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23 Mrd. Euro Schaden durch Schmiergeld

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In Österreich wird für Bestechung genauso viel ausgegeben wie für Pfusch. Der Schaden für die Wirtschaft beträgt 23 Mrd. Euro.

Der volkswirtschaftliche Schaden, den Bestechungsgelder hierzulande anrichten, geht in die Milliarden. "Ohne Korruption wäre das österreichische Bruttoinlandsprodukt (BIP) um mehr als 20 Mrd. Euro höher", sagte der Linzer Wirtschaftswissenschafter Friedrich Schneider am Mittwoch am Rande der Anti-Korruptions-Konferenz des Innenministeriums in Altlengbach. 2007 sei das Volumen der Korruption gegenüber dem Jahr davor von 22 auf 23 Mrd. Euro gestiegen. Tendenz heuer auf voraussichtlich 24 Mrd. Euro weiter steigend.

Wachstum "erheblich gehemmt"
Das Wirtschaftswachstum werde dadurch "erheblich gehemmt". "Wir haben uns in den vergangenen Jahren verschlechtert und diese Zunahme der Korruption verursacht einen effektiven volkswirtschaftlichen Schaden, der enorm ist", so Schneider. Ein Anstieg des Korruptionsindexes (CPI) um einen Indexpunkt reduziert das Wachstum um 1,25 Prozentpunkte.

Österreich verschlechterte sich 2007 gegenüber dem Jahr davor von 8,6 auf 8,1 Punkte und rutschte damit im internationalen Vergleich von Rang 11 auf 15 ab. Der Index, den die Nicht-Regierungsorganisation (NGO) "Transparency International" seit 1995 jährlich veröffentlicht, ermittelt anhand von Expertenbefragungen das Niveau wahrgenommener Korruption im öffentlichen Sektor in 180 Ländern weltweit.

Volumen von fast 20 Mrd. Euro
Das Ausmaß der Schmiergeldzahlungen bei öffentlichen Auftragsvergaben und in heimischen Unternehmen bewege sich in etwa auf dem Niveau der Schwarzarbeit in Österreich. Letztere erreicht heuer voraussichtlich ein Volumen von 19,9 (Vorjahr 20,8) Mrd. Euro. Das entspricht etwa 8 bis 9 Prozent des BIP. Den heurigen Rückgang von 4,2 Prozent beim "Pfusch" begründete der Volkswirt mit der extrem guten Konjunktur. Dadurch finden die Arbeitskräfte in der offiziellen Wirtschaft Jobs und machen Überstunden.

Die Wirtschaftspolitik hingegen habe wenig zum Sinken der Schattenwirtschaft beigetragen - im Gegenteil: Inwieweit die von der Großen Koalition beschlossene geringfügige Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge, welche die Lohnnebenkosten erhöhe, sich wieder auf eine Zunahme der Pfuscharbeit auswirke, könne im Moment nur grob abgeschätzt werden. Schneider rechnet mit einer Steigerung der Schattenwirtschaft um etwa 200 Mio. Euro, die aber von der guten Konjunktur mehr als kompensiert werde.

Mit Hilfe einer anreizorientierten Wirtschaftspolitik könnten die vielen Millionen schwarz gearbeiteten Stunden in die offizielle Wirtschaft überführt werden: So sollten haushaltsnahe Dienstleistungen/Investitionen von Putzfrauen, Gärtnern, Kindermädchen und Handwerkern steuerlich mit beispielsweise 1.000 Euro pro Jahr absetzbar sein. Dadurch würde sich die Schattenwirtschaft laut Schneider um 1,7 Mrd. Euro verringern. Eine weitere Reduktion um 2,5 Mrd. Euro brächte die Einführung einer Mini-Job-Regelung nach deutschem Vorbild, die 400 Euro für jeden mit einer Pauschalabgabe von 25 Prozent vorsieht. Des weiteren schlägt der Experte Wohnbauförderung nur auf die Lohnnebenkosten bei Vorlage von Rechnungen im Wohnungs- und Hausbau vor - der "Pfusch" würde dadurch um rund 1 Mrd. Euro zurückgehen. Allein mit den genannten Maßnahmen könnte die Schattenwirtschaft in Österreich um etwa 20 Prozent (4 Mrd. Euro) reduziert werden.

Strengere Strafen gefordert
Anti-Korruptions-Experte Johann Graf Lambsdorff plädiert dafür, beim Fluss von Schmiergeldern strengere Strafen zu verhängen. In Skandinavien etwa würden Firmen, die einen Auftrag durch Bestechung erhalten haben, mindestens drei Jahre lang keine öffentlichen Aufträge mehr erhalten. "Das wirkt", betonte Schneider.

Schattenwirtschaft und Korruption ebenfalls eindämmen könnten Steuersenkungen, der Abbau übertriebener Regulierungen sowie eine Verbesserung des institutionellen Umfeldes.

Denn Korruption und Schattenwirtschaft werden stark durch das Umfeld beeinflusst. Demokratien sind durchschnittlich weniger korrupt, Regierungen mit längerer Amtszeit werden tendenziell korrupter. Die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze hält die Bestechung im Zaum. Die Schattenwirtschaft nimmt zu, sobald Abgabenbelastung und Regulierung steigen sowie die Steuermoral sinkt.

Österreich gehörte im Vorjahr im internationalen Korruptionsvergleich zu jenen Ländern, die sich im Vergleich zu 2006 am meisten verschlechtert haben. 2005 lag Österreich noch mit Rang zehn im Anti-Korruptions-Spitzenfeld, ein Jahr darauf war es Rang elf. Für Transparency in Österreich ist das mangelnde Bewusstsein für Korruption im öffentlichen Bereich ein Grund für den Rückschlag. Es fehle das Einsehen dafür, dass das Zahlen oder Annehmen von Schmiergeldern kriminelles Handeln ist.

Dänemark als Musterland
Mustergültig verhielten sich hingegen Dänemark und Finnland. Auf einer Skala von null (sehr korrupt) bis zehn (frei von Korruption) erreichten sie die Bestnoten von jeweils 9,4 Punkten. Deutschland lag 2007 knapp hinter Österreich auf Rang 16. Die USA rangierten auf Platz 20.

Neben der Korruptionsbekämpfung im öffentlichen Sektor etwa durch Bietersperren gegen schwarze Schafe in der öffentlichen Auftragsvergabe oder weisungsfreie Sonderstaatsanwaltschaften strebt Transparency Österreich auch Maßnahmen gegen undurchsichtige Politik-Finanzierung an, etwa bei Partei- und Politikerspenden sowie bei der Öffentlichkeitsarbeit der Regierung, die mit Steuergeld bezahlt wird.

Die NGO verweist auf einen ganzen Katalog von strafrechtlichen Verbesserungsvorschlägen. Ein Verhaltenskodex für Beamte sei im Bundeskanzleramt bereits auf fruchtbaren Boden gefallen.

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