Mittelstand zerstört

So will Bush die USA aus der Finanz-Krise retten

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Die US-Regierung setzt Maßnahmen, um 1,2 Millionen Hauskäufer vor dem Ruin zu retten. Die Wirtschaftskrise überschattet das Wahljahr 2008

Wähler, denen der Verlust des Eigenheims droht, sind für Politiker im Wahlkampf eine schwierige Klientel. Nach Jahren robuster Konjunkturentwicklung droht den USA durch den Verwerfungen auf dem Immobilienmarkt ausgerechnet im Wahljahr 2008 eine Wirtschaftskrise. Allein im dritten Quartal 2007 wurde gegen eine halbe Million Hauskäufer die Zwangsvollstreckung eingeleitet, zwei Millionen weiteren könnte laut Experten das gleiche Schicksal drohen. US-Präsident George W. Bush zog die Notbremse: Eine konzertierte Rettungsaktion von US-Regierung und Kreditinstituten soll überschuldete Hausbesitzer aus dem Sog der Immobilienkrise verhelfen.

Viele haben sich bei Hauskauf übernommen
Millionen Amerikaner haben sich mit dem Hauskauf finanziell übernommen. Bei 5,6 Prozent aller Hypothekendarlehen werden derzeit Rückstande bei den Zahlungen registriert, wie die US-Bankenvereinigung MBA diese Woche bekannt gab. Bei 1,7 Prozent sei bereits die Zwangsvollstreckung eingeleitet worden, die Rate liege höher als je zuvor. Dahinter stehen Abermillionen Einzelschicksale. 70 Prozent der Befragten äußerten im November in einer Umfrage der "Washington Post" die Erwartung, die USA stünden vor einer Rezession. Bedenklich für Bush und seine Republikaner: Die Wähler billigen ein Jahr vor der Präsidentschaftswahl den gegnerischen Demokraten klar die größere Wirtschaftskompetenz zu.

"It's the economy, stupid!"
Die Lage dürfte Bush an das politische Schicksal seines Vaters erinnern. Bush senior wurde 1992 während einer Konjunkturkrise als Präsident abgewählt. Neuer Herr im Weißen Haus wurde Bill Clinton, dessen Wahlkampfteam die Kampagne unter einem inzwischen zur Legende gewordenen Motto bestritten hatte: "Auf die Wirtschaft kommt es an, Dummkopf!" Für Clintons erfolgreiche Wirtschaftspolitik prägten Ökonomen einen eigenen Begriff: "Clintonomics".

"Mittlestandsfamilien sind zerstört!"
Heute will wieder ein Clinton einem Bush im höchsten Staatsamt nachfolgen: Die demokratische Kandidatin Hillary Clinton versucht, mit einem auf die bedrängte Mittelklasse zugeschnittenen Programm politisches Kapital aus der Krise zu schlagen. "Die Immobilienkrise hat Mittelstandsfamilien zerstört und bedroht unsere Wirtschaft", sagte Clinton diese Woche in New York. "Die Wirtschaft lässt solche Familien derzeit einfach außer Acht." Die Demokraten werfen Bush vor, in seinen sieben Amtsjahren einseitig die Interessen der Reichen und der großen Konzerne bevorzugt zu haben.

Kreditabschlüsse noch aus den Boom-Jahren
Tatsächlich sind es vor allem die Geringverdiener, denen in der derzeitigen Immobilienkrise der Ruin droht. Sie haben sich in den optimistischen Jahren des Wirtschaftsbooms Kredite zum Hauskauf aufschwatzen lassen, die sie sich eigentlich nicht leisten konnten. Solche Darlehen sahen für die Anfangszeit geringe Lock-Zinssätze vor, die dann aber zu variablen Sätzen übergehen, die bei bis zu zwölf Prozent liegen. Jeder fünfte Immobilienkredit im Jahr 2005 wurde nach dieser Methode vergeben. Mit der steigenden Zinslast merken Millionen von Familien nun, dass sie nicht mehr zahlen können.

Einfrierung der Zinssätze soll Abhilfe schaffen
Für viele dieser Betroffenen soll jetzt Abhilfe geschaffen werden, kündigte Bush am Donnerstag an. Die variablen Zinssätze für Kreditnehmer mit geringer Bonität sollen für fünf Jahre eingefroren werden. Bis zu 1,2 Millionen Hauskäufer sollten so vor der Zwangsvollstreckung gerettet werden, sagte Bush. Er rief Investoren und Kreditgeber auf, sich der Initiative anzuschließen, denn auch ihnen drohten durch die faulen Kredite "enorme Verluste".

Können Bushs Pläne die Krise beenden?
Eigentlich steht Bush staatlichen Eingriffen in die Wirtschaft sehr skeptisch gegenüber. Kritiker sahen den Präsidenten nicht als den "mitfühlenden Konservativen", als den er sich noch im Wahlkampf 2000 präsentiert hatte. Insofern sieht sein neues Projekt aus wie eine Rückbesinnung auf die Parolen von damals. Die Demokraten zweifeln daran, das Bushs Plan die Krise beendet. Das Hilfsangebot komme nur "einer sehr kleinen Gruppe von Kreditnehmern" zugute, sagte Hillary Clinton. Es helfe beispielsweise nicht den hunderttausenden Hauskäufern, die sich bereits in Zwangsvollstreckung befinden.

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Die Rettungspläne der US-Regierung für in Schwierigkeiten geratene US-Kreditnehmer haben in Asien die Sorgen über eine drohende Rezession in den USA gedämpft und am Freitag die Aktienkurse beflügelt. Vor allem Finanzwerte reagierten mit Kursgewinnen, auch Exporttitel profitierten von den Äußerungen Bushs sowie von einem schwächelnden Yen. Die Börsen in Japan schlossen auf dem höchsten Stand seit einem Monat.

Finanzwerte und Exporttitel mit Aufwind
Der 225 Werte umfassende Nikkei ging um 0,52 Prozent stärker bei 15.956 Zählern aus dem Handel. Der breiter gefasste Topix-Index schloss mit einem Plus von 0,61 Prozent bei 1.561 Punkten. Auch die Börsen in Hongkong, Taiwan und Singapur verzeichneten Gewinne. Dagegen tendierte die Börse in Südkorea schwächer.

Plan stellt Vertrauen wieder her
Der Plan der US-Regierung sei ein kleiner Schritt, um Vertrauen wiederherzustellen, löse aber bestimmt nicht das Problem, sagte Stephen Walters von JP Morgan. "Es ist ein massives Problem und es wird auch Auswirkungen auf die Finanzmärkte haben."

Sind die schlimmsten Kreditprobleme überwunden?
In der Hoffnung, dass die schlimmsten Kreditprobleme damit überwunden sind, kauften Anleger vor allem Finanztitel. Die Aktien der Citigroup in Tokio stiegen um 0,8 Prozent, die Titel der australischen ANZ Banking Group kletterten um 1,3 Prozent.

In Japan profitierten Exportwerte auch von einem schwächeren Yen. So stiegen die Papiere von Canon um 0,5 Prozent, die Aktien von Honda Motor gewannen 1,3 Prozent hinzu.

Der Euro verlor gegenüber dem Dollar etwas an Boden und notierte bei 1,4606 Dollar. Der Dollar notierte mit 111,28 Yen zur japanischen Währung weitgehend unverändert zum Handelsschluss in den USA. Der Ölpreis pendelte sich jenseits der 90-Dollar-Marke ein, nachdem er wegen Sorgen über Versorgungsengpässe am Donnerstag um drei Prozent gestiegen war. US-Leichtöl kostete 90,27 Dollar je Fass.

Auch an den US-Börsen hatte der mit Spannung erwartete Rettungsplan der US-Regierung Freude ausgelöst. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss in New York um 1,3 Prozent höher bei 13.619 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500-Index notierte 1,5 Prozent fester bei 1.507 Zählern. Der Index der Technologiebörse Nasdaq kletterte um 1,6 Prozent auf 2.709 Stellen.

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