Favorit siegt

Sarkisian gewinnt Präsidentenwahl in Armenien

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Sarkisian erzielte 55 Prozent. Die Opposition spricht von Wahlbetrug und ruft zu Protesten auf.

In Armenien ist Regierungschef Sergej (Serzh) Sarkisian (53) zum neuen Staatsoberhaupt gewählt worden. Nach Auszählung fast aller Stimmen (99,5 Prozent) erhielt der Wunschnachfolger des scheidenden Amtsinhabers Robert Kotscharian gleich in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl vom Dienstag mit 55,62 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit, wie die Wahlleitung am Mittwoch berichtete.

Wahlbeteiligung bei 69 Prozent
Der Oppositionspolitiker und ehemalige Präsident (1991-98) Lewon Ter-Petrossian kam auf 21,41 Prozent der Stimmen und Ex-Parlamentspräsident Artur Bagdassarian auf knapp 17 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag nach Angaben der Wahlkommission bei rund 69 Prozent.

Ter-Petrossian, der der erste armenische Präsident nach der Unabhängigkeit von der Sowjetunion war, warf den Behörden Wahlbetrug und Einschüchterung seiner Anhänger vor. Er rief zu Demonstrationen in der Hauptstadt Eriwan auf. Die Wahl wurde von Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) begleitet, die am Mittwoch ihren Bericht vorlegen wollen. Insgesamt waren rund 600 Wahlbeobachter aus dem Ausland im Einsatz.

Ter-Petrossians Wahlkampfsprecher Arman Musinian sagte, Anhänger des Ex-Präsidenten seien am Wahltag geschlagen worden. Wähler seien eingeschüchtert worden, außerdem habe es mehrfache Stimmabgaben gegeben: "Es wäre ein Verbrechen, wenn wir das Land in den Händen der kriminellen Staatsmacht ließen."

Moskau-freundlicher Kurs
Der bisherige Staatspräsident Robert Kotscharian durfte laut Verfassung nach zwei Amtszeiten in Folge nicht wieder antreten. Es wird erwartet, dass Sarkisian, Vorsitzender der konservativen Republikanischen Partei (HHK), den Moskau-freundlichen Kurs seines langjährigen Weggefährten Kotscharian fortsetzen und auch gegenüber den Nachbarländern Aserbaidschan und Türkei die harte Haltung beibehalten wird.

Das scheidende Staatsoberhaupt wertete die Abstimmung im Gegensatz zur Opposition als Fortschritt für die Demokratie seines Landes. Jede Wahl sei ein neuer Versuch, den Menschen mehr Stabilität und Wohlstand zu bringen, sagte Kotscharian in Eriwan. Rund 2,3 Millionen Menschen waren aufgerufen, ihre Stimme für einen der neun Kandidaten abzugeben.

Status von Nagorny-Karabach
Im Blickpunkt der Wahl standen die wirtschaftliche Lage Armeniens und der Status der Region Nagorny-Karabach (Berg-Karabach) im benachbarten Aserbaidschan. In Anlehnung an die Unabhängigkeitserklärung des Kosovo fordert die Regierung in Eriwan die gleiche Entscheidung für das so gut wie nur mehr armenisch besiedelte Nagorny-Karabach, was von Aserbaidschan entschieden abgelehnt wird. Die Region gehört völkerrechtlich zu Aserbaidschan und wurde von Armenien besetzt. Der 1994 beendete Krieg um die Region kostete 30.000 Menschen das Leben und trieb mehr als eine Million in die Flucht. Es besteht ein brüchiger Waffenstillstand. Ter-Petrossian wurde 1998 wegen seiner Kompromissbereitschaft gegenüber Aserbaidschan zum Rücktritt gezwungen. Auch mit seiner Annäherung an die Türkei stieß er auf Widerstand in der eigenen Bevölkerung, die von Ankara noch immer eine Aufarbeitung der Massaker an Armeniern während und nach dem Ersten Weltkriegs fordert. Bei Vertreibungen und Todesmärschen kamen damals nach armenischen Angaben noch zu Zeiten des Osmanischen Reichs 1,5 Millionen Menschen ums Leben.

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