CSU-Parteitag

Stoiber legt auch Ministerpräsidenten-Amt zurück

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Erwin Huber und Innenminister Günther Beckstein sind die neuen mächtigen CSU-Bosse. Letzte Personalentscheidungen Stoibers sorgen für Irritationen.

Nach seinem Rückzug von der CSU-Spitze tritt Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber am Sonntag auch von seinem Amt als Regierungschef zurück. In der bayerischen Verfassung ist vorgeschrieben, dass Stoiber dazu eine Erklärung beim Landtagspräsidenten, dem CSU-Politiker Alois Glück, abgibt. Damit endet nach 14 Jahren Stoibers Amtszeit an der Spitze des Freistaats.

Beckstein neuer Ministerpräsident
Kommissarisch bleibt er allerdings noch einige Tage im Amt. Zum Nachfolger soll am 9. Oktober der bisherige Innenminister Günther Beckstein gewählt werden.

Huber neuer CSU-Chef
Ein Jahr vor der Landtagswahl in Bayern läutete die CSU mit der Wahl von Erwin Huber zum neuen Parteichef am Samstag eine neue Epoche ein. Der bayerische Wirtschaftsminister setzte sich auf dem Parteitag in München in einer Kampfabstimmung mit 58,2 Prozent der Stimmen klar durch. Bundesagrarminister Horst Seehofer kam auf 39,1 Prozent.

Desaster für Pauli
Die Fürther Landrätin Gabriele Pauli, die zuvor für einen Eklat gesorgt hatte, erreichte lediglich 2,5 Prozent. Unmittelbar nach der Wahl untermauerten Huber und der designierte Ministerpräsident Günther Beckstein den bundespolitischen Anspruch der CSU. Huber sagte am Abend im ZDF, er sei bereit für einen Wechsel von Bayern in die Bundespolitik im Jahr 2009. "Und zwar ohne Rückfahrtschein", betonte Huber.

Die rund 1000 Delegierten nominierten Beckstein mit überwältigender Mehrheit zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2008. Der Parteitag sprach ihm mit 96,6 Prozent der Stimmen das Vertrauen aus. Einstimmig wurde Stoiber zum CSU-Ehrenvorsitzenden gekürt.

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Überschattet wurde der Parteitag von schweren Vorwürfen Paulis gegen Beckstein. Sie verlangte eine Erklärung dafür, warum Beckstein sie als eine Person bezeichnet habe, "die zum Psychiater muss". Beckstein bot Pauli daraufhin ein persönliches Gespräch an, das sie auch annahm. Die Landrätin, die seit 1989 dem CSU-Vorstand angehört hatte, kandidierte nach ihrer Niederlage nicht noch einmal. Seehofer wurde mit knapp 92 Prozent der Stimmen zu einem der vier Stellvertreter Hubers gewählt

Stoibers großes Erbe
Huber dankte dem Parteitag für das Vertrauen. "Ich bitte alle, dass wir zusammenstehen und zusammenhalten, wir stehen vor großen Herausforderungen." Er könne der großen Verantwortung nur gerecht werden mit der Unterstützung aller. Er werde Stoibers großes Erbe wahren und die Eigenständigkeit der CSU im Verhältnis zur Schwesterpartei CDU auch in der Großen Koalition bewahren. "Die CDU muss wissen, sie braucht eine starke CSU, um in Deutschland regieren zu können", sagte Huber. Die CSU müsse bei der Bundestagswahl 2009 in Bayern mehr als 50 Prozent erreichen, so dass in Berlin nicht gegen die Union regiert werden könne. Die CSU stehe mit Umfragewerten zwischen 53 und 58 Prozent so gut da wie keine andere Partei in Deutschland. "Deshalb müssen wir die CSU auch nicht neu erfinden."

Irritationen über letzte Personalentscheidungen Stoibers
Innerhalb der CSU gibt es laut einem Pressebericht Irritationen über jüngste Personalentscheidungen in der Parteiführung. Noch kurz vor seinem Rücktritt als Parteivorsitzender habe Edmund Stoiber wichtige Personalentscheidungen in der CSU-Landesleitung getroffen, berichtet der "Münchner Merkur" unter Berufung auf CSU-Angaben. Demnach wurde der Vertrag von CSU-Pressesprecher Hans-Michael Strepp erst vor wenigen Wochen um ein weiteres Jahr verlängert. Auch der Leiter des Planungsstabs in der Parteizentrale, Christian Schoppik, werde weiter für die CSU arbeiten, bestätigte die Partei am Sonntag dem Blatt. In der CSU-Spitze sorge das für Irritationen, berichtet die Zeitung. Die Personalien der beiden früher in Stoibers Staatskanzlei beschäftigten leitenden Mitarbeiter seien mit dem neuen Parteichef Erwin Huber nicht abgesprochen gewesen. Huber sei "irritiert", hieß es demnach in der CSU-Spitze.

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Stoiber übergab den Parteivorsitz mit einem leidenschaftlichen Appell, das Erbe der CSU als erfolgreichste Partei Europas zu wahren. Er versprach seinen Nachfolgern volle Unterstützung und rief die künftige Doppelspitze auf: "Macht einen Vorteil daraus und haltet mir die CSU zusammen!" Die CSU müsse eine konservative Volkspartei bleiben, die eine Heimat für alle Menschen biete.

Genau ein Jahr vor der Landtagswahl wurde Beckstein mit 96 Prozent der Stimmen zum Spitzenkandidaten gewählt. Der 63-jährige Franke wertete das Ergebnis als "Rückenwind nach stürmischer Zeit". Auch er versprach Kontinuität in der bayerischen Politik, ohne zugleich eine Kopie Stoibers zu sein. Auf bundespolitischer Ebene werde er zeigen, dass der bayerische Löwe "auch Zähne und Krallen hat", stellte Beckstein eine kantige Politik innerhalb der Großen Koalition in Aussicht.

Seehofer zu Ehe und Familie
Seehofer hatte auf dem Parteitag mit seiner bundespolitischen Rolle um Zustimmung geworben. Offensiv sprach er die Geburt seines unehelichen Kindes an und bekannte sich dennoch zum Ideal von Ehe und Familie. Ehen könnten in Schwierigkeiten geraten oder scheitern. "Trotzdem dürfen wir niemals unsere Wertmaßstäbe relativieren, und deshalb stehe ich zum Schutz von Ehe und Familie", sagte Seehofer unter großem Applaus.

Gastredner ÖVP-Chef Wilhelm Molterer
Als Gastredner trat auf dem Parteitag ÖVP-Chef Wilhelm Molterer auf. Auch würdigte Stoibers Leistungen und strich die gemeinsame Wertebasis der beiden Parteien hervor. Der Vizekanzler dankte Stoiber und CSU auch für ihre Rolle während der "EU-Sanktionen" gegen die ÖVP-FPÖ-Bundesregierung im Jahr 2000. "Wir werden euch das nie vergessen", betonte Molterer, der auch Stoibers Ernennung zum Vorsitzenden eines EU-Gremiums gegen Bürokratieabbau begrüßte. "Europa braucht eine Prise Stoiber", sagte der ÖVP-Chef.

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