Palästinenser

Menschliche Schutzschilde verhinderten Luftangriffe

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Hunderte Palästinenser stellten sich vor zwei israelisches Ziele und verhinderten einen Luftangriff.

Mit einer neuen Taktik haben hunderte Palästinenser am Wochenende israelische Angriffe auf zwei Häuser im Gaza-Streifen verhindert: Sie strömten in der Nacht auf Sonntag zu den Häusern und bildeten menschliche Schutzschilde, nachdem die Bewohner von den israelischen Streitkräften zum Verlassen der Gebäude in dem Flüchtlingslager Jabalya aufgefordert worden waren. Diese Warnung geht in der Regel Luftangriffen voraus, um zivile Opfer zu vermeiden. Die Menge skandierte antiisraelische und antiamerikanischen Parolen.

Rivalisierende Gruppen vereint
Bei den Bewohnern der Häuser handelt es sich um einen Führer der Volkswiderstandskomitees in Beit Lahiya und einen Hamas-Führer im nördlichen Gaza-Streifen. Dem Aufruf zu deren Schutz, der auch über Moscheen, Rundfunk- und Fernsehsender verbreitet wurde, folgten Anhänger verschiedener rivalisierender Gruppierungen wie Hamas, Fatah und Volkswiderstandskomitees. Ministerpräsident Ismail Haniyeh, der an der Aktion in Beit Lahiya teilnahm, sprach von "wahrer nationaler Einheit". Die israelischen Streitkräfte sagten ihre geplanten nächtlichen Angriffe ab, kündigten aber eine Fortsetzung des Kampfes gegen die "terroristische Infrastruktur" an. Sie verurteilten "das zynische Ausnutzen Unbeteiligter als menschliche Schutzschilde".

Olmert befahl Tötungen
Nach einem Bericht der britischen Zeitung "The Sunday Times" erteilte der israelische Premier Ehud Olmert die Anweisung, die politische Führung der Hamas zu töten. Die israelische Regierung habe entschieden, dass sich die Hamas-Führung im Gaza-Streifen, im Westjordanland und im Ausland nicht länger ihrer Verantwortung entziehen dürfe, schrieb das Blatt in seiner Internetausgabe. Den Angaben zufolge hatte Verteidigungsminister Amir Peretz auf eine Änderung der Taktik gedrängt. Er sei in Tränen ausgebrochen, als einer seiner Leibwächter beim Raketenbeschuss seiner Heimatstadt Sderot schwer verletzt worden war. Bei den Vergeltungsschlägen der israelischen Armee waren seit Monatsbeginn 98 Palästinenser getötet worden.

UNO verurteilt Offensive
Die UNO-Vollversammlung forderte Israel zur Einstellung seiner Militäroffensive im Gaza-Streifen und zur Aufklärung der Tötung zahlreicher Palästinenser in der Grenzstadt Beit Hanoun auf. 156 Mitglieder stimmten am Freitagabend in New York für die Entschließung, sieben dagegen. Es gab sechs Enthaltungen. Die Gegenstimmen kamen von den USA, Israel, Australien und vier pazifischen Staaten, die EU stimmte geschlossen dafür. Im Gegensatz zu Sicherheitsratsresolutionen sind Entschließungen der Vollversammlung nicht bindend.

Olmert kritisierte die UNO-Resolution am Sonntag scharf. "Ich sehe sie (die UNO-Entscheidung, Anm.) als Grab", sagte er bei der Kabinettssitzung. "Wir haben keine Zweifel daran, dass der Staat Israel nicht derjenige ist, der Antworten auf Schläge gegen Zivilisten geben muss. "

Palästinensischer Raketenangriff
Bei einem palästinensischen Raketenangriff auf die israelische Stadt Sderot wurde am Sonntag unterdessen ein Bewohner verletzt. Am Samstag erschossen israelische Soldaten im Norden des Gaza-Streifens einen 21 Jahre alten Palästinenser, nach palästinensischen Angaben ein Mitglied der Sicherheitskräfte.

Mehrere Häuser zerstört
Bei drei israelischen Luftangriffen in der Stadt Gaza wurden am Freitagabend und Samstag mehrere Häuser zerstört. Getroffen wurde unter anderem das Haus eines Hamas-Aktivisten und Nachbarn von Haniyeh, wie palästinensische Sicherheitskräfte mitteilten. Verletzt wurde niemand.

Waffenruhe
Der Islamische Jihad erwägt nach eigenen Angaben die Einstellung seiner Raketenangriffe vom Gaza-Streifen auf Israel. Die Waffenruhe müsse dann aber von beiden Seiten eingehalten werden, sagte Khader Habib, einer der Spitzenfunktionäre der Organisation, am Freitagabend nach Gesprächen mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas.

Vize-Premier gegen Verhandlungen
Der neue israelische Vize-Premier Avigdor Lieberman sprach sich gegen Verhandlungen mit Abbas aus. "Abbas ist einfach nicht relevant, wir sollten ihn ignorieren" , sagte der ultranationalistische Politiker am Samstag im israelischen Radio. Zugleich erteilte Lieberman bestehenden Friedensverträgen eine Absage. Außerdem müsse Israel wieder die Kontrolle über die Grenze zwischen dem Gaza-Streifen und Ägypten übernehmen, forderte Lieberman weiter. Der palästinensische Unterhändler Saeb Erekat, ein enger Vertrauter von Abbas, nannte Liebermans Äußerungen ein " Rezept für weiteres Blutvergießen, Gewalt, Extremismus und Hass".

Abbas traf am Samstag erstmals mit Mohammed Shbeir (Shabir) zusammen, der als aussichtsreichster Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten gilt. Auch der amtierende Regierungschef Haniyeh nahm an dem Gespräch teil. Entscheidungen wurden nach Angaben von Beratern nicht getroffen.

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