Presse in Russland

"Mit Geld kann man in Russland auch den Tod kaufen"

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Die Verleihung des Journalistenpreises "Writing for CEE" wurde zu einer Anklage gegen Putins Russland.

"Mit Geld kann man in Russland tatsächlich alles kaufen - auch den Tod eines Menschen", meinte die langjährige Leiterin des ORF-Büros in Moskau, Susanne Scholl, anlässlich der Verleihung des Journalistenpreises für Osteuropa. Damit spielte sie auf den Mord an der Journalistin Anna Politkowskaja vom Oktober an.

Einschüchterung und Feigenblatt
Die Veranstaltung wurde zu einem Aufruf zur Medienfreiheit und einer Anklage der Zustände in Putins Russland. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung "Nowaja Gaseta" , Oleg Chlebnikow, meinte zu dem Mord an seiner Kollegin: "Man gewinnt den Eindruck, dass man mit diesem Mord auch die Journalisten an sich einschüchtern wollte". In den sieben Jahren die er für die russische Zeitung arbeite, seien bereits drei Journalisten getötet worden. "Unsere Zeitung ist vielleicht nicht immer gut - aber sie ist immer noch die beste", fügte er ironisch hinzu. Trotzdem sei die "Nowaja Gaseta" auch ein "Feigenblatt", welches die Staatsmacht als Beweis für die Medienfreiheit in Russland heranzieht. Beim Fernsehen würde derartiges nicht geduldet.

Putins Russland
Für Susanne Scholl war der Mord an Politkowskaja "ein Symptom für den Zustand der russischen Gesellschaft im sechsten Jahr der Präsidentschaft des Wladimir Putin." In Russland gebe es nur zwei Arten von Journalisten, "solche die schreiben was dem Präsidenten genehm ist - und die Feinde". Gleichzeitig warnte Scholl vor moralischer Überheblichkeit des Westens: "Den Mächtigen genehm und gefällig zu sein, das tun wir hier genauso. Wir müssen aber jeden Tag dafür sorgen, dass wir nicht in den Gefälligkeitsjournalismus abgleiten."

Hintergrund
Anna Politkowskaja, die für die " Nowaja Gaseta" geschrieben hat, wurde am 7. Oktober 2006 in ihrem Haus in Moskau ermordet. Sie hatte sich mit ihren Reportagen über den Tschetschenien-Krieg einen Namen und auch viele Feinde gemacht. Der Mord an der mutigen Journalistin hat weltweite Empörung ausgelöst. Die russische Führung wurde von Nicht-Regierungs-Organisationen wie von Regierungen aufgefordert, äußerste Anstrengungen zur Aufklärung des Auftragsmordes zu unternehmen.

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