Pakistan für Terroranschläge in der Bundesrepublik ausgebildet.

Haftbefehle erlassen
Gegen alle drei festgenommenen Terrorverdächtigen sind nach Angaben der deutschen Bundesanwaltschaft am Mittwoch Haftbefehle erlassen worden. Das sagte Bundesanwalt Rainer Griesbaum in Stuttgart. Zuvor waren die Verdächtigen dem Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe vorgeführt worden. Der Richter erließ die Haftbefehle nach der Vernehmung.

Flughafen, Ramstein, Hanau als Ziele
Islamistische Terroristen haben nach Angaben des deutschen Bundeskriminalamtes (BKA) gleichzeitige Anschläge mit Autobomben an mehreren Orten in Deutschland geplant. Nach Medienberichten sollen die Männer den Frankfurter Flughafen und den US-Militärflughafen Ramstein im Visier gehabt haben. Einer der Festgenommenen habe bereits im Dezember 2006 zwei amerikanische Kasernengebäude im hessischen Hanau als potenzielles Anschlagsziel ausgespäht. Dies habe das Bundesamt für Verfassungsschutz festgestellt, berichtete Harms.

Bomben mit höherer Sprengkraft als in Madrid
Die Männer hätten sich laut BKA zwölf Fässer Wasserstoffperoxid und Material zum Herstellen von Bomben beschafft. Am Dienstag hätten sie in einem angemieteten Haus im Hochsauerland (Nordrhein-Westfalen) begonnen, die Bombe zusammenzubauen. Die Wirkung wäre vergleichbar mit 550 Kilogramm TNT gewesen. Das Sprengmaterial hätte nach seinen Angaben ausgereicht, um Bomben mit einer höheren Sprengkraft als 2004 in Madrid und 2005 in London zu bauen.

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Islamistisches Zentrum in Ulm durchsucht
Die drei in Deutschland festgenommenen Terrorverdächtigen hatten nach Angaben der deutschen Bundesanwaltschaft Kontakte zu der so genannten Ulmer Szene. In der baden-württembergischen Stadt und der nur durch die Donau getrennten bayerischen Nachbarstadt Neu-Ulm sehen die Ermittler eines der wichtigsten Zentren des radikalen Islamismus in Deutschland.

Offenbar in Zusammenhang mit den Anschlagsplänen hat die Polizei das Islamische Informationszentrum in Ulm durchsucht. Die Beamten drangen am Mittwochmittag in das Gebäude ein und beschlagnahmten unter anderem mehrere Bücher. Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft in Stuttgart bestätigte den Einsatz. Es gehe um den Verdacht auf staatsschutzrelevante Straftaten, sagte sie. Einzelheiten wollte sie nicht nennen. Die Internetseite des Informationszentrums war am Mittwochnachmittag nicht mehr verfügbar.

Keine Entspannung der Lage
Von einer entspannten Sicherheitslage könne keine Rede sein. Das islamistisch-terroristische Netzwerk des Auslands wirke nach Deutschland hinein, sagte Ziercke.

Schäuble: "Täter hochprofessionell"
Die am Dienstag festgenommenen Terrorverdächtigen in Deutschland sind nach Angaben von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) "hochprofessionell" vorgegangen. "Es waren nicht irgendwelche halbprofessionelle Terroristen", sagte Schäuble am Mittwoch in Berlin. Die Tatverdächtigen hätten ihre Anschlagsvorbereitungen mit "hoher konspirativer Energie" und Hartnäckigkeit verfolgt. Weil die Mitglieder der Islamischen Jihad-Union jedoch frühzeitig ins Blickfeld der Ermittler gerückt seien, seien ihre Vorbereitungen nicht in ein gefährliches Stadium geraten.

Beratungen über Konsequenzen
Der Vorgang zeige erneut, dass Deutschland nicht abstrakt, sondern sehr konkret durch den internationalen Terrorismus bedroht sei. Schäuble regte an, dass die Innenminister von Bund und Ländern noch in dieser Woche zu einer Sonderkonferenz zusammenkommen, um über die Konsequenzen aus dem Vorgang zu beraten. Diese wird nach Angaben der Berliner Senatsverwaltung für Inneres am Freitag in Berlin stattfinden.

Online-Fahndung im Gespräch
Schäuble beharrte indes auf den umstrittenen Online-Durchsuchungen der Computer Terrorverdächtiger. Er sagte am Mittwoch in Berlin, die Sicherheitsbehörden befänden sich in einem permanenten Wettlauf gegen mutmaßliche Terroristen, die "ganz stark über Internet-Technologie" kommunizierten und alle technischen Möglichkeiten ausnutzten.

Mit Nachdruck schloss der Minister aus, dass der Ermittlungserfolg gegen die drei Terrorverdächtigen durch Online-Durchsuchungen möglich wurde. Er sagte, seiner Meinung nach seien solche Maßnahmen nur mit einer gesetzlichen Grundlage möglich. Bis dahin werde auf Online-Durchsuchungen verzichtet. Das habe er angeordnet, erklärte Schäuble.

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