Exklusiv-Interview

Tschad-Rebell spricht über Gefahr für Österreicher

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Rebellensprecher Brahim Hissein erklärt, dass die Aufständischen nicht aufgeben, sondern weiter angreifen werden - ohne Rücksicht auf die EUFOR.

ÖSTERREICH: Können Sie uns einen Überblick über die aktuelle Situation in der Hauptstadt N’Djamena geben?

Brahim Hissein: Die Lage ist durch die schweren Kampfhandlungen chaotisch. Unsere Oppositionstruppen kämpfen weiterhin, um Präsident Déby aus dem Palast zu werfen. Und wir werden weitermachen, bis wir das erreicht haben.

ÖSTERREICH: Haben Sie militärisch eine Chance gegen die Regierungstruppen?

Brahim Hissein: Wir sind stärker. Die Medien haben berichtet, wir seien aus der Hauptstadt vertrieben worden. Das ist nicht wahr. Wir sind wieder dort.

ÖSTERREICH: Wie haben es Ihre Truppen geschafft, gleichsam unbemerkt in die Hauptstadt vorzudringen?

Brahim Hissein: Ganz einfach: Die tschadische Bevölkerung hat uns geholfen. Wir wurden telefonisch informiert und gelotst. Sie werden es nicht glauben: Man kocht sogar für uns. Die Leute hassen Déby.

ÖSTERREICH: Wie geht es der Zivilbevölkerung?

Brahim Hissein: Wir versuchen, die Zivilisten in Sicherheit zu bringen. Wir gehen zu den Häusern und fordern sie auf, zu flüchten - über die Grenze nach Kamerun. Déby ist die Zivilbevölkerung egal.

ÖSTERREICH: Haben Sie einen Rückzugsplan?

Brahim Hissein: Nein, wir werden wieder und wieder angreifen. Wohin sollten wir auch gehen?

ÖSTERREICH: Das österreichische EUFOR-Kontingent befindet sich in einem Camp nahe dem Flughafen. Sind sie in Gefahr?

Brahim Hissein: Ja. Wahrscheinlich werden wir den Flughafen bombardieren. Von dort operieren Débys Helikopter und Flugzeuge, die uns angreifen. Wir hatten den Franzosen gesagt: Wir lassen euch den Airport, damit ihr Evakuierungen vornehmen könnt. Und jetzt werden wir von dort aus angegriffen.

ÖSTERREICH: Ihre Truppen würden also auf die neutralen Österreicher keine Rücksicht nehmen?

Brahim Hissein: Nein, das ginge gar nicht. Die Situation ist zu unübersichtlich.

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Ich finde nicht, dass unsere Soldaten zurück geschickt werden müssen. Als Politikerin weiß ich, wie groß die Hoffnung der Menschen in Krisengebieten in die EU ist. Wir haben Verantwortung gegenüber Afrika.

Bei so viel Unrecht, Krieg und Leid auf dieser Welt braucht es vie Zivilcourage, um in Konflikte einzugreifen. Die Soldaten sollten jedoch angesichts der Situation gefragt werden, ob sie dort stationiert bleiben wollen.

Ich bin dafür, dass man die österreichischen Soldaten aus dem Tschad heimholt. Der Grund: Ich bin gegen Krieg. Und dort herrscht ein fürchterlicher Krieg.

Die Soldaten sind Söldner, die in Luxushotels wohnen und eine Menge verdienen. Die wollen ja dort bleiben.

Unsere Soldaten sind nicht dort um Krieg zu führen, sondern um humanitäre Arbeit zu leisten. Menschenleben zu retten muss auch unter schweren Bedingungen riskiert werden. Dazu sind wir verpflichtet.

Jetzt muss gut zusammengearbeitet werden und die Entwicklungen müssen abgewartet werden. Dann muss der Minister entscheiden, ob die Soldaten heimgeholt werden oder nicht.

Wenn man gemeinschaftlich agieren will, wird man sich so einen Einsatz nicht ersparen können. Außerdem: Alle Soldaten sind ja freiwillig dort.

Ich bin ein großer Fan der Neutralität. Soldaten in ein Krisengebiet zu schicken, ist mit der Neutralität nicht vereinbar.

Die Truppen sollen dort bleiben, wo sie sind - denn sie sind Soldaten, die dafür trainiert wurden, Soldaten zu sein. Flucht passt nicht zu diesem Berufsbild.

Ich hoffe sehr, dass die EUFOR-Truppe bald in der Lage ist, die Situation in den Flüchtlingslagern zu stabilisieren, dass die vielen Darfur-Flüchtlinge humanitäre Hilfe bekommen.

Flüchtlingslager dürfen nicht zum Selbstbedienungsladen für Rebellen werden. Die internationale Gemeinschaft ist gefordert. Aber: Die Österreicher haben keine Wüstenerfahrung und könnten auf verlorenem Posten sein.